VfB setzt auf Lockerheit statt auf die Brechstange
Der Druck ist bei den Stuttgartern längst angekommen, doch der Trainer möchte von Kampf allein nichts wissen
- Die Fußballfloskel „nach dem Spiel ist vor dem Spiel“gehört seit Jahrzehnten zum Standardwortschatz der kickenden Zunft. Beim VfB Stuttgart wären sie aktuell jedoch sehr erfreut, wenn der Verein die leichte Modifizierung „nach der Derby-Pleite ist vor der ...“– man mag es gar nicht aussprechen – nicht zum Saisonverlauf hinzufügen würde. Denn nach dem Dämpfer im Aufstiegsrennen, der 1:2-Pleite gegen den Karlsruher SC, steht mit der Partie gegen den SV Sandhausen (18.30 Uhr/Sky) nun direkt das zweite Derby der Baden-Württemberg-Woche an. Druck ist beim Aufstigsanwärter schon länger auf dem Kessel. Damit er endlich mal wieder etwas entweichen kann, setzt Trainer Pellegrino Matarazzo jedoch nicht nur auf großen Kampf und die oftmals geforderte Brechstange, sondern eher auf die kreative und leichtfüßige Variante.
„Wir wollen wieder den Spaß am Fußball finden, eine Lockerheit und Spielfreude und das schon ab der ersten Minute“, sagte Matarazzo. „Nach dem Spiel gegen Karlsruhe gab es eine einen Tick andere Ansprache als sonst“, verriet der Trainer. Mehr aber auch nicht. Ein schärferer Ton? Wohl eher nicht, immerhin soll der Druck nicht noch erhöht werden. Vor allem im vorderen Offensivdrittel haperte es jüngst. Kreative Ideen und damit einhergehende Chancen waren Mangelware und sollen jetzt endlich wieder zur Waffe der Brustringelf werden. Denn das spielerische Potenzial ist beim teuersten Kader der Liga unbestritten vorhanden.
Kapitän Marc-Oliver Kempf sei dennoch „ein Kandidat für die Startaufstellung“, ansonsten ist jedoch davon auszugehen, dass sich die personellen Umstellungen diesmal in Grenzen halten werden, auch wenn Matarazzo als Alternative für den gesperrten Wataru Endo „schon einige Überlegungen“habe. Daniel Didavi ist in der Hinsicht allerdings außen vor. Bei dem treffsicheren Routinier und Antreiber „gibt es noch ein Fragezeichen, ob es bis zum Wochenende reicht. Die muskulären Probleme, die vom Knie ausstrahlen, sind noch da.“Was dem Trainer bleibt, ist die junge Kreativabteilung unter den schwierigen Bedingungen irgendwie auf Linie zu bekommen. „Es ist Fakt, dass man aus allen Spielern ein paar Prozente mehr rauskitzeln kann“, sagte Matarazzo.
Dass nun mit den Punktehamsterern aus Sandhausen „die Mannschaft der Stunde“nach Stuttgart kommt, sei da egal. „Das ist eine Situation, in der man wieder aufstehen und zurückschlagen muss. Da muss man eine Lockerheit reinbekommen und die muss ich als Trainer auch selber verkörpern“, so Matarazzo, der auch nach dem KSC-Dämpfer („eine große, große Enttäuschung“) den persönlichen Druck wegschiebt. „Wenn doch mal etwas Druck da ist, dann rufe ich meine Frau an, die bringt meinen Sohn mit und dann kann ich zwei Stunden abschalten“, erklärte der 42-Jährige, der dasselbe seinen Spielern rät.
Abschalten sei auch ein guter Ratschlag bei den Spielen der Konkurrenten, vor allem der Hamburger und Heidenheimer. „Es ist gut für uns, nicht darauf zu schauen und zu hoffen, dass sie patzen“, erklärte Matarazzo: „Der Weg zu unserem Erfolg ist unsere eigene Leistung.“
Dass beide Konkurrenten je nur Remis spielten, werden sie am Wasen dennoch wahrgenommen haben.