Mapal will 380 Stellen abbauen
Corona-Virus und Automobilkrise machen dem Unternehmen zu schaffen.
(tv / vs/ an) - Das Corona-Virus und die Krise in der Automobilbranche haben das Aalener Unternehmen Mapal empfindlich erwischt. 380 Stellen sollen sozialverträglich abgebaut werden.
Die Situation sei dramatischer als bei der Finanzkrise 2008/2009. Erstmals in der Firmengeschichte könne ein Personalabbau nicht verhindert werden. „Wir haben mit Kurzarbeit einige Zeit versucht, die Situation aufzufangen, aber jetzt geht es nicht mehr“, sagt Mapal-Pressesprecher Andreas Enzenbach. In den vergangenen Jahren ist der Aalener Werkzeughersteller stetig gewachsen. Seit dem zweiten Halbjahr 2019 habe sich dieser Trend jedoch umgekehrt. Veränderte Rahmenbedingungen und das Corona-Virus treffen das Unternehmen, das stark mit der Automobilindustrie verbunden ist. Allein 60 Prozent des Umsatzes machen die Aalener in diesem Bereich. Doch bereits seit 2018 hat die AutoBranche mit sinkenden Absatzzahlen zu kämpfen. Hintergrund sind weltweite Themen wie der Brexit, der Dieselskandal, Handelskonflikte und politische Instabilitäten. Andererseits liege es am strukturellen Wandel – weg vom Verbrenner, hin zur E-Mobilität, bei der es weniger zu zerspanen gebe. Nun kam das Corona-Virus hinzu und wirke „wie ein Brandbeschleuniger“.
Mapal habe der Rückgang zeitversetzt im zweiten Halbjahr 2019 mit voller Wucht getroffen. Besonders die für das Unternehmen so wichtigen Projektaufträge brachen zu großen Teilen weg. Im ersten Halbjahr wuchs Mapal noch, so wurde ein Teil des Rückgangs auf das Gesamtjahr gesehen kompensiert. Der Umsatz der Gruppe ging in Summe im Jahr 2019 um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück.
Hinzu kommt die globale Corona-Krise. Zuerst legte sie den chinesischen Standort von Mapal lahm, der immerhin der zweitgrößte der Gruppe ist. Das Werk war über Wochen komplett geschlossen. Anschließend erreichte das
Virus alle weiteren Märkte. Ganze Werke der Kunden mussten weltweit, zum Teil ebenfalls über Wochen, geschlossen werden. Aufträge für
Mapal blieben aus.
Die Lage der bereits krisengeschüttelten Automobilindustrie verschlechterte sich weiter. „Die Produktionszahlen fielen ins Bodenlose“, schreibt das Unternehmen.
Und auch der zweite große Markt für Mapal Werkzeuge – die Luftfahrtindustrie – geriet durch Corona in die Krise. Flugzeuge weltweit bleiben am Boden, die Luftfahrtgesellschaften kämpfen ums Überleben, Bestellungen für Flugzeuge werden storniert. Entsprechend kommen auch aus diesem Bereich nur wenige Aufträge bei Mapal an.
Zusammengefasst treffen Mapal die Konjunkturkrise und der Strukturwandel im Automobilbereich sowie Corona erheblich. „Die Situation heute ist deutlich dramatischer als die während der Finanzkrise 2008/ 2009“, heißt es in der Mitteilung weiter. Denn sie sei nicht nur durch äußere Umstände verursacht, sondern auch durch markt- und branchenspezifische Themen. Stand heute geht die Geschäftsführung unter optimistischen Gesichtspunkten davon aus, dass Mapal frühestens im Jahr 2023 wieder ein ähnliches Umsatzniveau wie vor der Corona-Krise erreichen wird.
