Wie aus 4,88 Prozent 27,36 werden
Beim Ratenkredit lohnt sich ein genauer Blick aufs Angebot – Unterschiede teils eklatant
- Ist das Geld knapp und eine unerwartete Ausgabe steht an, weil beispielsweise das alte Fahrzeug nicht mehr zu reparieren ist, kommt einem ein Auto- oder Ratenkredit wie gerufen. Erst recht, wenn der Zins so niedrig zu sein scheint wie derzeit. Ein Darlehen über 10 000 Euro ist dann schon für um die 300 Euro pro Monat zu haben, unterstellt man eine Laufzeit von drei Jahren. Es können aber auch leicht 4200 Euro an Gesamtkosten werden. Je nachdem, an wen man gerät.
Große Versprechen:
Viele Banken versprechen viel. „Der Commerzbank Ratenkredit. Schon ab 1,75 Prozent“, ist eine ganz typische Verheißung. Und bei der Sparkasse Leipzig werden sogar „Träume wahr“, schon ab 3,04 Prozent effektivem Jahreszins.
Eine Testperson zieht los:
Die Redaktion des Verbraucherportals biallo.de wollte es genau wissen und hat eine 59-jährige Angestellte aus Kassel beauftragt, einen Kredit über 10 000 Euro mit 36 Monaten Laufzeit bei 15 verschiedenen Instituten zu beantragen. Sie hat ein monatliches Nettoeinkommen von 2300 Euro, wohnt im Eigentum, zahlt also keine Miete, und hat einen Schufa-Score von 99,21 Prozent, was kaum noch zu übertreffen ist. Diese Person sollte doch den besten Zins bekommen, oder?
Niemand vergibt Bestzins:
Von den 15 Banken bieten elf bonitätsabhängige Zinsen an, also „ab“einem bestimmten Zins bis hinauf zu einem viel höheren. Hier gilt die Devise: Je geringer das Kreditausfallrisiko für die Bank ist, desto niedriger ist für den Kunden der Zins. Und wie sieht die Realität aus? Kein einziger Anbieter bietet unserer Testperson den besten Zins. Alle arbeiten mit einem unrealistischen Lockzins. Die Santander verlangt 3,99 Effektivzins statt 1,99 Prozent. Bei der Targobank werden aus 1,75 immerhin 2,94 Prozent. Und bei der Sparda-Bank Berlin werden aus 4,88 satte 8,69 Prozent Zinsen.
Direktbanken halten Wort:
Wort halten dagegen die Banken, die allen ihren Kunden einen festen Zins anbieten. Und tatsächlich bekommt unsere Kandidatin den Kredit auch zu den angebotenen Zinsen. Bei der Bank of Scotland für 2,79 Prozent Effektivzins, der PSD Berlin für 2,99 Prozent, der ING für 3,49 Prozent und der DKB für 3,49 Prozent.
Gesamtzins beachten:
Wie groß die Unterschiede der einzelnen Anbieter sind, zeigt der Gesamtbetrag, den man in den drei Jahren an Zinsen zahlt. Nur 432,75 Euro sind es bei der Bank of Scotland, aber 1678,40 Euro, die die Sparda-Bank Berlin oder die Volksbank Magdeburg verlangen.
Restschuldversicherung:
Diese beiden Banken fallen auch in anderer
Hinsicht negativ auf. In unsicheren Zeiten wie diesen wird sich der eine oder andere fragen, ob es eine Absicherung für den Fall gibt, dass man die Raten nicht zahlen kann. Für diesen Zweck bieten einem Banken und Sparkassen eine Restschuldversicherung an. Im Fall des Todes zahlt sie den offenen Betrag an die Bank. Und im Fall der Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit übernimmt sie die Raten.
Große Preisunterschiede:
Sechs der zwölf Banken bieten diese Police coronabedingt gar nicht an. Drei weitere haben den Schutz gegen Arbeitslosigkeit nicht mehr im Programm. Sechs bieten alle drei Komponenten an, wenn auch zu sehr unterschiedlichen Preisen. Günstig ist im Test die Offerte der DKB mit einem Preis von 772,85 Euro. Die Norisbank liegt mit 1332,67 Euro in der Mitte.
Den Vogel schießen die SpardaBank Berlin und die Volksbank Magdeburg mit ihrem Easy-Credit-Angebot ab. Dieses Produkt der Nürnberger Teambank bieten nahezu alle Volks- und Raiffeisenbanken ihren Kunden an und kassieren für die Vermittlung eine Provision. Und die dürfte saftig sein. Denn Sparda-Bank und Volksbank verlangen für die Police stolze 2526,30 Euro. Rechnet man die Zinsen hinzu, kommt der Kunde auf Gesamtkosten von 4204,70 Euro. Setzt man diesen Betrag ins Verhältnis zum Kredit von 10 000 Euro, errechnet sich ein Zins von 27,36 Prozent. Da sieht man, was aus einem Zins „ab 4,88 Prozent“werden kann.