Von Bayern nach Italien
Die Klavierkonzerte und eine Messe des Mozart-Zeitgenossen Johann Simon Mayr sind Raritäten
Die belgisch-israelische Pianistin Edna Stern stellt ihr eminentes Können nicht nur in den Dienst kanonisierter Musik von Bach, Mozart, Beethoven oder Brahms, sondern widmet sich mit demselben Ernst und Engagement immer wieder auch Kompositionen unbekannter Meister. Nach gründlicher Ausbildung in Tel Aviv bei dem NeuhausSchüler Viktor Derevianko und in Basel bei Krystian Zimerman entdeckte sie auf Anregung von Andreas Staier ihre Begeisterung für das Fortepiano. Davon zeugen nicht zuletzt ihre kongenialen Einspielungen von Werken Galuppis, C.P.E. Bachs oder der Clementiund Dussek-Schülerin Hélène de Montgeroult.
Gemeinsam mit dem von Ruben Gazarian geleiteten Georgischen Kammerorchester hat Stern nun die beiden Klavierkonzerte von Johann Simon Mayr aufgenommen. Das Album lässt diese frühklassischen, ebenbürtig neben Beiträgen Mozarts stehenden Perlen der Gattung im Licht vollendeter Interpretationskunst erstrahlen. Sterns liebevolle Darbietungen zelebrieren melodische Grazie, setzen aber auch opernhafte Dramatik in Szene. Das in Ingolstadt residierende Ensemble ehrt den Genius loci – Johann Simon Mayr wurde 1763 in der Nähe geboren – mit kultiviertem Spiel, reichen Farbschattierungen und bezauberndem Charme. Als passende Einleitung erklingt die Sinfonie Nr. 25 C-Dur von Mayrs Vorbild Joseph Haydn.
Seit Jahrzehnten setzt sich der in Ingolstadt wirkende, an der Musikhochschule in München lehrende Dirigent Franz Hauk für die Musik Mayrs ein. Mit dem 2003 von ihm gegründeten Simon Mayr Chorus und dem OriginalklangOrchester Concerto de Bassus hat er zahlreiche längst in Vergessenheit geratene Partituren des Komponisten
wiederbelebt und auf Tonträger aufgenommen.
Mayr war schon in jungen Jahren von Bayern nach Italien gezogen und hatte sich Bergamo zu seiner neuen Wahlheimat erkoren, wo bald auch der dort geborene, später mit Opern erfolgreiche Gaetano Donizetti zu seinen Schülern zählte. Der greise Mentor selbst starb 1845 in der neuerdings durch Corona zu trauriger Berühmtheit gelangten Stadt. Zwei Jahre vor seinem Tod schrieb er noch eine große Messe. Hauk hat das sehr italienische Sakralwerk rekonstruiert und mit seinen Ensembles aufgeführt. Ein Mitschnitt des verdienstvollen Konzerts ist jetzt erstmals erschienen.
Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 25; Edna Stern (Klavier); Georgisches Kammerorchester, Ruben Gazarian; ARS 38 294 (Vertrieb: Note 1)
Dorota Szczepánska, Johanna Krödel, Markus Schäfer, Daniel Ochoa; Simon Mayr Chorus, Concerto de Bassus, Franz Hauk; Naxos 8.574057