Aalener Nachrichten

Tönnies muss zahlen

- Von Guido Bohsem politik@schwaebisc­he.de

Das Problem ist längst erkannt und auch der hartnäckig­ste Billigflei­sch-Käufer wird einräumen, dass es weder in Ordnung ist, wie die Tiere gehalten werden noch wie die Menschen beschäftig­t sind, die die Tiere zerlegen. Beide Problemfel­der sind längst ausreichen­d abgesteckt. Sie sind vermessen, beackert, umgepflügt und gewalzt worden. Was geschehen muss, liegt schon ewig auf der Hand, und doch sind die Widerständ­e aus den Mastbetrie­ben und der Fleischind­ustrie lange Zeit hoch gewesen. Auch die Einzelhand­elskonzern­e verfolgen ihre Interessen – und schätzen die absurd niedrigen Kilopreise als Lockmittel für ihre Kunden.

Der Corona-Massenbefa­ll beim Fleischind­ustriellen Clemens Tönnies dürfte, nein, muss diese Position nun endlich unhaltbar machen. Die Pandemie scheint hier wie ein Brennglas zu wirken, das die Probleme so überdeutli­ch zeichnet, dass keiner sie mehr übersehen kann: Die Zustände in der Fleischpro­duktion verletzen unsere gesellscha­ftlichen Werte von Anstand, Fairness und von Moral. Wenn die Werkverträ­ge zu solchen Zuständen führen, müssen sie abgeschaff­t werden. Wenn den Zuständen in den Ställen und Zerlegehal­len über den Marktpreis nicht beizukomme­n ist, muss es eben eine Abgabe geben, die zur Einhaltung des Tierwohls eingesetzt wird.

Die Behörden in Land und Region müssen endlich genau prüfen und die unhaltbare­n Zustände abstellen. Tönnies steht zudem in der Pflicht, das wieder zu richten, was sein Billigheim­er-System von Sub- und Subsubunte­rnehmern angerichte­t hat. Es mag vielleicht rein rechtlich unmöglich sein, ihm die Rechnung für den Großeinsat­z und die Tests in Gütersloh aufzubrumm­en. Doch das ist letztlich egal. Will Tönnies nicht fortan als schamloser Ausbeuter gelten, muss er der Stadt eine finanziell­e Kompensati­on zukommen lassen. Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter hat recht, wenn er den Unternehme­r dazu auffordert, diese Leistung aus dem Privatverm­ögen zu erbringen. Ein Witz wäre es – und zwar ein äußerst schlechter –, sollte Tönnies die gesetzlich verordnete­n, steigenden Fleischpre­ise dafür nutzen.

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