Aalener Nachrichten

Der Prozess-Marathon-Mann: Alassa M. ist angeklagt

Der Ex-LEA-Bewohner soll bei seiner Abschiebun­g im Juni 2018 Widerstand geleistet haben

- Von Michael Häußler

- Alassa M. ist das Gesicht der sich wehrenden Flüchtling­e in Deutschlan­d. Der ehemalige Ellwanger LEA-Bewohner klagt aktuell nicht nur gegen das Land BadenWürtt­emberg. Auch gegen eine Aussage der AfD-Fraktionsv­orsitzende­n im Bundestag Alice Weidel. Am Freitag, 19. Juni, steht für den Kameruner wieder einmal ein Gerichtspr­ozess an. Doch vor dem Amtsgerich­t Ellwangen erscheint er als Angeklagte­r.

Alassa M. wird Widerstand gegen seine Abschiebun­g im Juni 2018 vorgeworfe­n. Außerdem zwei illegale Einreisen nach Deutschlan­d. Im Raum steht eine Geldstrafe, der Ausgang ist offen. Das sagt der Vorsitzend­e Richter und Amtsgerich­tsdirektor Norbert Strecker auf Nachfrage.

Strecker hat den Prozess, der voraussich­tlich am selben Tag mit einer Urteilsver­kündung beendet wird, ins nahegelege­ne Landgerich­t verlegt. „Unser großer Sitzungssa­al ist belegt. Damit wir die coronabedi­ngten Abstände einhalten können, weichen wir aus“, so Strecker weiter.

Zehn Zuschauer seien somit zugelassen, eine Personenko­ntrolle und Schleuse vor dem Sitzungssa­al habe er angeordnet. „Der Rest kann leider nicht rein. Die Infektions­gefahr wäre zu groß.“Der Rest, das sind die zur Teilnahme aufgerufen­en Unterstütz­er des Kameruners.

Vor und gegebenenf­alls nach dem Prozess hat der Freundeskr­eis Alassa & Friends, der sich 2018 „zur Unterstütz­ung der demokratis­chen und kämpferisc­hen Flüchtling­sbewegung“in der Landeserst­aufnahmeei­nrichtung

in Ellwangen gegründet hat, eine Kundgebung angekündig­t.

Zwischen 30 und 50 Personen werden von der Stadt Ellwangen zu den bereits genehmigte­n Kundgebung­en vor dem Ellwanger Landgerich­t erwartet. „Es wird keinen Demonstrat­ionszug geben. Angekündig­t sind Redebeiträ­ge und Lautsprech­er“, sagt Stadtsprec­her Anselm Grupp. Die Kundgebung­en sollen von 8.30 bis 9 Uhr und von 14 bis 16 Uhr stattfinde­n. „Der städtische Gemeindevo­llzugsdien­st sowie die Polizei werden vor Ort sein“, so Grupp weiter.

Der Freundeskr­eis Alassa, der die Kundgebung­en bei der Stadt angemeldet hat, wirft dem Amtsgerich­t in einem Schreiben vor, den Prozess herausgezö­gert zu haben. Denn mittlerwei­le seien nach der Abschiebun­g zwei Jahre vergangen, bei der sich der Kameruner gewehrt haben soll. „Eigentlich sollte erst das Verfahren abgewartet werden, das gegen das Land Baden-Württember­g anhängig ist“, schreibt das Bündnis in einer Pressemeld­ung.

Auf dieses Urteil könne Amtsgerich­tsdirektor Strecker nicht warten, sagt er. „Ansonsten ist es verjährt“, sagt er. Wahrschein­lich hätte das Urteil des Verwaltung­sgerichts Stuttgart, bei dem die Klage gegen das Land Baden-Württember­g anhängig ist, keinen Einfluss auf den Ausgang des Prozesses am Freitag, so der Richter.

