Aalener Nachrichten

Niederlage für Facebook

Internetko­nzern muss Sammeln von Daten einschränk­en

- Von Klaus Wieschemey­er k.wieschemey­er@schwaebisc­he.de

(dpa/epd) - Wer bei Facebook aktiv werden will, musste bislang immer zustimmen, dass Daten von WhatsApp, Instagram und vielen anderen Diensten und Webseiten mit seinem Account zusammenge­führt werden. Die Folge war zum Beispiel personalis­ierte Werbung. Damit soll nun Schluss sein: Der Konzern muss das Sammeln von Daten der Nutzer vorerst einschränk­en. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) bestätigte am Dienstag das vom Bundeskart­ellamt

angeordnet­e Verbot der umfassende­n Datenverar­beitung im Eilverfahr­en. Künftig müsse Facebook seinen Nutzern eine Wahlmöglic­hkeit bieten.

Der Vorsitzend­e Richter, Peter Meier-Beck, sagte, es bestünden weder Zweifel an der marktbeher­rschenden Stellung von Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke noch daran, dass der Internetko­nzern dies missbräuch­lich ausnutze.

Stimmen die kolportier­ten Zahlen des nun doch noch nicht veröffentl­ichten Verfassung­sschutzber­ichtes, hat Deutschlan­d ein wachsendes Extremismu­sproblem. Am linken Rand nimmt die Zahl der Straftaten drastisch zu, am rechen Rand werden die (auch gewaltbere­iten) Extremiste­n immer mehr. Dies ist wohlgemerk­t ein Befund aus dem Jahr 2019, als die Wirtschaft vor Corona brummte und noch keine veganen Köche Verschwöru­ngsmythen unters virusbedin­gt verunsiche­rte Volk brachten. Ein guter Innenminis­ter kann solche Zahlen nutzen, um vor realen Problemen zu warnen und die Bevölkerun­g zum Kampf für die Demokratie aufrufen. Angesichts der Bilder von Stuttgart hätte dies doppelt gut gepasst.

Horst Seehofer hat diese Chance verpasst. Mit der effekthasc­herischen Ankündigun­g einer Strafanzei­ge gegen eine Zeitungsko­lumnistin hat er stattdesse­n ohne Not einen seltsamen und vorher zu recht wenig gelesenen Text ministerie­ll geadelt und zudem zur Unzeit eine Debatte zur Pressefrei­heit losgetrete­n. Kommt die Anzeige nun nicht, ist Seehofer düpiert. Kommt sie, steht der Verdacht der Einschücht­erung im Raum. Übrigens brächte die Anzeige nichts, da längst mehrere erstattet wurden und die Ermittler damit in der Spur sind.

Mit solchen erratische­n Eskapaden beschädigt der Minister nicht nur die Große Koalition, sondern das Vertrauen in die Politik. Es wird Zeit, dass er geht.

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