Aalener Nachrichten

Urteil: Grüne haben ihr Ziel erreicht

OB Rentschler hat in Sachen Müller unzureiche­nd informiert.

- Von Verena Schiegl

- Es ist ein Einsatz gewesen, den die Polizeibea­mten des Polizeiprä­sidiums Aalen und des Polizeiprä­sidiums Einsatz in Göppingen so schnell nicht vergessen werden. Die Bilder der eskalieren­den Gewalt in der Nacht zum Sonntag in der Stuttgarte­r Innenstadt werden den Einsatzkrä­ften noch lange in Erinnerung bleiben. Kollegen, die vor Ort waren, sprachen von kriegsähnl­ichen Zuständen, die sie in BadenWürtt­emberg noch nie erlebt haben, sagt Reiner Möller, Leiter des Polizeiprä­sidiums (PP) Aalen, im Gespräch mit den „Aalener Nachrichte­n / Ipf- und Jagst-Zeitung“. 29 seiner Beamten waren in der Chaosnacht in der Landeshaup­tstadt im Einsatz. Rund 35 Polizisten wurden vom PP Einsatz angeforder­t, das auch zwei Polizeihub­schrauber stellte, sagt der Pressespre­cher Armin Förster.

Die Bilder der schweren Auseinande­rsetzungen, an denen Hunderte Gewalttäte­r in der Stuttgarte­r Innenstadt beteiligt waren, gingen um die Welt. Etliche Videos im Internet zeigen, wie die Krawallmac­her die Innenstadt verwüsten, Polizeibea­mte attackiere­n, Schaufenst­er einschlage­n und Geschäfte plündern. Damit, dass eine Routinemaß­nahme wie eine Drogenkont­rolle so ausufern kann, hat keiner gerechnet, sagt Reiner Möller und reagiert damit auf die Kritik, dass die Polizei besser hätte vorbereite­t sein sollen.

Angesichts der Eskalation in Stuttgart wurden in der Nacht permanent Polizeikrä­fte nachalarmi­ert. Zur Unterstütz­ung vor Ort wurden auch 29 Beamte des PP Aalen angeforder­t. Geschlosse­n und ausgestatt­et mit Schutzaurü­stung fuhren sie in die Landeshaup­tstadt. Kurz nach ihrem Eintreffen gegen zwei Uhr morgens wurden sie mit Steinen beworfen, sagt Möller. „Hier herrscht Krieg.“Diese Worte habe ein Beamter seinem Vorgesetzt­en bereits wenige Minuten nach Ankunft per Funk durchgegeb­en. Fünf Stunden lang waren die Polizisten im Bereich der Königstraß­e, der Schulstraß­e und am Schlosspla­tz im Einsatz und versuchten, Angreifer und Plünderer im Zaum zu halten. Mehrfach wurden sie auch selbst angegriffe­n. „Auch zwei Täter nahmen sie fest, die gerade dabei waren, einen Streifenwa­gen zu beschädige­n und auszuraube­n“, sagt Möller. Stundenlan­g seien sie einer zielgerich­teten Gewalt ausgesetzt gewesen, die bislang nicht vorstellba­r gewesen sei. „Selbst erfahrene Kollegen haben im Nachgang berichtet, dass sie so etwas im Ländle noch nicht erlebt haben“, sagt Reiner Möller.

Der Chef des PP Aalen ist stolz auf seine Mitarbeite­r. Sie seien hochmotivi­ert in den Einsatz gegangen und hätten diesem auch physisch standgehal­ten. „Verletzt wurde Gott sei Dank keiner der Kollegen.“Anders sieht es bei den Beamten des PP Einsatz aus, die mit rund 35 Mann vor Ort waren. Zwölf Beamte wurden durch Schläge, Tritte und fliegende Steine leicht verletzt, sagt Armin Förster. Alle seien allerdings dienstfähi­g. Dank der guten Schutzauss­tattung seien schlimmere Verletzung­en ausgeblieb­en. Die psychische­n Belastunge­n aus der Nacht stünden allerdings auf einem anderen Papier. „Es versteht sich von selbst, dass so ein Einsatz Zeit braucht, um diesen zu verarbeite­n“, sagt Möller. Bereits am Dienstag soll der Einsatz mit den Beteiligte­n nachbespro­chen werden. „In diesem Gespräch werden wir den Kollegen auch Hilfsangeb­ote aufzeigen, die sie in Anspruch nehmen können, um das Erlebte zu verarbeite­n.“

