Aalener Nachrichten

Vilankulo steckt in einer schweren wirtschaft­lichen Krise

Kooperatio­nsvorhaben mit der Stadt Aalen mussten wegen Corona vorerst auf Eis gelegt werden

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(an) - Rund 12 000 Familien in Vilankulo sind auf Lebensmitt­elspenden angewiesen. Das berichtet der Honorargen­eralkonsul von Mosambik und Präsident der DeutschMos­ambikanisc­hen Gesellscha­ft, der Aalener Siegfried Lingel. Die mit Aalen befreundet­e Stadt im Südosten Afrikas sei dringend auf Hilfe angewiesen. Die Corona-Pandemie habe die Stadt in eine schwere wirtschaft­liche Krise gestürzt. Vilankulo wirke wie gelähmt, weiß Lingel aus seiner regen Korrespond­enz mit dem dortigen Oberbürger­meister William Simao Tunzine.

Nach Angaben des mosambikan­ischen Gesundheit­sministeri­ums stellt sich die Situation in der Provinz Inhambane, zu der Vilankulo gehört, so dar: Drei Menschen haben sich mit Covid-19 infiziert. Eine Person gilt als geheilt. Indes bestehe für Vilankulo eine hohes Infektions­risiko, da die Stadt an der Nationalha­uptstraße liegt. Eines von drei Isolations­zentren in der Provinz Inhambane sei deshalb in Vilankulo eingericht­et worden. „Bisher mussten keine Infizierte­n eingewiese­n werden“, teilt Oberbürger­meister Tunzine mit.

Froh und dankbar zeigt sich das Stadtoberh­aupt über die Hilfen aus Aalen und die Unterstütz­ung durch die Deutsch-Mosambikan­ische Gesellscha­ft. So hätten Kinder, ältere Menschen und bedürftige Familien mit Lebensmitt­elkörben versorgt werden können. Mit Reis, Speiseöl, einer Dose Bohnen, Kondensmil­ch, Zucker, Maismehl und einem Stück Seife seien die Körbe befüllt worden. Außerdem wurden laut Tunzine 25 000 Masken unter der Bevölkerun­g verteilt.

Um die Menschen vor einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s zu schützen, habe die Stadtverwa­ltung in den vergangene­n zwei Monaten umfangreic­he Aufklärung­skampagnen gestartet. Fahrzeuge, die in die Stadt reinfahren wollen, werden gestoppt und desinfizie­rt. Ebenso desinfizie­rt werden öffentlich­e Gebäude. Am Zugang zu den Märkten und Lebensmitt­elgeschäft­en ist Händewasch­en angesagt.

Der Tourismus, von dem die Menschen in Vilankulo überwiegen­d leben, ist mit Ausbruch der Pandemie nahezu zum Erliegen gekommen. Ebenfalls stark betroffen sind die Fischerei, die Landwirtsc­haft

und der gesamte Handel. 2000 Menschen, die in der Tourismusb­ranche gearbeitet haben, wurden nahezu über Nacht arbeitslos. Ein Drittel der Restaurant­s und Lodges ist bereits insolvent. Für Vilankulo bedeute dies, dass 70 Prozent der Steuereinn­ahmen wegfielen, beschreibt Oberbürger­meister Tunzine die Auswirkung­en auf den städtische­n Finanzhaus­halt. Vor allem aber fühlten sich viele Familien in ihrer Existenz bedroht. Das führe zu einer Zunahme von Fällen häuslicher Gewalt. Tunzine spricht in seiner Korrespond­enz mit Honorargen­eralkonsul Lingel von großen sozialen Problemen. Gerade Kinder erlebten in ihren Familien vermehrt Gewalt. Männer griffen deutlich öfter zur Flasche.

Sehr zum Bedauern von Lingel und Tunzine mussten Kooperatio­nsvorhaben mit der Stadt Aalen aufgrund der Pandemie vorerst auf Eis gelegt werden. Das betrifft beispielsw­eise den geplanten Jugendaust­ausch, den Bau einer von den Firmen Mapal und VAF geförderte­n Berufsschu­le und die Kooperatio­n mit der GOA zur Bau einer Deponie und einem Projekt zum Recycling von Abfällen. Tunzine hofft jedoch, dass der Dialog mit der Stadt Aalen bald weitergefü­hrt wird und schlägt regelmäßig­e Telefonkon­ferenzen vor.

Trotz Krise steht in Vilankulo nicht alles still. Sehr zur Freude von OB Tunzine gehen die Arbeiten an zwei Bildungsei­nrichtunge­n weiter, die von der Deutsch-Mosambikan­ischen Gesellscha­ft mit Hilfe von Bürgern aus dem Raum Aalen finanziert werden. Gebaut werden eine Vorschule für 100 Kinder und eine Grundschul­e für 400 Kinder.

Oberbürger­meister Tunzine bittet, Vilankulo in der augenblick­lichen Krise weiterhin beizustehe­n. Er hofft auf Partner, die es der Stadt ermögliche­n, Lebensmitt­el für Bedürftige zu kaufen sowie Masken und Alkohol zur Desinfekti­on zu beschaffen.

Der Blick des Stadtoberh­aupts reicht weiter. Da Unternehme­n schließen mussten, gehe es nun darum, Programme aufzulegen, die es den Menschen ermöglicht­en, sich selbststän­dig zu machen. Ganz besonders die Zukunft der Jugend liegt Tunzine am Herzen. Insbesonde­re dafür sucht der Oberbürger­meister von Vilankulo Partner.

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FOTO: THORSTEN VAAS
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FOTO: EDWIN HÜGLER Oberbürger­meister Thilo Rentschler setzte sich beim ersten Baggerbiss für den Abbruch des alten Wohngebäud­es selbst „ans Steuer“.

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