Schalker Selbstkritik
Der taumelnde Bundesligist bittet Fans um Vergebung
(dpa) - Die Ära nach Clemens Tönnies begann mit einem Wolkenbruch. Nach dem Rücktritt des allmächtigen SchalkeBosses goss es am Mittwoch über Gelsenkirchen wie aus Kübeln, als wollte eine höhere Kraft dem sportlich wie wirtschaftlich schwer angeschlagenen FC Schalke 04 zeigen, wie es weitergeht: Düster und ungemütlich. Es stehen schwere Zeiten an. „Träumen dürfen wir nicht mehr“, sagte Sportchef Jochen Schneider, Marketing-Vorstand Alexander Jobst meinte: „Dieser Tag ist eine Zäsur für den FC Schalke 04.“
Demütig und fast flehentlich bat der verbliebene Vorstand nach dem Aus von Finanzchef Peter Peters die riesige Fangemeinde um Vergebung. „In den vergangenen Monaten hat Schalke ein miserables Bild abgegeben. Wir wissen, dass wir sehr viel Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt haben“, räumte Jobst ein und meinte damit neben dem sportlich beispiellosen Absturz in der Rückserie mit 16 sieglosen Spielen am Stück – so etwas hatte es zuvor auf Schalke noch nie gegeben – Fehler im Umgang mit den Fans und Angestellten. Den Fans wurde bei bereits verkauften Tickets zunächst keine Möglichkeit der Rückerstattung gegeben, später die Angabe von „Härtefällen“zur Begründung dafür eingefordert. Zudem wurden geringfügig beschäftigten, langjährigen Fahrern von Jugendspielern gekündigt. „Wir haben Fehler gemacht, für die wir uns entschuldigen möchten“, sagte Jobst.
Fehler vom bisherigen SchalkeBoss Tönnies nannte er nicht. Der 64 Jahre alte Fleisch-Unternehmer war nach Protesten am Dienstag zurückgetreten. Die als rassistisch eingestuften Äußerungen im Vorjahr und die Vorgänge und Arbeitsbedingungen
in seinem Betrieb in Rheda-Wiedenbrück samt eines Corona-Ausbruchs dort hatten sein Ansehen sinken lassen. Zu Tönnies und Peters wollten Jobst und Schneider aber nichts Negatives sagen. Indirekt taten sie es mit Blick auf die Finanzen dann doch. Jobst sprach vor wenigen Monaten von einer „existenzbedrohenden Situation“, nachdem das Minus im Geschäftsjahr 2019 – vor Corona – schon knapp 200 Millionen Euro betragen hatte.
Mit riskanten Finanzdeals soll nun Schluss sein. „Bei der Wette in die Zukunft haben wir in den letzten Jahren die Wette mehrfach verloren“, gestand Jobst. In den vergangenen vier Jahren verpasste S04 dreimal den Europacup. „Wir müssen jetzt die Stopptaste drücken“, sagte der 46-Jährige. Verkürzt heißt das: Gehälter runter, Etat runter, Ansprüche runter. Ob es die Gehaltsobergrenze für Spieler von 2,5 Millionen Euro, über die die „Süddeutsche Zeitung“berichtet hatte, künftig gibt, blieb offen. Auch zur Bürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, die der Club für einen Kredit von bis zu 40 Millionen Euro beantragt haben soll, gab es nur Andeutungen. „Das werden wir kommunizieren, wenn wir Fakten geschaffen haben“, sagte Jobst.