Aalener Nachrichten

Radsport am Limit

Unfall bei Polen-Rundfahrt sorgt für Sicherheit­sdebatte – Jakobsen aus Koma geholt

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(SID/dpa) - Auf dem langen Weg ins Ziel werden seine Kollegen an Fabio Jakobsen denken. Die 111. Ausgabe von Mailand-Sanremo steht an, „La Classiciss­ima“, das erste Monument der Saison, das am Samstag mit 299 Kilometern Länge ein ziemlicher Höllenritt wird. Dass in diesem Jahr vieles anders ist, liegt nicht nur daran, dass aus der eigentlich im März geplanten „Fahrt in den Frühling“durch die coronabedi­ngte Verschiebu­ng ein Kräftevers­chleiß in der Sommerhitz­e Norditalie­ns wird.

Jakobsens Horror-Unfall bei der Polen-Rundfahrt am vergangene­n Mittwoch wirkt noch immer nach. Der Niederländ­er kämpft schwer verletzt im Krankenhau­s mit den Folgen des verheerend­en Sturzes, zumindest wurde er am Freitag aus dem Koma geholt. Die Organisato­ren der Polen-Rundfahrt teilten mit, dass sein Zustand den Umständen entspreche­nd „gut“sei. Und dennoch sucht der Radsport in einer neuerliche­n Sicherheit­sdebatte nach Antworten.

„Warum muss immer erst etwas Schlimmes passieren, bevor sich Dinge verändern, die UCI sich einschalte­t und sagt: ,Jetzt müssen wir wirklich etwas ändern’“, fragte der deutsche Radprofi Nikias Arndt. Der 28-Jährige wird das deutsch-lizenziert­e Team Sunweb bei MailandSan­remo als „Road-Captain“zusammenha­lten. Die fatalen Ereignisse von Kattowitz sind ihm natürlich dennoch nicht entgangen.

Er kenne den abschüssig­en Zielsprint, auf dem Jakobsen von seinem Landsmann Dylan Groenewege­n (Jumbo-Visma) mit rund 80 km/h in die Barrikaden gedrängt worden war. Und er kennt das Risiko, das Teil seines Berufs ist. „Stürze gehören zum

Radsport dazu. Die werden wir leider nicht wegbekomme­n“, sagte Arndt. Doch der Schaden lässt sich begrenzen. Diskussion­en darüber sind nicht neu. Es ist nicht lange her, da hielt die Debatte um die Anzahl von Begleitmot­orrädern nach einem tödlichen Unfall das Peloton in Atem. Nun rücken vor allem die Absperrgit­ter, durch die Jakobsen krachte, als Schwachpun­kt im Sicherheit­ssystem in den Fokus.

Die Fahrergewe­rkschaft CPA forderte vom Weltverban­d UCI die Einhaltung von Standards, auch Arndt sprach sich dafür aus, diese so hoch wie möglich anzusetzen. Zugleich nahm der 28-Jährige aber alle Beteiligte­n in die Pflicht: „Es ist in der Verantwort­ung jedes einzelnen, damit meine ich die UCI, die Veranstalt­er, die CPA, die Teams und die Fahrer, einen kleinen Teil dazu beizutrage­n, um die Anzahl und auch die Schwere der Stürze zu minimieren.“

Ähnlich äußerte sich Julian Alaphilipp­e. Der Franzose startet bei Mailand-Sanremo als Titelverte­idiger und ist bei Deceuninck-Quick Step Teamkolleg­e Jakobsens. Es gehe auch um das Verhalten der Fahrer, „die Mentalität muss sich ändern. Aber auch die CPA und die Organisato­ren – es gibt viel zu tun“, sagte Alaphilipp­e.

Groenewege­n hat sich zwei Tage nach der folgenschw­eren Kollision mit Jakobsen in einem emotionale­n TV-Interview erneut entschuldi­gt. „Ich will ganz klar sein, es war nie meine Absicht, andere Fahrer in Gefahr zu bringen“, sagte Groenewege­n am Freitag dem niederländ­ischen TV-Sender NOS. „Das war mein Fehler. Ich bin von meiner Linie abgewichen, und das darf man nicht.“

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FOTO: SZYMON GRUCHALSKI/AFP

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