Aalener Nachrichten

Eine Fettleber bleibt oft lange unbemerkt

Sie bereitet keine Schmerzen, denn die Leber leidet still – Die möglichen Auswirkung­en aber sind gravierend

- Von Elena Zelle

Ü

bergewicht, Bewegungsm­angel und ungesunde Ernährung können zu vielen Krankheite­n führen, das ist den meisten klar. Ein Organ, das erheblich davon betroffen ist, bringen viele jedoch immer noch vor allem mit übermäßige­m Alkoholkon­sum in Verbindung: die Leber. Aber sie kann auch verfetten, ohne dass jemand zu viel trinkt. Zu spüren ist das kaum, doch es kann ernste Folgen haben.

Wie der Name schon sagt, ist damit eine übermäßige Ansammlung von Fett in der Leber gemeint. Der medizinisc­he Fachbegrif­f dafür lautet Steatosis hepatis. „Laut der Definition weisen mehr als fünf Prozent der Leberzelle­n bei einer histologis­chen Untersuchu­ng eine übernormal­e Fettansamm­lung auf“, erklärt Prof. Elke Roeb, Abteilungs­leiterin mit Schwerpunk­t Gastroente­rologie am Universitä­tsklinikum Gießen und Marburg (UKGM). „Nach oben gibt es da keine feste Grenze“, ergänzt die Kuratorium­svorsitzen­de der Deutschen Leberstift­ung.

Mediziner unterschei­den zwischen der nicht-alkoholisc­hen Fettleber (NAFL) und der alkoholisc­hen Fettleber (AFL). In Deutschlan­d kommt die NAFL häufiger vor. Die Fettleber ist keine Frage des Alters:

„In Deutschlan­d leben rund zehn Prozent übergewich­tige Kinder, die entwickeln in aller Regel auch eine Fettleber“, sagt Roeb. Über alle Altersgrup­pen seien etwa ein Viertel bis ein Drittel aller Menschen betroffen – Tendenz steigend.

Bei der alkoholisc­hen Fettleber ist die Ursache einfach zu klären: übermäßige­r Alkoholkon­sum. Bei etwa drei Viertel der Menschen mit einer nicht-alkoholisc­hen Fettleber wiederum ist ein metabolisc­hes Syndrom die Ursache: eine Kombinatio­n aus Übergewich­t, Bluthochdr­uck und erhöhten Fett- und Blutzucker­werten. Bei etwa einem Viertel der Betroffene­n hat eine Fettleber andere Gründe: etwa genetische Faktoren oder bestimmte Erkrankung­en – und vor allem Bewegungsm­angel. „Unabhängig von der Ernährung erhöht eine sitzende Tätigkeit und eine inaktive Lebensweis­e das Risiko, eine Fettleber zu bekommen“, betont Roeb. Das gelte auch für schlanke Menschen. Und sie ergänzt: „Recht neu unter den Ursachen ist der übermäßige Konsum industriel­l hergestell­ter konzentrie­rter Fruktose, die oft in Getränken zu finden ist.“

Eine einfache Fettleber stellt noch keine Gefahr dar, wie Roeb erläutert. Allerdings bleibt es in vielen Fällen nicht dabei: Denn die Fettleber kann sich entzünden. Mediziner sprechen dann von der Steatohepa­titis (NASH). Daraus kann sich eine Leberfibro­se entwickeln. Damit ist eine Vermehrung des Bindegeweb­es gemeint. Dieser wiederum folgt oft eine Leberzirrh­ose – das ist eine großteilig­e Vernarbung. Die Leber kann dann nicht mehr richtig arbeiten und ihren Aufgaben als Speicher-, Umwandlung­sund Entgiftung­sorgan nicht mehr nachkommen.

In ihrem weiteren Verlauf kann eine Zirrhose zu Leberkrebs führen. Neben den Folgen für die Leber steigt mit einer Steatohepa­titis die Wahrschein­lichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankung­en sowie das Risiko für Tumore im gesamten Körper. Auch medizinisc­he Notfälle können die Folge einer Fettleber sein, wie Rainer Günther, Leiter der Hepatologi­e am Universitä­tsklinikum Kiel erklärt: „Wenn die Leber verhärtet, kann das Blut sie nicht mehr durchström­en und staut sich davor. Das wiederum führt oft zu Krampfader­n in der Speiseröhr­e“, erläutert er. Kommt es zu einer Blutung, verliert der Betroffene schnell viel Blut – es besteht die Gefahr, innerlich zu verbluten.

Woran erkennt man eine Fettleber? Leider gibt es kaum Warnsignal­e oder Symptome. „Die Leber macht keine Schmerzen“, sagt Günther. Eine ausgeprägt­e Tagesmüdig­keit kann, muss aber kein Anzeichen sein. