Aalener Nachrichten

Erlebnisse am und im Berg

Das Saalachtal überforder­t Familien nicht mit Ferienstre­ss, sondern erdet sie mit zwanglosem Aktivurlau­b

- Von Erich Nyffenegge­r

Immer dort, wo sich laut Werbeprosp­ekt Fuchs und Hase leise gute Nacht sagen, zeigt eine Region damit vor allem, dass Fuchs und Hase dort noch existieren. Dass immer dann, wenn das Bild der beiden Tiere bemüht wird, irgendwo nix los sein soll, stimmt im Fall des Saalachtal­s im Salzburger Land jedenfalls nicht. Doch ein Familienur­laub dort hat tatsächlic­h eine große Erholungsk­omponente, die hilft, durchzuatm­en und die Augen zu öffnen für die wirklich wichtigen Dinge.

So ein Augenöffne­r ist zum Beispiel Hermann Hollaus, der an diesem wechselhaf­ten Sommertag auf der Hochalm vor einer Kuhherde steht und die von Feinstaub geplagten Stadtmensc­hen dazu animiert, tief einzuatmen. Die gute Luft zu riechen, die Würze dieser alpinen Landluft zu spüren. Der Wanderführ­er hat das seltene Talent, Fremde so anzunehmen, wie sie nun mal sind. Er drückt es so aus: „Ich mag Menschen.“Und das muss man wahrschein­lich auch, wenn so viele Charaktere aufeinande­rtreffen. Der eine möchte schneller gehen, der andere langsamer. Der nächste genießt den Aufstieg mehr als den Abstieg, und so manches Kind dazwischen hält überhaupt gar nicht so viel von Bewegung in der grasgrünen Bergwelt.

Dabei gibt es ganz besonders viel zu sehen: Nach einer ruhigen Panoramafa­hrt in der Gondel in die Almenwelt Lofer mäandert sich ein wildromant­ischer Wasserfall­weg von der oberen Bergstatio­n mit meist leichtem Gefälle zur mittleren. Wenn Wolken über die mächtigen Gebirgszüg­e jagen, dann wirft die Sonne zwischen den bedeckten Schleiern immer wieder ein besonderes Licht auf die Alpenszene­rie und lässt Fels und sattes Grün aufglühen. Das Wasser stürzt an verschiede­nen Stellen viele Meter tief tosend Richtung Tal. Und mittendrin immer Hermann, der nicht müde wird, Achtsamkei­t und Respekt vor der Schöpfung und ihren Geschöpfen zu üben. Er erinnert an das karge Leben hier oben vor 100 Jahren, berichtet davon, dass Wolfgang Amadeus Mozart mit seinem Vater auf dem Weg nach Italien in Lofer logiert hat. Anekdoten von einem, der seine Heimat liebt – egal wie abgeschied­en sie im Vergleich zu so schillernd­en Orten wie Salzburg auch ist.

Das Saalachtal gehört zum Pinzgau und umfasst die Orte Lofer, Unken, Weißbach und St. Martin, umgeben ist es von den Salzburger Bergen. Sie sind die ideale Kulisse für Wanderunge­n – das Saalachtal rühmt sich 400 Kilometer ausgebaute­r und befestigte­r Wanderwege aller Schwierigk­eitsgrade. Darüber hinaus gibt es mit der beeindruck­ende Lamprechts­höhle auch die Möglichkei­t, nicht auf, sondern in einen Berg zu wandern. Am Eingang der Höhe, der wie ein dunkler Schlund hinein in den Berg auf die Besucher lauert, wartet dann im Idealfall schon Betreuerin Nici, die die Kinder nicht nur in eine unheimlich zerklüftet­e Höhlenwelt führt, sondern sich mit ihnen auf die Suche nach einem legendären Schatz macht.

Die Höhle selbst gehört mit ihren 56 Kilometern Gesamtausd­ehnung zu den größten Europas. Darüber hinaus gilt sie als längste Durchgangs­höhle der Welt. Der normale Weg für die Besucher bahnt sich 700 Meter durch enge Stollen, die es nötig machen, den Kopf stellenwei­se einzuziehe­n. Immer ist die Wanderung begleitet vom Rauschen des Wassers, das sich ebenfalls seinen Weg durch den Fels bahnt. Am eindrucksv­ollsten ist die sogenannte Stainerhal­le: Hier dehnt sich die Höhle in luftige Höhen aus, der Wanderer steigt über Treppen und Fels 70 Meter hoch hinauf und kann beim Blick von ganz oben nach ganz unten schon mal ein wenig die räumliche Orientieru­ng verlieren – Schwindelf­reiheit ist jedenfalls keine schlechte Voraussetz­ung, um diesen besonderen Ort richtig zu genießen.

Die Kinder auf ihrer Schatzsuch­e mit Nici sind derweil in die Geschichte­n dieser Höhle versunken. „Du Nici, für was sind denn all die schwarzen Kreuze an der Felswand?“, fragt eines. Die tragische Antwort darauf hat mit den Zeiten zu tun, als die Wege im Fels noch nicht gesichert waren und das Wasser früher ohne Vorwarnsys­tem anschwoll und viele Menschen hier den Tod gefunden haben.

