Der Spaß ist weg
Hürdenläuferin Jackie Baumann beendet überraschend mit 24 Jahren ihre Karriere – Mentaler Druck zu groß
(dpa) - Hürdenläuferin Jackie Baumann hat im Alter von 24 Jahren überraschend ihre Leichtathletik-Karriere beendet. „Mir ist der Spaß am Wettkampfsport abhanden gekommen“, sagte die OlympiaTeilnehmerin von Rio de Janeiro 2016 und zweifache deutsche Meisterin am Freitag der Deutschen PresseAgentur.
Die Tochter von 5000-MeterOlympiasieger Dieter Baumann galt als klare Favoritin über 400 Meter Hürden bei den nationalen Titelkämpfen an diesem Wochenende in Braunschweig. Zunächst hatte das „Schwäbische Tagblatt“über diese Entscheidung berichtet. „Der mentale Stress vor Wettkämpfen hat mich immer unter Druck gesetzt, auch mit gesundheitlichen Folgen, zum Beispiel Schlafstörungen“, sagte Jackie Baumann weiter. „Der Druck ist auch nach den Rennen nicht abgefallen. Es ist mir schwergefallen, mich im Wettkampfsport wohlzufühlen.“
Nach Angaben von Jackie Baumanns Mutter und Trainerin Isabelle Baumann habe auch professionelle Hilfe keine Besserung gebracht: „Das ist nur konsequent. Sie ist auch erleichtert, diese Entscheidung getroffen zu haben“, sagte sie dem „Schwäbischen Tagblatt“.
Jackie Baumann war 2015 und 2016 deutsche Meisterin. Die Lehramtsstudentin zeigte sich nach Verletzungssorgen in den vergangenen Jahren zuletzt in Topform. Im niederländischen Papendal lief sie Mitte Juli mit 55,53 Sekunden eine persönliche
Bestzeit. Ihr Vater Dieter hatte 1992 in Barcelona Olympia-Gold geholt, sich in der Öffentlichkeit aber immer zurückgehalten, wenn es um seine Tochter ging.
In Braunschweig gehen die Titelkämpfe
somit ohne Baumann über die Bühne. Dass die Meisterschaften, dieses „Leuchtturm“-Event der
Leichtathleten in Braunschweig, trotz Corona überhaupt stattfinden können, grenzt an ein kleines Wunder. Denn im Gegensatz zu den Fußballoder Basketball-Profis kann man Leichtathleten, die meist noch einem richtigen Beruf nachgehen oder studieren, nicht einfach in Quarantäne stecken. Und so musste ein umfassendes Hygienekonzept erarbeitet werden, um die Auflagen der Behörden zu erfüllen. Natürlich gilt: Abstand halten und Maskenpflicht.
Außerdem wird unter anderem das Stadion in vier Zonen aufgeteilt, in denen man sich nur im Einbahnstraßen-System bewegen darf, nur 999 Personen dürfen sich gleichzeitig im Stadion aufhalten. Die Wettkämpfe werden in vier Sessions durchgeführt, auch um genügend Zeit zur Desinfektion zu haben. Umkleiden und Duschen bleiben geschlossen, die Werfer müssen ihre eigenen Arbeitsgeräte mitbringen und dürfen nicht wie sonst untereinander tauschen. Die Sieger müssen sich ihre Medaillen selbst umhängen. CoronaSchnelltests sind wegen einer neuen Verordnung aber nicht mehr nötig.
Insgesamt betreibt der DLV einen riesigen Aufwand. Natürlich auch, um die finanziellen Einbußen durch Corona so gering wie möglich zu halten. „Der Verlust wäre im hohen sechsstelligen Bereich gewesen“, sagte Kessing, wären die Meisterschaften ausgefallen. Doch sie finden statt. Und die Leichtathletik-Welt schaut am Wochenende nach Braunschweig.