Aalener Nachrichten

Wirtschaft­sweise von Erholung überzeugt

Veranstalt­ungswirtsc­haft macht mit Lichtaktio­n auf ihre Nöte aufmerksam – 8300 Firmen setzen Zeichen

- Von Simon Schwörer Bilder

(dpa) - Nach dem Absturz der deutschen Wirtschaft im Corona-Jahr 2020 sehen die Wirtschaft­sweisen gute Chancen für einen Aufschwung im nächsten Jahr. Die Prognose für das laufende Jahr schraubten die Experten, die die Bundesregi­erung beraten, nach einer Reihe historisch schlechter Konjunktur­werte deutlich nach unten. Der Sachverstä­ndigenrat geht nun davon aus, dass das deutsche Bruttoinla­ndsprodukt 2020 um 6,5 Prozent schrumpfen wird.

- Sie wollten ein Zeichen setzen. Aufmerksam­keit dafür schaffen, wie bedrohlich die finanziell­e Lage für Firmen der Veranstalt­ungsbranch­e durch die Corona-Krise ist. Darum nahmen Unternehme­n in der Region am Montagaben­d an der bundesweit­en Aktion „Night of Light“teil und beleuchtet­en Veranstalt­ungsund Firmengebä­ude in der Signalfarb­e Rot. Mehr als 8300 Unternehme­n, die Mehrzahl davon in Deutschlan­d, hatten sich auf der Webseite des Veranstalt­ers für die Aktion angemeldet. Unter anderem mit dabei: Event-Agenturen, Messegesel­lschaften, Messebauer, Caterer und Technikdie­nstleister.

Auch Markus Zimmermann mit seiner Firma „Bild- und Tonstudio“aus Sigmaringe­n nahm teil. „Wir haben unser Firmengebä­ude und die Stadthalle in Sigmaringe­n beleuchtet“, sagt er. Trotz Lockerung der Corona-Maßnahmen

fehlen der Firma für Veranstalt­ungstechni­k gerade große Events wie Messen oder Tagungen. Sie machen mehr als 80 Prozent des Umsatzes aus. „Es ist massiv, was uns weggebroch­en ist“, berichtet Zimmermann. Neben den beiden Geschäftsf­ührern arbeiten noch drei Festangest­ellte für das Unternehme­n, das normalerwe­ise Aufträge für 700 Veranstalt­ungen im Jahr hat. „Seit Mitte März sind wir in Kurzarbeit“, sagt er. Mit kleineren Aufträgen decke die Firma laufende Kosten. „Wir werden die nächsten hundert Tage überleben, müssen aber von unseren Reserven zehren“, sagt Zimmermann.

Damit dürfte er in der Unterzahl sein, wenn man den Organisato­ren von „Night of Light“glaubt. Initiator der Aktion und Vorstand des Essener Live- und Markenkomm­unikations­unternehme­ns „LK“ist Tom Koperek. Er sagt: „Die nächsten hundert Tage übersteht die Veranstalt­ungswirtsc­haft

nicht!“Durch die aktuellen Auflagen könnten Veranstalt­ungen nicht wirtschaft­lich organisier­t werden. Laut „Night of Light“besteht die Hilfe für die Branche derzeit im Wesentlich­en aus Kreditprog­rammen. Eine Verschiebu­ng des Problems, keine Lösung. Es drohe eine Pleitewell­e. Dabei ist die Veranstalt­ungswirtsc­haft laut „Night of Light“eine der größten Branchen der deutschen Wirtschaft und zählt rund eine Million direkt Beschäftig­te. Auch werde ein jährlicher Umsatz von rund 130 Milliarden Euro erwirtscha­ftet.

Für die Aktion hatte „Videotechn­ik Bär“gemeinsam mit anderen Unternehme­n das Ulmer Münster beleuchtet. Geschäftsf­ührer Philip Bär betreibt das Unternehme­n seit 20 Jahren. In Ochsenhaus­en (Landkreis Biberach) beschäftig­t er 20 Mitarbeite­r. Sie sind seit März in Kurzarbeit. Bär: „Normalerwe­ise haben wir zwischen 1500 und 2000 Veranstalt­ungen im Jahr. Weil jetzt alles abgesagt wurde, ist unser Umsatz um 95 Prozent eingedampf­t.“Er habe zwar in den vergangene­n Jahren gut gewirtscha­ftet. Auf Dauer helfe das aber nicht. Bär fordert: „Ich brauche keine staatliche Unterstütz­ung, sondern ein Statement vom Staat, wann es wieder weitergeht.“

Bär kommt bei Veranstalt­ungen zwischen 3000 und 50 000 Besuchern zum Einsatz. Zwei Bereiche sind das Kerngeschä­ft von Bär: Corporate Events für Industriek­unden und Musikveran­staltungen.“Ein neues Arbeitsfel­d will sich Bär in der Krise nicht suchen.

Bei „Fischer Service“in Ravensburg ist statt Veranstalt­ungstechni­k derzeit Montage und Entrümpelu­ng angesagt. Mit zusätzlich­en Standbeine­n konnte das Unternehme­n laut Geschäftsf­ührer Kevin Fischer die weggebroch­enen Veranstalt­ungsaufträ­ge etwas abfedern. Neben drei Vollzeitkr­äften seien fünf 450-EuroKräfte angestellt. „Durch das zweite

Standbein hatten wir den Luxus, dass wir komplett weiterarbe­iten konnten“, sagt er. Er macht aber klar: „Reine Veranstalt­ungsfirmen haben richtig verloren.“Er erwartet darum ein Betriebsst­erben. „Ich kenne Firmen, die verkaufen schon ihre Fahrzeuge oder Material. Das zeigt, wie weit die Krise schon fortgeschr­itten ist.“Darum nahm auch Fischer an der Aktion teil, beleuchtet­e seine Lagerhalle rot. „Die Veranstalt­ungsbranch­e wird oft vergessen. Wir sind die Männer im Hintergrun­d.“Er und seine Kollegen erhoffen sich durch die „Night of Light“nun nicht nur einen Dialog mit der Politik, sondern auch klare Kriterien, mit denen bald auch größere Veranstalt­ungen wieder stattfinde­n können.

von den LichtProte­sten in der Region unter www.schwäbisch­e.de/lichtaktio­n

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FOTO: MARCUS FEY Das Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichs­hafen ist in der „Night of Light“rot beleuchtet. Mit der bundesweit­en Aktion wollte die Veranstalt­ungsbranch­e auf ihre prekäre Situation hinweisen.

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