Wirtschaftsweise von Erholung überzeugt
Veranstaltungswirtschaft macht mit Lichtaktion auf ihre Nöte aufmerksam – 8300 Firmen setzen Zeichen
(dpa) - Nach dem Absturz der deutschen Wirtschaft im Corona-Jahr 2020 sehen die Wirtschaftsweisen gute Chancen für einen Aufschwung im nächsten Jahr. Die Prognose für das laufende Jahr schraubten die Experten, die die Bundesregierung beraten, nach einer Reihe historisch schlechter Konjunkturwerte deutlich nach unten. Der Sachverständigenrat geht nun davon aus, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2020 um 6,5 Prozent schrumpfen wird.
- Sie wollten ein Zeichen setzen. Aufmerksamkeit dafür schaffen, wie bedrohlich die finanzielle Lage für Firmen der Veranstaltungsbranche durch die Corona-Krise ist. Darum nahmen Unternehmen in der Region am Montagabend an der bundesweiten Aktion „Night of Light“teil und beleuchteten Veranstaltungsund Firmengebäude in der Signalfarbe Rot. Mehr als 8300 Unternehmen, die Mehrzahl davon in Deutschland, hatten sich auf der Webseite des Veranstalters für die Aktion angemeldet. Unter anderem mit dabei: Event-Agenturen, Messegesellschaften, Messebauer, Caterer und Technikdienstleister.
Auch Markus Zimmermann mit seiner Firma „Bild- und Tonstudio“aus Sigmaringen nahm teil. „Wir haben unser Firmengebäude und die Stadthalle in Sigmaringen beleuchtet“, sagt er. Trotz Lockerung der Corona-Maßnahmen
fehlen der Firma für Veranstaltungstechnik gerade große Events wie Messen oder Tagungen. Sie machen mehr als 80 Prozent des Umsatzes aus. „Es ist massiv, was uns weggebrochen ist“, berichtet Zimmermann. Neben den beiden Geschäftsführern arbeiten noch drei Festangestellte für das Unternehmen, das normalerweise Aufträge für 700 Veranstaltungen im Jahr hat. „Seit Mitte März sind wir in Kurzarbeit“, sagt er. Mit kleineren Aufträgen decke die Firma laufende Kosten. „Wir werden die nächsten hundert Tage überleben, müssen aber von unseren Reserven zehren“, sagt Zimmermann.
Damit dürfte er in der Unterzahl sein, wenn man den Organisatoren von „Night of Light“glaubt. Initiator der Aktion und Vorstand des Essener Live- und Markenkommunikationsunternehmens „LK“ist Tom Koperek. Er sagt: „Die nächsten hundert Tage übersteht die Veranstaltungswirtschaft
nicht!“Durch die aktuellen Auflagen könnten Veranstaltungen nicht wirtschaftlich organisiert werden. Laut „Night of Light“besteht die Hilfe für die Branche derzeit im Wesentlichen aus Kreditprogrammen. Eine Verschiebung des Problems, keine Lösung. Es drohe eine Pleitewelle. Dabei ist die Veranstaltungswirtschaft laut „Night of Light“eine der größten Branchen der deutschen Wirtschaft und zählt rund eine Million direkt Beschäftigte. Auch werde ein jährlicher Umsatz von rund 130 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Für die Aktion hatte „Videotechnik Bär“gemeinsam mit anderen Unternehmen das Ulmer Münster beleuchtet. Geschäftsführer Philip Bär betreibt das Unternehmen seit 20 Jahren. In Ochsenhausen (Landkreis Biberach) beschäftigt er 20 Mitarbeiter. Sie sind seit März in Kurzarbeit. Bär: „Normalerweise haben wir zwischen 1500 und 2000 Veranstaltungen im Jahr. Weil jetzt alles abgesagt wurde, ist unser Umsatz um 95 Prozent eingedampft.“Er habe zwar in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet. Auf Dauer helfe das aber nicht. Bär fordert: „Ich brauche keine staatliche Unterstützung, sondern ein Statement vom Staat, wann es wieder weitergeht.“
Bär kommt bei Veranstaltungen zwischen 3000 und 50 000 Besuchern zum Einsatz. Zwei Bereiche sind das Kerngeschäft von Bär: Corporate Events für Industriekunden und Musikveranstaltungen.“Ein neues Arbeitsfeld will sich Bär in der Krise nicht suchen.
Bei „Fischer Service“in Ravensburg ist statt Veranstaltungstechnik derzeit Montage und Entrümpelung angesagt. Mit zusätzlichen Standbeinen konnte das Unternehmen laut Geschäftsführer Kevin Fischer die weggebrochenen Veranstaltungsaufträge etwas abfedern. Neben drei Vollzeitkräften seien fünf 450-EuroKräfte angestellt. „Durch das zweite
Standbein hatten wir den Luxus, dass wir komplett weiterarbeiten konnten“, sagt er. Er macht aber klar: „Reine Veranstaltungsfirmen haben richtig verloren.“Er erwartet darum ein Betriebssterben. „Ich kenne Firmen, die verkaufen schon ihre Fahrzeuge oder Material. Das zeigt, wie weit die Krise schon fortgeschritten ist.“Darum nahm auch Fischer an der Aktion teil, beleuchtete seine Lagerhalle rot. „Die Veranstaltungsbranche wird oft vergessen. Wir sind die Männer im Hintergrund.“Er und seine Kollegen erhoffen sich durch die „Night of Light“nun nicht nur einen Dialog mit der Politik, sondern auch klare Kriterien, mit denen bald auch größere Veranstaltungen wieder stattfinden können.
von den LichtProtesten in der Region unter www.schwäbische.de/lichtaktion
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