Gemeinsam gegen die Unbelehrbaren
Rassismusskandale erschüttern den Sport in England und Amerika
(SID/dpa) Leroy Sane und Co. knieten erst nieder, um sich gegen Rassismus und Gewalt gegen Schwarze zu wehren. Und nur wenige Augenblicke später mussten der Fußballer von Manchester City, sein Teammanager Pep Guardiola und all die anderen mit anschauen, wie nach dem Anpfiff der Partie gegen den FC Burnley ein Flugzeug über das Stadion flog – und dabei ein Transparent mit der Aufschrift „White Lives Matter Burnley“hinter sich herzog.
„Ich schäme mich, es ist mir peinlich“, sagte hinterher der sichtlich aufgewühlte Burnley-Kapitän Ben Mee . „Das ist nicht das, wofür wir stehen. Ich bin wirklich bestürzt, dass das passiert ist.“Und Guardiola meinte: „Alle Menschen sind wichtig. Wir sind alle gleich.“
Natürlich war nach dem lockeren 5:0 für City nicht mehr Sanes Comeback nach monatelanger Verletzungspause das Thema, sondern diese rassistische Provokation. Schließlich hatten sich auf der Insel Clubs, Liga und Spieler seit dem Tod des USAmerikaners George Floyd durch Polizeigewalt, der weltweit Schlagzeilen gemacht hatte, mit der „Black Lives Matter“-Bewegung solidarisiert. Sane trug wie alle Spieler ein Trikot mit dem Slogan anstatt seines Namens.
Burnley reagierte unmittelbar auf die Aktion. Der Club distanzierte sich noch während der Partie und kündigte an, „voll und ganz mit den Behörden“zusammenzuarbeiten, „um die Schuldigen zu identifizieren und lebenslange Verbote zu erlassen“. Und während die Polizei ermittelt, forderte Mee die Verantwortlichen auf, „im 21. Jahrhundert“anzukommen. Schon vor dem Spiel machten Gerüchte die Runde, dass solche Umtriebe geplant seien. „Der Club hat versucht es zu stoppen“, sagte Mee. Es gelang nicht.
Und so geriet die Rückkehr von Sane auf den Rasen zur Nebensache. 323 Tage nach seinem Kreuzbandriss im rechten Knie feierte der 24-Jährige seine Rückkehr, als er in der 79. Minute eingewechselt wurde. „Endlich“, schrieb der Flügelflitzer bei Twitter: „Ich habe es wirklich vermisst.“Und auch die Verantwortlichen von Bayern München, die den deutschen Nationalspieler gerne verpflichten würden, dürften sich über Sanes nächsten Schritt zur sportlichen Normalität gefreut haben.
Dass der Sport derzeit allerdings alles andere als normal ist, zeigen nicht nur die aktuellen Corona-Beschränkungen und der Rassismusskandal in Burnley, sondern ein weiterer erschreckender Fall in den USA: Am Sonntag war in der Garage des einzigen schwarzen Nascar-Fahrers Bubba Wallace am Talladega Superspeedway ein Galgenstrick gefunden worden. Der 26-Jährige setzt sich ebenfalls für die Bewegung „Black Lives Matter“ein und hatte sich für ein Verbot der Konföderiertenflagge in der amerikanischen Rennserie ausgesprochen. Die Konföderierten hatten im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861 bis 1865) der Südstaaten gegen den Norden gekämpft und sich gegen die
Abschaffung der Sklaverei und gegen mehr Rechte für Schwarze gewehrt. Kurz nach Wallaces Forderung wurde die Flagge – die in den Augen vieler US-Bürger ein Symbol für Rassismus darstellt – auf Nascar-Veranstaltungen verboten.
Nach dem Fund des Galgenstricks solidarisierten sich die anderen Fahrer und Crew-Mitglieder mit Wallace. In einer Prozession Dutzender Menschen schoben sie am Montag (Ortszeit) Wallaces Auto zum Start des Rennens auf dem Talladega Superspeedway im US-Bundesstaat Alabama. „Das ist wirklich unglaublich, und ich bin stolz, Teil dieses Sports zu sein“, sagte der sichtlich bewegte Wallace dem Sender FOX Sports, nachdem er das Rennen in Amerikas beliebtester Motorsportserie auf dem 14. Platz abgeschlossen hatte. „Es tut mir leid, dass ich meine Maske nicht trage, aber nach gestern wollte ich es demjenigen, der es war, zeigen, dass er mir mein Lächeln nicht nehmen wird. Ich werde weitermachen.“
Nascar verurteilte den Vorfall. Für Rassismus sei in der Rennserie kein Platz, hieß es in einer Stellungnahme. Mittlerweile ermitteln die Staatsanwaltschaft, die Bundespolizei FBI und das Justizministerium in dem Fall. „Unabhängig davon, ob Anklage erhoben werden kann, haben solche Aktionen keinen Platz in unserer Gesellschaft“, teilte das Ministerium mit.