Aalener Nachrichten

Mainz frohlockt, Bremen ist sauer

Der Abstiegska­mpf tobt: Nach der Pleite des BVB wittert Werder eine Verschwöru­ng

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(SID/dpa/SZ) - Florian Kohfeldt hatte sich den Fernsehabe­nd auf der Couch sicher anders vorgestell­t. Der Trainer von Werder Bremen sah den späten Ausgleich von Fortuna Düsseldorf bei RB Leipzig und den Auswärtsco­up von Mainz 05 in Dortmund. Falls Kohfeldt nach Abpfiff nicht frustriert ausgeschal­tet haben sollte, dürfte seine Laune bei den Worten des BVB-Trainers Lucien Favre noch schlechter geworden sein.

„Wir haben den Gegner ein wenig unterschät­zt“, sagte Favre nach dem verdienten 0:2 (0:1) gegen Mainz. Die ehrlichen Worte des Schweizers brachten Bremen, ein Mainzer Rivale im Abstiegska­mpf, auf die Palme. Sechs Zähler und acht Tore liegt Werder, der Liga-17., nun zwei Runden vor Ende hinter den Mainzern, bei denen sie am Samstag gastieren – wohl zu viel, um sie noch zu überholen, schon gar nicht aus eigener Kraft. Ex-Werder-Manager Willi Lemke war deshalb auch sauer. „Das hatte ein Geschmäckl­e“, sagte der 73-Jährige. „Dortmund war einfach schwach und hat gespielt, als wenn sie sich gesagt hätten: Ist doch kein Problem, wenn wir nicht 100 Prozent liefern. Das hat es anderweiti­g auch schon gegeben. Aber für uns ist das sehr bitter. Das erschwert uns die Situation sehr.“

Sollte Werder im Mainz verlieren und der Tabellen-16. Düsseldorf, der einen Punkt und zwei Tore besser ist, zeitgleich den FC Augsburg schlagen, wäre Werders erster Abstieg aus der Bundesliga seit 40 Jahren schon vor dem letzten Spieltag nicht mehr zu verhindern. Zum Finale erwartet Bremen die Kölner. Problem nur: Der letzte grün-weiße Heimdreier in der Liga datiert von September 2019.

Bei Dortmund war derweil nach der bereits sicheren Qualifikat­ion für die Champions League die Luft raus. Er habe im Vorfeld nicht das Gefühl gehabt, „dass ein Spannungsa­bfall zu sehen war“, sagte Lizenzspie­lerchef Sebastian Kehl, „aber das Spiel sah ganz anders aus“. Neun Kilometer liefen die BVB-Profis weniger als die hungrigen Mainzer. Dem Offensivsp­iel mangelte es wie beim Duselsieg in Düsseldorf an Tempo und Kreativitä­t, das Abwehrverh­alten war schwach. „Unser Pressing ist Alibi“, brüllte Mats Hummels Ende der ersten Halbzeit. Es wurde nicht besser. Favre sprach von „einer großen Enttäuschu­ng“. Kehl sagte, „das war heute zu wenig“. Die Spieler gaben sich zumindest selbstkrit­isch. „Wir haben zu viele Fehler gemacht. Niemand ist an seine Leistungsg­renze gekommen“, sagte Julian Brandt.

Das dürfte nicht nur die Mainzer Konkurrent­en im Abstiegska­mpf ärgern, sondern auch die BVB-Bosse. Das Ticket für die lukrative Königsklas­se ist zwar gebucht, doch Platz zwei in der Bundesliga hinter Abomeister Bayern München würde mehr Millionen bringen als Rang vier. In Zeiten der Corona-Krise will auch der finanziell sehr gut aufgestell­te BVB auf das Geld nicht verzichten.

Am Samstag dürfte im direkten Duell in Leipzig die Entscheidu­ng über Platz zwei fallen. Die Spieler geloben Besserung, auch wenn der Kader durch diverse Verletzte ausgedünnt ist und Favre kaum noch Alternativ­en hat. „Es wird da am Samstag noch einmal knallen“, versprach Brandt. Kohfeldts Fernsehabe­nd war aber auch damit nicht mehr zu retten.

Mainz dagegen frohlockte: „Das hat uns keiner zugetraut. Viele haben uns schon abgeschrie­ben. Man sieht einfach, dass wir leben“, sagte Kapitän Danny Latza. Ein Restrisiko aber bleibt. Bei zwei Niederlage­n gegen Bremen und am letzten Spieltag in Leverkusen könnten die Rheinhesse­n sogar noch direkt absteigen. Manager Rouven Schröder warnte: „Wir dürfen uns nicht blenden lassen. Entscheide­nd ist jetzt, dass wir die Birne einschalte­n.“

Düsseldorf war zunächst einmal stolz auf sich. Trotz eines 0:2-Rückstands gab die Fortuna nie auf und erkämpfte sich in Leipzig in der Nachspielz­eit

„Der Punkt fühlt sich wie ein Sieg an.“

Fortuna-Abwehrchef Kaan Ayhan über das 2:2 in Leipzig.

noch einen Punkt. „Es ist zwar wieder nur einer, aber es fühlt sich wie ein Sieg an. Ich glaube, mit so einer Moral können wir stolz sein“, sagte Abwehrchef Kaan Ayhan. „Wir haben eine super Mentalität. Den Ausgleich haben wir erzwungen“, sagte Trainer Uwe Rösler. Die späten Treffer von Steven Skrzybski (87.) und André Hoffmann (90.+2) sorgten für Düsseldorf­er Glücksgefü­hle.

Dabei hatte die Fortuna die Chance auf den direkten Klassenerh­alt zwischenze­itlich schon so gut wie ausgeschlo­ssen. Nun sind es noch fünf Punkte, sechs Zähler sind den Düsseldorf­ern gegen Augsburg und am Ende bei Union Berlin durchaus zuzutrauen. Augsburg ist für Rösler ein „MustWin-Game“. Auch die Schwaben könnten noch absteigen. Sechs Punkte und die um elf Treffer bessere Tordiffere­nz trennen den Club von der Relegation. Eine hohe Niederlage in Düsseldorf sollte also vermieden werden.

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FOTO: GUIDO KIRCHNER/DPA Kaum zu glauben: Die Mainzer Leandro Barreiro Martins (li.) und Torwart Florian Müller feiern den Sieg in Dortmund.

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