So schmeckt der Sommer
Eine Zeit lang hat es so ausgesehen, als ob selbst der Sommer in diesem merkwürdigen Jahr der epochalen Einschnitte irgendwie aus der Spur gerät. Und mit ihm alle Rituale, die uns der ungebrochenen Lebensfreude durch Sonne und Licht versichern. Etwa – und das nicht zuletzt – der kühle Kuss von frischer Eiscreme, der uns zart schmelzend sagt: Das Leben ist schön!
Natürlich können wir von dem reichen – bisweilen leider auch zweifelhaften – Angebot der vielen Eisdielen Gebrauch machen, auch wenn dazu eben die unbequeme Wahrheit gehört, dass Betriebe, die auf natürlicher Basis alles selbst herstellen, immer seltener werden. Die Regel ist längst die vorproduzierte Fertigmischung, die in der Eisdiele nur noch mit Wasser und Milchpulver verrührt und dann in die Maschine gegeben wird. Verräterisches Zeichen dafür: professionell gestanzte
Schildchen mit dem Sortennamen. Denn die oft vor Stolz auf ihre Tradition fast platzenden Inhaber fertigen diese Schilder in der Regel nicht selber an – sondern sie liegen den gelieferten Fertigmischungen bei.
Die gute Nachricht ist: Es gibt noch ein paar Eismacher, auf die der Name auch tatsächlich zutrifft, weil sie Eis wirklich machen und eben nicht nur zusammenrühren – tendenziell daran erkennbar, dass die Zahl der Sorten eher überschaubar ist. Ein weiteres Indiz: Eis, das tatsächlich mit frischen Früchten zubereitet ist, leuchtet nie so bizarr grell aus der Theke. Echtes Bananeneis zum Beispiel neigt dazu, ein wenig grau zu erscheinen, echtes Erdbeereis ist eher blass. Am besten, Sie probieren es selbst mal aus: Das geht von sehr simpel bis äußerst raffiniert: Angefangen bei den Römern, die einst Schnee mit Honig vermengten – was einer sogenannten Granita nicht unähnlich ist – bis zum exklusiven Eiskonfekt, das die Künste des Konditors mit denen des Eismachers vereint.
Ein wirklich ausgezeichneter, weil einfach nachzuvollziehender Wegweiser durch die Welten gefrorener Köstlichkeiten ist die im Christian-Verlag erschienene „Eis-Bibel“von Yüksel Saier. Die Frau kommt aus der Praxis und ist durch ihren beruflichen Alltag sozusagen mit allen eisigen Wassern gewaschen. Sie erklärt in ihrem Buch sehr anschaulich in nicht misszuverstehenden Schrittfür-Schritt-Anleitungen in 100 Rezepten, worauf es beim Eismachen ankommt. Den verschiedenen Grundtechniken sind jeweils eigene Kapitel gewidmet, die wiederum ohne viele Worte die Prinzipien erklären – also etwa den Unterschied zwischen der Zubereitung mit oder ohne Eismaschine.
Keine Eismaschine zu haben, ist aber letztendlich schon fast fahrlässig, denn nur mit ihr lässt sich der Traum vom echten, zarten Schmelz zu Hause verwirklichen. Günstige Modelle, die mit einem separaten Kühlakku arbeiten, gibt es schon ab 30 Euro. Für 150 Euro und mehr gibt es Geräte, die über einen eigenen Kühlkompressor verfügen.
Kompromiss mit höherem Fettgehalt: Das Parfait, also ein sogenanntes Halbgefrorenes, wofür es gar keine Maschine braucht. Die Grundmasse dafür basiert auf einer Emulsion aus Sahne, Eigelb und Zucker, die im Buch wie alle anderen Grundmassen auch in Bildern genau nachgezeichnet ist. Darüber hinaus zeigt der Band Varianten ohne Ei sowie veganes Eis. Neben Klassikern wie Vanille oder Erdbeer tummeln sich auch exotische Varianten wie Mandel-Feige oder Whiskey auf den 320 verführerisch von Christian Reinhardt fotografierten Seiten.
Buchtipp: Die Eis-Bibel: Eis, Sorbets, Parfaits, Frozen Desserts.
100 kreative Eis-Rezepte. Christian-Verlag, 320 Seiten gebunden, 39,99 Euro.