Für Testmuffel kann es teuer werden
Wer sich der Testpflicht ab Samstag verweigert, muss bis zu 25 000 Euro zahlen
- Nun kommt die Pflicht: Wer aus einem Risikogebiet nach Deutschland einreist, muss sich ab Samstag auf eine Coronainfektion testen lassen. Das hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag in Berlin angekündigt. Zuständig für die Umsetzung seien die Länder. Das bayerische Gesundheitsministerium hat bis Redaktionsschluss alle Anfragen unbeantwortet gelassen. Was die neue Regelung für Baden-Württemberg bedeutet im Überblick:
Welche Länder gelten als Risikogebiete?
Zum Teil sind dies Länder, zum Teil lediglich Regionen – wie etwa Aragón, Katalonien und Navarra in Spanien. Das Robert-Koch-Institut führt auf seiner Homepage eine Liste der betroffenen Gebiete, die stetig aktualisiert wird. Die Pflicht gilt laut einer Sprecherin von Südwest-Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) auch für Einreisende, die nicht in Deutschland wohnen.
Wo können sich Reiserückkehrer ab Samstag testen lassen?
„Zunächst war es uns wichtig, schnell Testmöglichkeiten an den Flughäfen zu schaffen, da hier die meisten Reisenden aus Risikogebieten ankommen“, so Luchas Sprecherin. An den Flughäfen Stuttgart und Friedrichshafen gibt es die schon. Am Baden-Airpark bei Baden-Baden soll ein Zentrum am Samstag seine Arbeit aufnehmen, wie der Betreiber auf Anfrage sagt. Laut Sozialministerium werden zudem Testzentren am Stuttgarter Hauptbahnhof und an der Raststätte NeuenburgOst an der A 5 nahe der Grenze zur Schweiz aufgebaut, die kommende Woche ihren Betrieb aufnehmen sollen.
Die Corona-Lenkungsgruppe des Landes hatte bereits Ende Juli weitere Testzentren für die Bahnhöfe in Karlsruhe sowie Freiburg oder Basel geplant. Die Hauptbahnhöfe Ulm und Mannheim seien in Prüfung. Weitere Zentren sind demnach für Raststätten an der A 5 (Brachfeld Ost), A 7 (St. Jakob), A 8 (Kemmental) und A 81 (Räthisgraben) angedacht.
„Die Teststationen stellen im Übrigen nur ein zusätzliches Angebot dar“, sagt Luchas Sprecherin und verweist auf Corona-Abstrichzentren, Schwerpunktpraxen und Hausärzte. Eine Terminvereinbarung sei nötig, im Zweifel helfe die Terminservicestelle der Kassendeutschland ärztlichen Vereinigung bundesweit unter der Telefonnummer 116 117.
Was kosten die Tests?
Nichts. Laut Bundesgesundheitsminister Spahn dürften die Tests nicht „zu einer sozialen Frage“werden. An dieser Haltung gibt es auch Kritik – etwa von seinem Parteifreund Manuel Hagel, Generalsekretär der Südwest-CDU. „Wer in ein Gebiet reist, das schon vor der Abreise als Risikogebiet eingestuft war, muss den notwendigen Corona-Test auch selbst bezahlen!“, erklärte Hagel auf Facebook. „Die Allgemeinheit darf hier nicht die Zeche zahlen müssen.“Die Mehrheit der Menschen in Süd
gibt Hagel recht. Etwa drei Viertel der Bayern und BadenWürttemberger hielten es nach einer Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der „Schwäbischen Zeitung“vom Juli für angemessen, wenn die Reisenden die Kosten selbst trügen.
Wie streng wird die Testpflicht kontrolliert?
Gar nicht. „Die Verantwortung für die Testpflicht liegt bei den Bürgerinnen und Bürgern, nicht beim Staat“, erklärt etwa Luchas Sprecherin. Sie verweist aber auch darauf, dass Bußgelder drohten, wenn der Pflich t nicht nachgekommen werde.
Welche Bußgelder drohen Testmuffeln?
Laut der Sprecherin des Sozialministeriums handelt es sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit. Die Geldbuße kann teuer werden – sie kann bis zu 25 000 Euro betragen.
Haben die Gesundheitsämter ausreichend Mitarbeiter?
Nein. Das ist unter anderem deshalb problematisch, weil sie für die Kontaktverfolgung bei Corona-Infektionen zuständig sind. Von den 421,5 Stellen für Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst im Südwesten ist laut Sozialministerium aktuell jede zehnte Stelle vakant. Zur Stärkung der Ämter hat die grün-schwarze Landesregierung beschlossen, insgesamt 205 neue Stellen zu schaffen – unter anderem 81 für Ärzte in den Stadt- und Landkreisen. Gibt es nicht genügend geeignete Bewerber, sollen auch andere Berufsgruppen wie Biologen in Betracht kommen.
Warum herrscht bei den Gesundheitsämtern Ärztemangel?
„Wir haben weiter die Schwierigkeit, dass wir weniger zahlen als andere“, sagt Brigitte Joggerst, Vorsitzende des baden-württembergischen Ärzteverbands des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Mediziner, die nicht mehr in Kliniken oder Praxen arbeiten möchten, entschieden sich deshalb eher für eine Stelle beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder bei der Rentenversicherung. Auch Alexis von Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, plädiert schon lange für eine bessere Entlohnung der Beamten und Angestellten im öffentlichen Gesundheitsdienst. Zudem wünscht er sich, dass es fürs Medizinstudium eine Quote gibt – wie sie gerade für Landärzte eingeführt wird. Zumindest bei der Bezahlung ist Besserung in Sicht. Bundesminister Spahn kündigte am Donnerstag an, dass der „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“von Bund und Ländern zum September in Kraft treten soll. Mehr Geld für die Ärzte in Gesundheitsämtern sei ein Teil davon. Deren Landesvorsitzende Joggerst freut dies. Dass es die Attraktivität des Jobs steigert, hoffe sie. „Wir sind alle weiterhin sehr erschöpft, machen so viele Überstunden, dass ich nicht sicher bin, ob wir gerade jetzt attraktiv sind“, sagt Joggerst. Auf der anderen Seite könne sie sich auch vorstellen, dass die Pandemie die Wichtigkeit der Arbeit sichtbar macht und mögliches Interesse weckt.