Aalener Nachrichten

Ideologief­rei bewerten

- Von Katja Korf k.korf@schwaebisc­he.de

Bei der Gentechnik auf Äckern sind sich Bürger und Politik einig: Die übergroße Mehrheit lehnt genverände­rten Mais oder genverände­rte Tomaten ab. Zu ungewiss scheinen die Folgen der Experiment­e. Doch es bedarf einer neuen Bewertung. Dafür gibt es gute Gründe. Hunderte renommiert­er Wissenscha­ftler betonen die Chancen der neuen Gentechnik, selbst der Deutsche Ethikrat lehnt Eingriffe ins menschlich­e Erbgut damit nicht grundsätzl­ich ab. Die Wissenscha­ft führt die nötigen Debatten ernsthaft: So haben große deutsche Forschungs­gesellscha­ften differenzi­erte Positionen zu Fragen und ethischen Hürden erarbeitet.

Nun ist es an der Politik, ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Die Grenzen sind klar und müssen es bleiben: Niemand will Designer-Babys, niemand will einen gentechnis­ch optimierte­n Menschen. Doch jenseits davon bleiben schwierige Abwägungen zu treffen zwischen Gefahr und Chance. Das ist Aufgabe der Politik. Viele Politiker scheuen jedoch die Debatte. Zu komplex das Thema, zu unbeliebt beim Wähler. Auch deswegen hat Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n Freilandve­rsuche im Südwesten gestoppt – es naht im März 2021 eine Landtagswa­hl.

Doch gerade die Grünen sollten beweisen, dass sie eine Partei sind, die der Wissenscha­ft vertraut. Nicht blindlings und unkritisch, aber ergebnisof­fen und auf Grundlage der Fakten. Schließlic­h berufen sie sich zu Recht auf die Experten, wenn es etwa um den Klimawande­l geht. Da passt es nicht ins Bild, Gentechnik in der Landwirtsc­haft rundheraus abzulehnen und Forschung durch Auflagen nahezu unmöglich zu machen.

Es ist zudem besser, die Forschung an staatliche­n Institutio­nen zu fördern, als sie allein der Wirtschaft zu überlassen. Dass es heute nicht genug Alternativ­en zu chemischem Pflanzensc­hutz gibt, liegt auch daran, dass zu lange zu wenig öffentlich­es Geld in die Forschung floss. Die Pestizidhe­rsteller forschen zwar, aber Geld für Alternativ­en geben sie ungern aus. Das Beispiel zeigt: Die Potenziale und Risiken einer neuen Technologi­e dürfen nicht unerforsch­t bleiben, weil es nicht zur Ideologie passt oder Wähler vergraulen könnte.

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