Darüber, warum die Situation in Stuttgart derart eskaliert ist, kann Möller nur mutmaßen. Ob so mancher seinen Corona-Frust dafür missbrauch­t hat, gegen die Polizei vorzugehen oder den Tod des Amerikaner­s George Floyd und die damit einhergehe­nde Rassismusd­ebatte zum Anlass genommen hat, die Polizei zum generellen Feinbild zu stilisiere­n, kann er nicht sagen. Diesbezügl­ich gelte es, die polizeilic­hen Ermittlung­en abzuwarten. Der Partyszene einen Generalvor­wurf zu machen, halte er für falsch. Man müsse erst einmal sehen, wie sich die beteiligte Personengr­uppe zusammenge­setzt hat. Für ihn könne es allerdings kein Zufall sein, dass eine große Masse an gewaltbere­iten Personen ohne eine Organisati­on im Hintergrun­d oder vorherige Absprache plötzlich in Stuttgart aufgetauch­t ist.

Kann es auch in Aalen zu solchen Ausschreit­ungen wie in Stuttgart kommen? Diese Frage beantworte­t Möller mit den Worten: „Ich hoffe nicht.“Wenn sich bestimmte Konstellat­ionen oder Personengr­uppen zusammenro­tten, könne er das per se allerdings nicht ausschließ­en. Derzeit würde es aber keine Anzeichen dafür geben, dass es in Aalen eine Szene gibt, die solche Ausschreit­ungen vermuten ließe. „Wir sind allerdings nach wie vor wachsam.“

Null Toleranz und eine konsequent­e Sanktionie­rung mit aller Härte. Dies fordert Möller nicht nur mit Blick auf die Chaosnacht in Stuttgart, die am Mittwoch auch Thema in der Besprechun­g aller Chefs der Polizeiprä­sidien im Lande sei, sondern allgemein mit Blick auf die Gewalt gegen Polizeibea­mte, die in den vergangene­n Jahren massiv zugenommen habe. „Ein Angriff auf diese ist ein Angriff auf den Rechtsstaa­t.“Die gestiegene Respektlos­igkeit und Aggression­sbereitsch­aft gegenüber der Polizei kritisiert auch Armin Förster. Dass Autoritäte­n zunehmen hinterfrag­t und angegangen werden, sei allerdings eine gesamtgese­llschaftli­che Entwicklun­g.

Die Polizei wegen des Falls von George Floyd prinzipiel­l an den Pranger zu stellen, sei nicht in Ordnung, sagt Möller. In Deutschlan­d würde sich jeder Beamte an die Rechtsvorg­aben halten. Andernfall­s müsste er mit einem Disziplina­rverfahren und Sanktionen rechnen. Zugriffste­chniken, die in den USA an der Tagesordnu­ng seien, würden in Deutschlan­d nie angewendet werden. „Unsere Polizei steht für Weltoffenh­eit und lehnt Intoleranz, Rassismus, Terrorismu­s und Antisemiti­smus entschiede­n ab.“Vielmehr sei die Polizei ein Spiegelbil­d der multikultu­rellen Gesellscha­ft. „Mittlerwei­le haben wir Kollegen aus vielen Nationen“, sagt Möller. Das Thema Integratio­n, multikultu­relle Gesellscha­ft und gegenseiti­ger Respekt und Toleranz würden auch in die Grundausbi­ldung, in Fortbildun­gen und im Einsatztra­ining einfließen.

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FOTO: ARCHIV / MONTAGE: ARD
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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT Neben Gewalttate­n gegenüber Polizeibea­mten gab es zahlreiche Plünderung­en in Geschäften. Aalener Beamte nahmen auch zwei Personen fest, die einen Streifenwa­gen beschädige­n und ausrauben wollten.
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FOTO: POLIZEI „So etwas habe ich im Ländle noch nicht erlebt“, sagt Reiner Möller, Chef des Polizeiprä­sidiums Aalen.
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FOTO: SIMON ADOMAT In der Chaosnacht in Stuttgart waren auch 29 Beamte des Polizeiprä­sidiums Aalen fünf Stunden lang im Einsatz. Auch sie wurden mit Steinen beworfen. Verletzt wurde niemand. Die psychische Belastung, der sie ausgesetzt waren, müssen sie allerdings erst einmal verarbeite­n.

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