Der Prozess-Marathon-Mann: Alassa M. ist angeklagt
Der Ex-LEA-Bewohner soll bei seiner Abschiebung im Juni 2018 Widerstand geleistet haben
- Alassa M. ist das Gesicht der sich wehrenden Flüchtlinge in Deutschland. Der ehemalige Ellwanger LEA-Bewohner klagt aktuell nicht nur gegen das Land BadenWürttemberg. Auch gegen eine Aussage der AfD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Alice Weidel. Am Freitag, 19. Juni, steht für den Kameruner wieder einmal ein Gerichtsprozess an. Doch vor dem Amtsgericht Ellwangen erscheint er als Angeklagter.
Alassa M. wird Widerstand gegen seine Abschiebung im Juni 2018 vorgeworfen. Außerdem zwei illegale Einreisen nach Deutschland. Im Raum steht eine Geldstrafe, der Ausgang ist offen. Das sagt der Vorsitzende Richter und Amtsgerichtsdirektor Norbert Strecker auf Nachfrage.
Strecker hat den Prozess, der voraussichtlich am selben Tag mit einer Urteilsverkündung beendet wird, ins nahegelegene Landgericht verlegt. „Unser großer Sitzungssaal ist belegt. Damit wir die coronabedingten Abstände einhalten können, weichen wir aus“, so Strecker weiter.
Zehn Zuschauer seien somit zugelassen, eine Personenkontrolle und Schleuse vor dem Sitzungssaal habe er angeordnet. „Der Rest kann leider nicht rein. Die Infektionsgefahr wäre zu groß.“Der Rest, das sind die zur Teilnahme aufgerufenen Unterstützer des Kameruners.
Vor und gegebenenfalls nach dem Prozess hat der Freundeskreis Alassa & Friends, der sich 2018 „zur Unterstützung der demokratischen und kämpferischen Flüchtlingsbewegung“in der Landeserstaufnahmeeinrichtung
in Ellwangen gegründet hat, eine Kundgebung angekündigt.
Zwischen 30 und 50 Personen werden von der Stadt Ellwangen zu den bereits genehmigten Kundgebungen vor dem Ellwanger Landgericht erwartet. „Es wird keinen Demonstrationszug geben. Angekündigt sind Redebeiträge und Lautsprecher“, sagt Stadtsprecher Anselm Grupp. Die Kundgebungen sollen von 8.30 bis 9 Uhr und von 14 bis 16 Uhr stattfinden. „Der städtische Gemeindevollzugsdienst sowie die Polizei werden vor Ort sein“, so Grupp weiter.
Der Freundeskreis Alassa, der die Kundgebungen bei der Stadt angemeldet hat, wirft dem Amtsgericht in einem Schreiben vor, den Prozess herausgezögert zu haben. Denn mittlerweile seien nach der Abschiebung zwei Jahre vergangen, bei der sich der Kameruner gewehrt haben soll. „Eigentlich sollte erst das Verfahren abgewartet werden, das gegen das Land Baden-Württemberg anhängig ist“, schreibt das Bündnis in einer Pressemeldung.
Auf dieses Urteil könne Amtsgerichtsdirektor Strecker nicht warten, sagt er. „Ansonsten ist es verjährt“, sagt er. Wahrscheinlich hätte das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, bei dem die Klage gegen das Land Baden-Württemberg anhängig ist, keinen Einfluss auf den Ausgang des Prozesses am Freitag, so der Richter.
Die Abschiebung des Kameruners erfolgte mehr als einen Monat nach der großangelegten Razzia. Zudem habe diese nichts mit den Durchsuchungen zu tun, so Richter
Strecker. „Er wurde außerhalb seines Zimmers vorgefunden.“
Alassa M. klagt gegen das Land Baden-Württemberg, da „anlässlich des brutalen Polizeieinsatzes im Mai 2018 illegal die Wohnräume der Bewohner in der LEA Ellwangen“betreten worden seien. Das Polizeipräsidium Aalen wies die Vorwürfe nach Eingang der Klage stellvertretend für das Land zurück. Für den Einsatz sei die Genehmigung zur Betretung des Geländes sowie der Unterkünfte durch die zuständige Behörde, das Regierungspräsidium Stuttgart, erteilt worden.
Eine Verhandlung der Klage, die bereits im September 2018 beim Verwaltungsgericht in Stuttgart eingereicht wurde, ist noch offen. Auch das wirft das Bündnis um Alassa M. der Justiz vor. Doch in diesen Fall kommt nun ebenfalls Bewegung.
„Das Verfahren ist entscheidungsreif. Es liegen alle Unterlagen vor, die Beteiligten haben alle ihre Stellungnahmen abgegeben“, sagt die Vorsitzende Richterin und Pressesprecherin des Verwaltungsgerichts, Ulrike Zeitler. Allerdings gibt es für den Prozess noch immer keinen Termin. Grund dafür ist die anhaltende Corona-Krise.
„Wir warten noch bis Ende des Jahres. Möglicherweise wird es da einen Termin geben“, so Zeitler weiter. Da ein großes Publikums- sowie Medieninteresse bestehe, wolle das Gericht hierbei auf der sicheren Seite sein. Drei Berufs- sowie zwei ehrenamtliche Richter werden den Prozess führen. Wie viele Tage die Verhandlung beanspruchen wird, ist laut Zeitler unklar. „Der Vorsitzende Richter hat sich dahingehend nicht in die Karten schauen lassen. Der Ausgang wird in der Kammer entschieden.“
Bislang sei außerdem nicht über Einlasskontrollen oder dergleichen nachgedacht worden. „Darüber entscheidet dann der Vorsitzende Richter“, sagt die Pressesprecherin. Von den Aufrufen des Freundeskreises, zahlreich zu Prozessen wie diesen zu erscheinen, wusste das Verwaltungsgericht bislang nichts.
In der Vergangenheit waren immer wieder Unterstützer diesen gefolgt und verfolgten Prozesse von ehemaligen oder aktuellen LEA-Bewohnern, beispielsweise am Amtsgericht in Ellwangen. Aus diesem Grund mussten dort an solchen Tagen ebenfalls eine provisorische Personenschleuse eingerichtet und Kontrollen durchgeführt werden.