Noch zu Beginn des Jahres ging die Mapal-Geschäftsführung davon aus, über Maßnahmen wie Urlaubsabbau, Überstundenreduzierung und Kurzarbeit sowie weitere weiche Maßnahmen zur Mitarbeiterreduzierung die sinkenden Absatzzahlen der Automobilbranche kompensieren zu können. Das Corona-Virus mache dieses Vorgehen zunichte. „Deshalb haben die Verantwortlichen ein Maßnahmenpaket geschnürt, das Mapal zukunftssicher aufstellt“, heißt es in einer Unternehmensmitteilung. Mapal passe die Kapazität des Unternehmens sowie die Kostenstruktur an die aktuellen Rahmenbedingungen und das damit verbundene, niedrigere Umsatzvolumen an. Erste Maßnahmen an allen deutschen Standorten wollen die Verantwortlichen bis August 2020 umsetzen. Diese betreffen vor allem die Organisationsstrukturen sowie die Kapazitäten. Diese Kapazitätsanpassungen „hätte es unabhängig von Corona gegeben“, sagt Mapal-Pressesprecher Andreas Enzenbach. Erstmals könne das 1950 gegründete Unternehmen einen Personalabbau nicht verhindern.
Am vergangenen Dienstag informierten der Betriebsrat und die Geschäftsführung in einer Betriebsversammlung per Videokonferenz die Mitarbeiter des Standorts. Die Erste Bevollmächtigte der IG Metall, Andrea Sicker, sowie Roland Hamm, ihr
sagt Andrea Sicker, Erste Bevollmächtigte der IG Metall.
Vorgänger im Amt, sprachen ebenfalls zur Mapal-Belegschaft. Aufgrund der Corona-Bestimmungen konnte erstmals keine Präsenzveranstaltung stattfinden.
Geschäftsführer Jochen Kress formulierte die notwendigen Anpassungen. Unter anderem sollen an allen deutschlandweiten Standorten 380 Stellen sozialverträglich abgebaut werden. „Zukünftige Renteneintritte sind in dieser Summe bereits enthalten“, sagt Enzenbach. Stand heute sind bei Mapal in Aalen 1870 Mitarbeiter beschäftigt. Noch gebe es keine konkreten Zahlen, an welchem Standort wie viele Stellen betroffen sind. Zunächst stehen die Verhandlungen zwischen der Mapal-Geschäftsführung, dem Aalener Betriebsrat und der IG Metall an. Spätestens Ende Juli soll ein Verhandlungsergebnis vorliegen, über das die Belegschaft dann zeitnah in einer weiteren Betriebsversammlung informiert wird.
„Die angekündigten Maßnahmen sind aus unserer Sicht heftig, weil sie erstmals in der Firmengeschichte von Mapal einen Personalabbau beinhalten und heftig vor dem Hintergrund, dass die Beschäftigten das Herz eines Unternehmens sind“, sagt Andrea Sicker. Der Personalabbau von 380 Mitarbeitern sei das Eine, aber die Geschäftsführung habe auch angekündigt, mit der IG Metall über Arbeitnehmerbeiträge verhandeln zu wollen. Hier vertrete die Gewerkschaft eine klare Position. „Personalabbau und Arbeitnehmerbeiträge sind mit uns nicht machbar.“Derzeit sei die IG Metall dabei, Zahlen, Daten und Fakten zu prüfen, um zu sehen, ob es sich bei Mapal um ein strukturelles Problem handelt oder um ein konjunkturelles Problem oder gar um beides zusammen und ob die Maßnahmen dazu führen, das Problem zu lösen. „Sobald wir uns einen Überblick verschafft haben, werden wir in die Verhandlungen gehen.“Oberstes Ziel sei es, möglichst viele Beschäftigte am Standort in Aalen zu halten sowie die geforderten Arbeitnehmerbeiträge abzuwenden oder zu minimieren. „Die CoronaKrise dürfe auf keinen Fall auf die Beschäftigen abgewälzt werden und zu ihren Lasten gehen“, sagt Sicker. Der Geschäftsführung anrechnen müsse man, dass es ihr nicht leicht gefallen sei, in der Betriebsversammlung diese Hiobsbotschaft zu verkünden. „Das hat man gespürt und muss man anerkennen.“
Mapal ist mit Produktions-, Vertriebsstandorten und Servicepartnern in 44 Ländern vertreten. Im Jahr 2018 beschäftigte die Gruppe 5500 Mitarbeiter, der Umsatz lag bei 640 Millionen Euro.
„„Personalabbau und Arbeitnehmerbeiträge sind mit uns nicht machbar“,