Warum die handgemachte Brezel ihren Preis wert ist
Die traditionelle Herstellung ist extrem arbeitsintensiv – Preisspanne liegt zwischen 60 und 80 Cent
- Für viele Schwaben ist die Brezel zum Frühstück ein absolutes Muss. Und viele Konsumenten lassen sich das auch etwas kosten: Bei den Handwerksbäckereien im Verbreitungsgebiet der „Ipf- und Jagst-Zeitung/Aalener Nachrichten“liegt der Preis zwischen 60 und 80 Cent pro Stück. Brezeln aus dem Backregal im Supermarkt sind deutlich günstiger: Bei den Discountern liegen die Preise durchweg unter 30 Cent pro Exemplar. Das Bäckerhandwerk hält diesen Unterschied für gerechtfertigt.
„Brezeln sind ein emotionales Thema“, sagt Frank Sauter, der Geschäftsführer der Bäckerinnung AlbNeckar-Fils. Das hat damit zu tun, dass fast jeder noch aus der Kindheit eine genaue Vorstellung davon hat, wie die ideale Brezel aussehen und schmecken muss. Dennoch gibt es objektive Kriterien, was eine gute schwäbische Brezel ausmacht, so der Geschäftsführer der Bäckerinnung: Der sogenannte Bauchbereich ist in der Regel dick, die Ärmchen sind dünn und knusprig. Bräunung und Farbe sollen gleichmäßig sein. Die Salzkörner dürfen sich nicht über die ganze Brezel verteilen, sondern nur im Bauchbereich. Die Kombination zwischen den krossen Ärmchen und dem eher weichen fluffigen Bauch mache die Konsistenz der Brezel aus, wie sie sein soll, erläutert Sauter.
Aber auch der Preis einer Brezel ist emotional besetzt. Denn, so Sauter, viele Menschen wissen noch relativ genau, wie viel eine Brezel kostete, als sie selbst morgens auf dem Schulweg in die Bäckerei gingen und sich eine kauften. Der Preis für die Brezel sei deshalb ein „Marker“für die Preisentwicklung insgesamt, erläutert der Geschäftsführer der Bäckerinnung Alb-Neckar-Fils.
Wie viel kostet aber nun eine Brezel? Eine telefonische Befragung bei 37 Bäckereibetrieben im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung ergab eine Bandbreite zwischen 60 und 80 Cent pro Stück. Am häufigsten wurde bei der Befragung ein Preis von 70 Cent genannt. Der aus den Preisangaben errechnete Durchschnittspreis pro Stück beträgt 71 Cent.
Den höchsten Stückpreis, nämlich 80 Cent, verlangen sechs Betriebe: die Backstube Mack aus Westhausen, die 20 Filialen im Ostalbkreis unterhält, die Bäckerei Angstenberger aus Wasseralfingen, die Bäckerei Sorg in Jagstzell, die Bäckerei Walter Weber in Aalen-Unterrombach, das Backwerk am Aalener Bahnhof sowie die Landbäckerei Glück in Stimpfach.
Mit 60 Cent bieten die Stödtlener Bäckerei Rief, die Oberkochener Bäckerei Dickenherr und die Bäckerei Maier in Rainau-Schwabsberg den niedrigsten Preis für eine Brezel. 13 der befragten Bäckereien liegen mit 70 Cent genau dazwischen. Neun Bäckereien verlangen 75 Cent. Bei der Preisermittlung wurde die Größe der Brezeln nicht berücksichtigt.
Den örtlichen Traditionsbäckereien ist gemeinsam, dass sie ihre Produkte handwerklich herstellen. Das gelte auch für relativ große Betriebe, die viele Backfilialen beliefern, erklärt der Innungsgeschäftsführer.
Entscheidend für eine handwerklich gefertigte Brezel ist, dass der Teig von Hand geschlungen wird, erläutert Frank Sauter. Ralf Bauer, kaufmännischer Leiter der Backstube Mack, ergänzt, dass man sogar deutlich sehen könne, ob eine Brezel von einer Links- oder einer Rechtshänderin geschlungen wurde – je nachdem, wo die Ärmchen nach unten und nach oben verlaufen. Dass einige von Hand geschlungene Brezeln mitunter ein wenig unregelmäßig aussehen, ist für den Innungsgeschäftsführer Frank Sauter letztlich ein Qualitätsmerkmal: „Ganz gleichmäßig bekommt man sie nie hin.“
Der Preis für die Supermarktbrezeln in den Backregalen der Discounter liegt noch einmal deutlich niedriger: Bei Aldi, Norma, Netto und Kaufland kostet ein Stück jeweils 29 Cent. Lidl liegt noch einen Cent darunter.
Dass Brezeln aus den Handwerksund Traditionsbetrieben mehr als doppelt so viel kosten wie die Produkte aus dem Supermarkt, liegt für Frank Sauter primär daran, dass die Herstellung „extrem arbeitsintensiv“ist. Der hohe Anteil der Arbeitskosten schlage sich im Preis nieder. Bei den Brezeln, die in den Backregalen der Supermärkte angeboten werden, sei die Fertigung dagegen größtenteils automatisiert. Die Backfabriken setzen mittlerweile auf Schlingroboter, um den Teig zu formen, so der Innungsgeschäftsführer.
Geschmacklich seien Supermarktbrezeln zudem meist ein Kompromiss, meint Frank Sauter. Die Produkte aus den Backregalen der Discounter müssten alle „von Flensburg bis zum Alpenrand“zufrieden stellen, sagt der Innungsgeschäftsführer. Die Traditionsbäcker arbeiteten dagegen individuell, und deshalb bekomme man dort immer Brezeln mit einem eigenen Charakter. Zudem bezögen die Handwerksbetriebe ihre Rohstoffe in der Regel aus der Region.
An der Brezel kann man darüber hinaus ablesen, dass die Preissteigerung in den zurückliegenden Jahren insgesamt moderat verlief. Nach Auskunft von Innungsgeschäftsführer Frank Sauter betrug bei der Einführung des Euro im Jahr 2002 der Durchschnittspreis für eine handwerklich gefertigte Brezel 50 Cent. Legt man den errechneten aktuellen Durchschnittspreis von 71 Cent zugrunde, dann lag die jährliche Preissteigerung bei 1,86 Prozent.