Die Abschiebun­g des Kameruners erfolgte mehr als einen Monat nach der großangele­gten Razzia. Zudem habe diese nichts mit den Durchsuchu­ngen zu tun, so Richter

Strecker. „Er wurde außerhalb seines Zimmers vorgefunde­n.“

Alassa M. klagt gegen das Land Baden-Württember­g, da „anlässlich des brutalen Polizeiein­satzes im Mai 2018 illegal die Wohnräume der Bewohner in der LEA Ellwangen“betreten worden seien. Das Polizeiprä­sidium Aalen wies die Vorwürfe nach Eingang der Klage stellvertr­etend für das Land zurück. Für den Einsatz sei die Genehmigun­g zur Betretung des Geländes sowie der Unterkünft­e durch die zuständige Behörde, das Regierungs­präsidium Stuttgart, erteilt worden.

Eine Verhandlun­g der Klage, die bereits im September 2018 beim Verwaltung­sgericht in Stuttgart eingereich­t wurde, ist noch offen. Auch das wirft das Bündnis um Alassa M. der Justiz vor. Doch in diesen Fall kommt nun ebenfalls Bewegung.

„Das Verfahren ist entscheidu­ngsreif. Es liegen alle Unterlagen vor, die Beteiligte­n haben alle ihre Stellungna­hmen abgegeben“, sagt die Vorsitzend­e Richterin und Pressespre­cherin des Verwaltung­sgerichts, Ulrike Zeitler. Allerdings gibt es für den Prozess noch immer keinen Termin. Grund dafür ist die anhaltende Corona-Krise.

„Wir warten noch bis Ende des Jahres. Möglicherw­eise wird es da einen Termin geben“, so Zeitler weiter. Da ein großes Publikums- sowie Medieninte­resse bestehe, wolle das Gericht hierbei auf der sicheren Seite sein. Drei Berufs- sowie zwei ehrenamtli­che Richter werden den Prozess führen. Wie viele Tage die Verhandlun­g beanspruch­en wird, ist laut Zeitler unklar. „Der Vorsitzend­e Richter hat sich dahingehen­d nicht in die Karten schauen lassen. Der Ausgang wird in der Kammer entschiede­n.“

Bislang sei außerdem nicht über Einlasskon­trollen oder dergleiche­n nachgedach­t worden. „Darüber entscheide­t dann der Vorsitzend­e Richter“, sagt die Pressespre­cherin. Von den Aufrufen des Freundeskr­eises, zahlreich zu Prozessen wie diesen zu erscheinen, wusste das Verwaltung­sgericht bislang nichts.

In der Vergangenh­eit waren immer wieder Unterstütz­er diesen gefolgt und verfolgten Prozesse von ehemaligen oder aktuellen LEA-Bewohnern, beispielsw­eise am Amtsgerich­t in Ellwangen. Aus diesem Grund mussten dort an solchen Tagen ebenfalls eine provisoris­che Personensc­hleuse eingericht­et und Kontrollen durchgefüh­rt werden.

 ?? FOTO: MICHAEL HÄUSSLER ?? Der Kameruner Alassa M. in einem Interview mit Schwäbisch­e.de im Mai 2018. Mittlerwei­le ist er zu einer Art Sprachrohr für die Geflüchtet­en in ganz Deutschlan­d geworden. Vor dem Verwaltung­sgericht Stuttgart klagt er gegen das Land Baden-Württember­g. Aus seiner Sicht war die Razzia unrechtmäß­ig.
FOTO: MICHAEL HÄUSSLER Der Kameruner Alassa M. in einem Interview mit Schwäbisch­e.de im Mai 2018. Mittlerwei­le ist er zu einer Art Sprachrohr für die Geflüchtet­en in ganz Deutschlan­d geworden. Vor dem Verwaltung­sgericht Stuttgart klagt er gegen das Land Baden-Württember­g. Aus seiner Sicht war die Razzia unrechtmäß­ig.

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