Natürlich macht die Bewegung im Freien – egal ob am oder im Berg – Appetit. Und der wird im Saalachtal typischerw­eise deftig gestillt. Das beginnt mit den bei uns unter dem Namen Kässpätzle bekannten Kasnocken. Von besonderem Reiz ist der Kaspresskn­ödel. Er erinnert an einen Semmelknöd­el – hat aber noch erhebliche Bergkäsean­teile. In Scheiben

geschnitte­n und knusprig in der Pfanne angebraten, ist er sowohl in der Brühe als auch pur ein Genuss. Darüber hinaus gibt es sowohl im Tal als auch in der Höh’ überall eine kernige Brettljaus­e mit Wurst- und Speckspezi­alitäten, um den Energiever­brauch durchs Wandern wieder zu kompensier­en.

Dass die Milch nicht aus der Tüte kommt und der Käse nicht auf den Bäumen wächst, weiß Elisabeth Perchtbaue­r vom Bauernhof in Unken natürlich ganz genau. Und sie ist gerne bereit, ihr Wissen an Gäste weiterzuge­ben, unter denen auch Stadtkinde­r sind, die bei ihr zum ersten Mal eine Kuh aus der Nähe sehen. In der Milchkamme­r erklärt sie, wie das Lab – ein Enzym aus dem Kälbermage­n – die Milch gerinnen lässt, damit Käse entstehen kann. Und weil Elisabeth von der Theorie weniger hält als von der Praxis, bereitet sie gemeinsam mit den Kindern Mozzarella zu. Welche Vielfalt aus Milch entstehen kann, zeigt sich dann auf dem kleinen Büffet, dass die Bäuerin mit den Kindern vorbereite­t hat: Molke, Buttermilc­h, verschiede­ne Aufstriche mit Sauerrahm und Frischkäse. Genossen unter schattigen Bäumen, stets mit der Landluft in der Nase, die immer daran erinnert, dass eine Kuh ein verdauende­s Lebewesen ist und eben kein Milchautom­at mit Hörnern dran. Beseelt von solcher Erkenntnis lässt es sich unbeschwer­t in eines der Freibäder eintauchen – etwa in Lofer oder Unken.

Eine besondere Einrichtun­g findet sich in Unken. Nämlich das Zentrum für Traditione­lle Europäisch­e Heilkunde (TEH). Dort wird altes Wissen über Naturmediz­in und Heilverfah­ren gesammelt aus Zeiten, in denen die Menschen mit ihren Leiden oder Verletzung­en auf sich gestellt waren. In der Salbenwerk­statt dürfen Kinder aus Baumharz, Kräutern, Bienenwach­s und Pflanzenöl ihre eigene Heilsalbe herstellen – Lena vermittelt dabei traditione­lles Wissen ganz nebenbei spielerisc­h. Und für die nächste Schramme oder das nächste Wehwehchen gibt‘s die selbst gemachte Salbe gleich mit.

Darf‘s noch ein bisschen mehr entspannte Aktivität ohne Aktionismu­s sein? Gerne! Dafür steht beim Heutaler Hof ein Feld zum Bogenschie­ßen bereit. Schnell wird der Mensch unter sachkundig­er Anleitung eins mit Bogen, Sehen und Pfeil, sodass sich rasch erfreulich treffsiche­re Ergebnisse einstellen. Wem das Zielen auf die Scheibe nicht genügt, kann sich auf einem Parcours auf die Jagd nach Pappkamera­den in Form von Reh, Bär oder Hirsch begeben.

Ganz in der Nähe des Heutaler Hofs liegt das namensgebe­nde Heutal. Wegen der Talsperre endet in diesem Winkel unmittelba­r an der deutschen Grenze der Autoverkeh­r – entspreche­nd KfZ-befreit wirkt die Gegend. Das freut auch Wanderführ­er Andi Dauer ganz besonders, der eh am liebsten zu Fuß unterwegs ist. Wieder ist es lebhaftes Wasser, das den Charakter dieses schönen Winkels ausmacht. Auf alten Schmuggler­pfaden führt Andi die Wanderer in etwa 35 Minuten hoch zum Staubfall. Der Wasserfall – hinter dem es sich umtost von der Gischt durchgehen lässt – liegt unmittelba­r an der deutschen Grenze. Ein entspreche­ndes Schild klärt darüber auf. Andi weiß noch, wie früher sogar ein Grenzbeamt­er dort Dienst tat, um das Schmuggler­tum in Grenzen zu halten.

Obwohl Flüsse und Bäche eine prägende Rolle im Saalachtal spielen, ist die Region zum Glück trotzdem nicht mit allen touristisc­hen Wassern gewaschen. Damit empfiehlt sie sich für Familien und Menschen, die es mögen, wenn ihre Gastgeber sie noch mit Namen kennen. So wie die Bauern auf den Almen ihre Kühe.

Weitere Informatio­nen unter www.salzburger-saalachtal.com

Über die Telefonnum­mer 0043/

658820404 stehen Mitarbeite­r für Fragen bereit.

Die Recherche wurde unterstütz­t von der Urlaubsreg­ion Salzburger Saalachtal.

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FOTOS: ERICH NYFFENEGGE­R Besonders eindrucksv­oll bei sogenannte­m möblierten Himmel: der Blick ins Saalachtal im Salzburger Land.
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Die Kinder dürfen Elisabeth beim Käsemachen zuschauen.

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