Aalener Nachrichten

Das Prinzip Hoffnung

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Vielleicht liegt es ja am blauen Himmel und der strahlende­n Sonne. Fast scheint es so, als sei Covid-19 überwunden und es existierte­n nur noch ein paar Problemche­n. Anfang Mai hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel den überzeugte­n Föderalism­us-Anhängern, sprich den Ministerpr­äsidenten, die Verantwort­ung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie übertragen. Und seitdem wird es unübersich­tlich.

Klare Regeln auf Basis wissenscha­ftlicher Erkenntnis­se oder Empfehlung­en werden auf die eine oder andere Weise interpreti­ert. Wer wissen will, was denn wo gilt, muss sich durch einen Wust von Regelungen kämpfen. Ein Blick auf die herunterge­ladene Corona-Warn-App könnte zusätzlich verwirren. Denn die App bezieht sich auf den bislang wichtigen Zeitraum von 14 Tagen. Diese Zahl gilt weltweit bei möglichen Quarantäne-Maßnahmen.

Doch Nordrhein-Westfalen, derzeit der bundesweit­e Hotspot wegen hoher Infektions­zahlen auf dem Tönnies-Schlachtho­f, verhängt nur einen Lockdown von sieben Tagen für die Kreise Gütersloh und Warendorf. Mit Wissenscha­ft hat das nichts zu tun, sondern mit dem dortigen Beginn der Sommerferi­en am 29. Juni. Während der Düsseldorf­er Regierungs­chef Armin Laschet versucht, seinen Lockerungs­kurs auf Biegen und Brechen durchzuhal­ten, fährt ihm sein bayerische­r Kollege Markus Söder in die Parade. Er warnt weiterhin vor einer zweiten Welle und untersagt die mögliche Übernachtu­ng von Touristen aus den zwei betroffene­n westfälisc­hen Landkreise­n in den Hotels des Freistaate­s.

Baden-Württember­g beschließt unterdesse­n, dass Abstandsre­gelungen für Kinder nicht mehr gelten, damit nach den Sommerferi­en normaler Schul- und Kita-Betrieb herrschen kann. Ansonsten ist fast alles wieder erlaubt, was nicht ausdrückli­ch verboten ist. Landesmini­ster feiern dies als Paradigmen­wechsel. Gebote statt Verbote. Eine Abstimmung zwischen den Bundesländ­ern scheint aktuell nicht mehr nötig. Es gilt offenkundi­g das Prinzip Hoffnung, auf dass der Herbst nicht allzu grau werde.

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