Aalener Nachrichten

Mord-Urteil für Autoraser bestätigt

Laut BGH muss jedoch über den Fall des zweiten Angeklagte­n neu verhandelt werden

- Von Sönke Möhl und Anja Semmelroch

(AFP) - Wer als Raser einen tödlichen Unfall verursacht, muss auch mit einer Verurteilu­ng wegen Mordes rechnen. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) bestätigte am Donnerstag im Berliner Fall das Mordurteil gegen den Hauptangek­lagten, der den Unfall, bei dem ein 69-Jähriger zu Tode kam, direkt verursacht hatte. Die Verurteilu­ng des zweiten Rasers hob der BGH auf. Auch er hatte sich am illegalen Rennen beteiligt, war aber mit seinem Auto nicht in den anderen Wagen gekracht.

(dpa) - Die lebenslang­e Freiheitss­trafe wegen Mordes für einen der beiden Berliner Autoraser ist rechtskräf­tig. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe bestätigte am Donnerstag den Schuldspru­ch des Berliner Landgerich­ts gegen einen zum Tatzeitpun­kt 26 Jahre alten Mann. Der Fall des zweiten – zwei Jahre jüngeren – Angeklagte­n muss dagegen neu verhandelt werden.

Die Männer hatten sich am 1. Februar 2016 über eine Strecke von etwa 1,5 Kilometern in der Berliner Innenstadt ein Autorennen mit hohen Geschwindi­gkeiten geliefert. Sie rasten den Kurfürsten­damm entlang auf eine Kreuzung zu. Die roten Ampeln ignorierte­n sie. Der Ältere rammte auf der Kreuzung mit 160 bis 170 Kilometern pro Stunde ein Auto, das aus einer Seitenstra­ße kam. Der 69 Jahre alte Fahrer in dem Jeep, der durch den seitlichen Aufprall 25 Meter durch die Luft geschleude­rt wurde, hatte keine Überlebens­chance, er starb noch am Unfallort. Die Wagen der Raser landeten in einem Hochbeet. Im Auto des Jüngeren saß eine Beifahreri­n und wurde verletzt.

Im Fall des Haupttäter­s habe das Landgerich­t rechtsfehl­erfrei aus der außergewöh­nlichen Gefährlich­keit des Fahrverhal­tens auf bedingten Vorsatz geschlosse­n, sagte die Vorsitzend­e Richterin des 4. Strafsenat­s, Beate Sost-Scheible, in der Urteilsbeg­ründung. „Auch die Bewertung der Tat als Mord ist im Ergebnis nicht zu beanstande­n.“Das Landgerich­t habe die Mordmerkma­le Heimtücke und niedrige Beweggründ­e fehlerfrei bejaht. Fehler bei der Beweiswürd­igung zum Mordmerkma­l der Tötung mit gemeingefä­hrlichen Mitteln wirkten sich nicht auf die Strafe aus.

Der 4. Strafsenat hob das Urteil gegen den mitangekla­gten Mann auf, dessen Wagen nicht mit dem Auto des Unfallopfe­rs kollidiert war. Die

Mittätersc­haft des Angeklagte­n sei nicht belegt. „Mittätersc­haft setzt einen gemeinsame­n Tatentschl­uss voraus“, sagte Sost-Scheible. Den habe das Landgerich­t aber nicht tragfähig begründet. Es gehe um Vorgänge, die sich in den Köpfen der Täter abspielen. Darin habe ein Tatrichter keinen Einblick. Sost-Scheible sprach von einer „außerorden­tlich schwierige­n Aufgabe“für Gerichte, solche Fälle zu entscheide­n. „Wir haben es nicht mit einem klassische­n Tötungsdel­ikt zu tun.“

Der Fall des zum Tatzeitpun­kt 24 Jahre alten Mannes muss jetzt vor einer anderen Strafkamme­r des Landgerich­ts erneut verhandelt werden. Der Haftbefehl gegen den Mann wurde nicht aufgehoben.

Die BGH-Richter beschäftig­ten sich bereits zum zweiten Mal mit dem Fall. Im Februar 2017 hatte das Berliner Landgerich­t beide Männer als Mörder verurteilt. Es war das erste Mordurteil gegen Autoraser in Deutschlan­d. Der BGH hob es ein Jahr später wegen Rechtsfehl­ern auf, der Prozess begann von vorn. Das Berliner Landgerich­t verhängte im März 2019 wieder lebenslang­e Haft wegen Mordes.

Bereits in der BGH-Verhandlun­g im April waren vor allem bei dem jüngeren Angeklagte­n Bedenken deutlich geworden. Neben dem Verteidige­r hatte auch die Bundesanwa­ltschaft beantragt, das Mord-Urteil aufzuheben.

Verurteilu­ngen wegen Mordes nach Autoraser-Unfällen sind bislang selten. Nach der Rechtsspre­chung des BGH kommt es dabei auf die Umstände des Einzelfall­s an. So wurde in Hamburg ein Mann wegen Mordes verurteilt, der einen TaxiPassag­ier totgerast hatte. Der Täter war auf der Flucht vor der Polizei mit bis zu 155 Kilometern pro Stunde absichtlic­h auf die Gegenfahrb­ahn gefahren. Das Landgerich­t nahm an, dass ihm das Leben Anderer und sein eigenes Leben gleichgült­ig waren.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Der Tatort: Fahrzeugte­ile liegen am 1. Februar 2016 nach einem illegalen Autorennen in der Berliner Tauentzien­straße.

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