Wirte sind derzeit zufrieden, doch der Winter kommt
Bombiges Wetter hilft Gastronomen in Corona-Zeiten – Die Angst, wie es nach dem Sommer weitergeht, ist jedoch groß
„Das Damoklesschwert Corona wird noch lange über der Gastronomie hängen“,
sagt Stefanie Winter.
- Nach einer zweimonatigen Durststrecke während des Lockdowns und Anlaufschwierigkeiten seit der Wiedereröffnung kann die Aalener Gastronomie wieder aufatmen. Abgesagte Veranstaltungen sowie ein bombiges Sommerwetter spielen den Gastronomen sogar in die Karten. Der Großteil der Wirte ist bislang mit dem Umsatz zufrieden. Auch die Umsetzung der Corona-Auflagen sei mittlerweile zur Routine geworden. Die Angst, wie es allerdings im Herbst oder gar im Winter weitergeht, ist groß. Um auch in dieser Zeit über die Runden zu kommen, tüfteln einige Gastwirte bereits Konzepte aus und hoffen auf die Unterstützung der Stadt Aalen.
In der Anfangszeit ist der Betrieb eher schleppend gelaufen, sagt Michael Wiedenhöfer, Inhaber der Waldstube Eichenhof. Mit den steigenden Temperaturen würden aber allerdings wieder vermehrt Gäste den Weg zu ihm finden und vor allem den großen, zum Restaurant gehörenden Biergarten nutzen. Darunter seien auch viele Radfahrer und Urlauber von auswärts, die die Sommerferien in der Region verbringen und wegen der Sehenswürdigkeiten der Stadt Aalen hierher kommen. Auch daheimgebliebene Aalener würden mit ihrer Familie vermehrt zum Essen kommen. Nicht mehr so stark frequentiert würde in Zeiten von Kurzarbeit und Homeoffice das Angebot des Mittagstisches allerdings von Geschäftsleuten.
Der Umgang mit den Hygiene- und Abstandsregeln sei mittlerweile Usus. An diesen werde ein Betrieb des Lokals langfristig nicht scheitern. Angst hat Wiedenhöfer allerdings davor, dass die Zahl an Corona-Infizierten nach den Sommerferien und angesichts der Urlaubsrückkehrer ansteigt, die Menschen ängstlicher werden und sich nicht trauen, ins Lokal zu kommen. Um diesem Risiko vorzubeugen, will er bis weit in den Herbst seine Außengastronomie bewirtschaften und unter anderem mit Heizstrahlern dafür sorgen, dass die Gäste auch bei niedrigeren Temperaturen draußen sitzen können.
Schwarz sehe er allerdings mit Blick auf die Havanna Bar. Die Öffnungszeiten habe er bereits jetzt schon auf drei Tage reduziert. Wenn die Außengastronomie in den kühleren Monaten wegfällt, breche der Umsatz um ein Dreiviertel ein. Wie es dann mit der Havanna Bar weitergehen soll, weiß Wiedenhöfer derzeit nicht.
„Das Damoklesschwert Corona wird noch für lange Zeit über der Gastronomie hängen“, sagt Stefanie Winter, Inhaberin des Café Podium. Momentan
laufe es dem Umständen entsprechend gut. „Derjenige Gastronom, der nach dem Lockdown jammert, jammert auf hohem Niveau.“Viele Besucher hätten vor allem den Biergarten für sich entdeckt. „Hier scheinen sie sich noch sicherer zu fühlen als im Außenbereich vor dem Lokal zum Marktplatz hin“, sagt Winter. Doch was ist, wenn der Sommer vorbei ist? Diese Frage beschäftigt auch die Gastronomin. Bereits jetzt schon würden bei regnerischem Wetter weniger Besucher den Weg zu ihr finden. 90 Prozent an älteren Stammgästen würden selbst bei Sonnenschein nicht mehr kommen. Die Angst, sich zu infizieren, sei bei diesen nach wie vor groß.
Um angesichts eines drastischen Anstiegs an Covid-19-Infizierten und eines möglichen zweiten Lockdowns gewappnet zu sein, arbeiten 30 Prozent ihrer Mitarbeiter nach wie vor im Kurzarbeitermodus. Auch an der seit Corona aufgelegten kleineren Speisekarte halte Winter fest, um im Falle eines Falles mit weniger Personal arbeiten zu können. Solange es möglich ist, will sie auch die Außengastronomie bespielen, parallel dazu aber auch den Innenbereich des Lokals coronagerecht herrichten, damit sich Gäste in den Herbst- und Wintermonaten auch ins Innere trauen. Trennwände, die sie zwischen den Tischen aufstellen möchte, habe sie bereits bestellt. Zudem habe sie die Idee, den Biergarten in einen Wintergarten mit integriertem kleinen Weihnachtsmarkt zu verwandeln.
