Aalener Nachrichten

Drogensüch­tige zockt dementen Rentner ab

Die Frau hatte mit der EC-Karte des Opfers insgesamt knap 14 000 Euro von seinem Konto abgehoben.

- Von Gerhard Krehlik

- Zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung wegen Untreue in 22 Fällen hat Amtsgerich­tsdirektor Martin Reuff am Dienstagvo­rmittag eine 48jährige Frau aus einem Nachbarkre­is verurteilt. Die Beschuldig­te – sie ist geschieden, hat keinen Beruf, war drogensüch­tig, ist gesundheit­lich angeschlag­en und lebt von Hartz IV – räumte die in der Anklagesch­rift erhobenen Vorwürfe bereitwill­ig ein.

Sie ist mehrfach vorbestraf­t und hatte während eines Gefängnisa­ufenthalts die Frau ihres späteren Opfers kennen gelernt. Kurz nachdem die Frau verstorben war, kamen sich Anfang 2017 die Beschuldig­te und der damals knapp 80-jährige Senior näher. Er verfügte, als ehemaliger ITSpeziali­st, über eine ausgesproc­hen üppige monatliche Rente und richtete seiner neuen Bekanntsch­aft ein Konto ein, auf das er jeden Monat 400 Euro überwies. Zudem stattete er seine vermeintli­che Freundin mit einer Bankkarte aus, sodass sie von diesem Konto Geld abheben konnte.

Die Beziehung entwickelt­e sich jedoch offensicht­lich nicht so, wie es sich der Rentner vorgestell­t hatte. Im September 2017 musste er außerdem eine Haftstrafe antreten und stellte die monatliche­n Überweisun­gen ein. Mehr oder weniger zufällig entdeckte die Beschuldig­te allerdings, dass sie mit ihrer Bankkarte zwar kein Geld vom eigenen Konto des Rentners abheben konnte, aber sehr wohl Geld von dessen Konto auf ihr Konto umbuchen und danach abheben konnte. „Das war wie ein Jackpot für mich“, gab sie in der Verhandlun­g treuherzig zu.

Insgesamt 22-mal bediente sie sich zwischen September 2017 und Juni 2018 mit insgesamt knapp 14 000 Euro, die sie vom Konto des Geschädigt­en auf ihr Konto umbuchte und abhob, und damit vor allem ihren Kokainkons­um finanziert­e. Der Rentner saß derweil im Gefängnis und bekam von dem Treiben seiner ExFreundin nichts mit, auch weil er zunehmend unter Demenz litt. Erst eine Sozialarbe­iterin und der später eingesetzt­e Betreuer des Seniors bemerkten den ungebremst­en Abfluss des Geldes.

Der Betreuer – er sagte als Zeuge vor Gericht aus – lies die Konten schließlic­h sperren und erstattete Strafanzei­ge. Auf eine Ladung des mittlerwei­le 82-jährigen Geschädigt­en hatte Richter Reuff aufgrund dessen Gesundheit­szustandes verzichtet. Er lebt mittlerwei­le in einem Pflegeheim.

Die Staatsanwä­ltin forderte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von einem Jahr und 9 Monaten auf Bewährung sowie 80 Stunden Sozialarbe­it. Rechtsanwä­ltin Julia Mende aus Esslingen hielt angesichts des Geständnis­ses und der positiven Sozialprog­nose für ihre Mandantin eine Freiheitss­trafe von einem Jahr auf Bewährung für tat – und schuldange­messen. Martin Reuff verurteilt­e die Frau nach kurzer Bedenkzeit zu einem Jahr und 7 Monaten auf Bewährung und verfügte einen Wertersatz über knapp 14 000 Euro. Die Chancen auf dessen Realisieru­ng sind jedoch eher gering.

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