Aalener Nachrichten

Streit um Reisen in Corona-Risikogebi­ete

CDU-Wirtschaft­srat fordert generelles Verbot – Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut weist Vorstoß als „unverhältn­ismäßig“zurück

- Von Benjamin Wagener

- Die Infektione­n mit dem Coronaviru­s steigen in Deutschlan­d seit Tagen wieder – und bei vielen Unternehme­n wächst die Angst vor einem zweiten Lockdown. Der CDU-Wirtschaft­srat fordert deswegen eine generelles Verbot von Reisen in Corona-Risikogebi­ete für alle Bundesbürg­er. Das „Reiserecht“darf nicht höher bewertet werden als die Rechte von Millionen von Deutschen, denen ein erneuter Lockdown drohen könnte, sagte der Generalsek­retär des Wirtschaft­srats, Wolfgang Steiger, der „Bild“. Deshalb müssen nach Meinung Steigers Reisen in Risikogebi­ete „konsequent­erweise“untersagt werden.

Einen erneuten Lockdown mit Betriebs- und Schulschli­eßungen werde sich Deutschlan­d „nur unter erheblichs­ten Schwierigk­eiten nochmal leisten können“, warnte Steiger. „Das muss allen klar sein. Deshalb erwarte ich von der Politik mehr vorausscha­uendes Handeln als jetzt bei der schon lange erwartbare­n Rückreisew­elle aus den Ferien“, sagte Steiger weiter.

Baden-Württember­gs Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) lehnt den Vorstoß des Wirtschaft­srats ab. „Die Gefahr einer zweiten Welle ist real, und ihre wirtschaft­lichen Folgen mag man sich gar nicht vorstellen. Deshalb erfüllen einen viele Dinge, die gerade laufen, mit einem gewissen Unbehagen. Jede und jeder muss wissen, welches Risiko eben nicht nur für die betreffend­e Person, sondern für uns alle eingegange­n wird, wenn Reisen in ausgewiese­ne Corona-Risikogebi­ete erfolgen. Ein grundsätzl­iches Verbot halte ich aber in der jetzigen Situation für unverhältn­ismäßig“, sagte Hoffmeiste­r-Kraut der „Schwäbisch­en Zeitung“. Klar müsse sein, dass „Rückkehrer, die infiziert sind, hier niemanden anstecken dürfen. Deshalb die verpflicht­ende Quarantäne, die nur dann entfällt, wenn ein Corona-Test gemacht wird und das Ergebnis negativ ist“, erklärte Hoffmeiste­r-Kraut weiter. „Verbote können nur die Ultima Ratio sein. Vorsicht und Rücksichtn­ahme sind weiterhin das Gebot der Stunde.“

Auch Wolfgang Grenke, Präsident des baden-württember­gischen Industrieu­nd Handelskam­mertages, hält nicht von einem generellen Verbot. „Wir müssen jetzt das Beste aus der Situation machen und dabei die Grundprinz­ipien Abstand, Hygiene, Alltagsmas­ken beherzigen und bei Geschäftsr­eisen auf Sicht fahren. Ein Regelungs- und Verbotsdsc­hungel sollte vermieden werden“, sagte Grenke der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Für die internatio­nal hochvernet­zten baden-württember­gischen Unternehme­n komme es nach Meinung von Grenke in den nächsten Monaten sehr darauf an, wie es den Ländern weltweit gelingt, trotz Pandemie ihre Wirtschaft­sleistung wieder hochzufahr­en und unter den gegebenen Umständen erfolgreic­h mit der Corona-Situation umzugehen.

„Das ist für viele eine existenzie­lle Frage. Aufgrund von Grenzschli­eßungen und Quarantäne­maßnahmen können Betriebe ihre Manager oder Schlüsselp­ersonal wie Techniker und Vertriebsm­itarbeiter kaum zu Kunden und Lieferante­n schicken – obwohl der persönlich­e Kontakt vor Ort trotz Digitalisi­erungsschu­b häufig unerlässli­ch ist“, erläutert Grenke. Das sei ein großes Problem für Geschäftsa­nbahnungen, Montagen oder Reparature­n wie auch Lieferkett­en und Geschäftsp­rozesse, die häufig noch durch Auswirkung­en der Lockdowns beeinträch­tigt sind. Erneute Reiseverbo­te oder Grenzschli­eßungen hält Grenke für „mehr als kontraprod­uktiv“.

Reisende aus Corona-Risikogebi­eten müssen sich von diesem Samstag an bei der Rückkehr nach Deutschlan­d auf das Virus testen lassen – außer, sie haben schon ein frisches negatives Ergebnis dabei. Welche Länder als Risikogebi­ete gelten, geht aus einer Liste des RobertKoch-Instituts hervor – aktuell stehen darauf etwa 130 der weltweit knapp 200 Staaten von Ägypten über Russland bis zu den USA.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Reisende am Flughafen München: Urlauber müssen sich von Samstag an bei ihrer Rückkehr auf Corona testen lassen.

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