Ein Konzept, wie das Reichsstädter Café auch angesichts der anstehenden
Wintermonate wirtschaftlich betrieben werden kann, haben auch die Inhaber Markus Schäffler und Björn Ulrich bereits ausgeheckt. Verraten wollen sie dieses allerdings noch nicht. Wer die beiden Gastronomen jedoch kennt, weiß, dass sie stets für eine Überraschung gut sind. Ihre Kreativität haben sie bereits unter Beweis gestellt, als sie innerhalb kürzester Zeit hinter dem Reichsstädter Café einen Privatstrand ins Leben gerufen haben, der bei den Gästen mehr als gut ankomme. „Als Gastronom musst du immer Ideen haben, sonst kommst du nicht durch die schwere Zeit“, sagt Ulrich. Mit dem Umsatz seien er und Schäffler zufrieden. „Und wir wollen weiterhin positiv in die Zukunft schauen.“Der Verwaltungsaufwand sei angesichts des von den Gästen auszufüllenden Kontaktformulars allerdings immens. Auch die Kontrolle, ob die Gäste den Abstand einhalten, zehre an den Nerven. „Schließlich wollen wir alles richtig machen und sind froh, dass unser Publikum diesbezüglich mitzieht“, sagt Schäffler.
Keinen Grund zur Klage hat derzeit auch Benjamin Landes, Geschäftsführer des Hobel. Im Innenbereich hat die Kultkneipe in der Helferstraße nach wie vor geschlossen, „da wir hier den geforderten Abstand nicht gewährleisten können“. Im Außenbereich laufe das Geschäft aber gut. Um wetterunabhängig zu sein, hat der Gastronom ein Zelt aufgestellt und hofft, dass die Stadt Aalen auch in den Herbst- und Wintermonaten eine solche Überdachung genehmigt. Andernfalls
wisse er nicht, wie er über die Runden kommen soll. Ein großes Problem seien am Wochenende die Nachtschwärmer. Da alle Diskotheken und Clubs wegen Corona nach wie vor geschlossen sind, würden diese die Aalener Kneipen besuchen. Das sei mit Blick auf deren Alkoholkonsum und den damit einhergehenden nicht mehr kontrollierbaren Abstandsregelungen ein Problem. „Deshalb haben sich alle Wirte in der Partymeile Helferstraße/ An der Stadtkirche zusammengesetzt und gemeinsam beschlossen, die Sperrzeiten penibel einzuhalten“, sagt Landes. „Wir wollen angesichts solch unvernünftiger Partygänger nicht an einem erneuten, uns schadenden Lockdown verantwortlich sein und überdies noch unverschuldet den Ärger der Anwohner auf uns ziehen.“
Einen zweiten Lockdown würde der Großteil der Gastronomen nicht überleben, sagt der Geschäftsführer des Enchilada, Sven Wilkens. An einen solchen will er allerdings nicht denken. Er ist froh, dass seine Gäste nach dem Großbrand im Kubus auch wieder die neu hergerichtete Dachterrasse genießen können. Der Vorteil des Restaurants sei seine Größe. Auch im Winter könne er hier problemlos die geforderten Abstände gewährleisten ohne große Verluste einzufahren. Darüber hinaus laufe auch der Abhol- und Lieferservice, der in Zeiten des Lockdowns ins Leben gerufen wurde, sehr gut. Habe damals ein Fahrer per E-Bike die Speisen und Getränke ausgefahren, beliefere dieser die Kunden mittlerweile per Roller. Angesichts des großen Zuspruchs soll in naher Zukunft ein Auto angeschafft werden, um die Bestellungen auf diese Weise zu den Kunden zu befördern.
Auch der Abhol- und Lieferservice des Aposto laufe gut, sagt die Geschäftsführerin Sabiha Madan. Auch mit dem Umsatz im Lokal sei sie zufrieden. Nach einem schwierigen Eröffnungsjahr, dem Brand im Kubus und dem Lockdown gehe es jetzt wieder aufwärts. Vor dem Herbst und Winter sei ihr nicht bange. Im Gegensatz zu kleinen Lokalen habe sie genügend Platz, um trotz der Abstandsregelung noch genügend Tische zu bespielen.
Gut ist auch der Betrieb im Lokal Rosmarie angelaufen. Angesichts des geforderten Hygienekonzepts sei allerdings eine Person mehr im Einsatz, die die Tische und Speisekarten nach dem Besuch desinfiziert. Akribisch kontrolliert werde auch der Abstand, sagt die Inhaberin Karen Kronwald, die diesbezüglich aber auch auf die Eigenverantwortung der Gäste setzt.
Froh über die Unterstützung der Stadt, mehr Stühle im Außenbereich aufstellen zu dürfen, ist Davide Amorelli, Geschäftsführer des Feinkostladens Amorelli. Trotz unsicheren Zeiten baut er sein Geschäft im Januar kommenden Jahres um. Die Verkaufstheke mit italienischen Spezialitäten werde einem größeren Gastronomiebereich weichen. Die Delikatessen aus Bella Italia sollen dann künftig an einem Stand auf dem Wochenmarkt verkauft werden. Mit Blick auf die gastronomische Zukunft in den Sommermonaten sei überdies ein Projekt mit der Bierhalle geplant. Um was es sich dabei handelt, will Amorelli erst dann verraten, wenn es denn so weit ist.
Keine Perspektive, wie es weitergehen soll, sieht derzeit Martin Dannenmann, Inhaber des Rambazamba und des Café Dannenmann. Letzteres ist seit dem Lockdown bis auf Weiteres geschlossen. Wann dieses wieder seine Pforte öffnet, sei ungewiss, sagt Dannenmann. Er blicke mit Sorge auf die kommenden Monate.