Abschreckende Wirkung
Raser sind Mörder. Das durfte man immer schon sagen. Es handelt sich um eine Meinungsäußerung, und sie ist noch nicht mal völlig aus der Luft gegriffen. Schließlich gehen deutlich zu viele Unfälle tödlich aus, weil einer der Beteiligten mit voller Absicht zu schnell gefahren ist.
Seit diesem Donnerstag jedoch wiegt dieses Begriffspaar Raser und Mörder noch einmal deutlich schwerer als bislang. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) kann fortan auch rechtskräftig als Mörder gelten und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, wer durch eine Innenstadt mit hohem Tempo ein Autorennen fährt und dabei anderen Menschen das Leben nimmt. Wer schon mal erlebt hat, wie ein technisch aufgemotztes Auto mit über 100 Stundenkilometer durch einen engen Straßenzug fegt, kann dieser Idee durchaus folgen. Das Auto verwandelt sich in ein Geschoss, in eine tödliche Waffe in der Hand seines Fahrers, die eine deutlich verheerendere Wirkung anrichten kann als eine Pistole.
Und doch werden solche MordUrteile für die Teilnehmer an illegalen Autorennen die Ausnahme bleiben, wird die Höchststrafe nicht regelhaft im Straßenverkehr verhängt. Denn die Gerichte müssen laut BGH einen Vorsatz sehen, um auf Mord entscheiden zu können. Dem Angeklagten muss es demnach zumindest gleichgültig sein, sollte er einen Unfall bauen, wenn er bei roter Ampel und mit irrwitziger Geschwindigkeit über eine Kreuzung rast. Hat er jedoch glaubwürdig darauf vertraut, dass alles gut ausgehe, darf kein Gericht auf Mord plädieren, sondern nur auf fahrlässige Tötung.
Trotzdem markiert das Urteil des BGH eine Wende, zumindest aber eröffnet es ein neues Feld, weil in Verkehrsdelikten bislang nicht in Mordkategorien gedacht wurde. Zu hoffen bleibt ganz davon abgesehen, dass die potenziellen Teilnehmer der Autorennen von ihrem Vorhaben lassen, weil sie durch die höchstrichterliche Gleichsetzung von Rasern und Mördern abgeschreckt werden und im tragischen Fall mit lebenslänglicher Haft rechnen müssen.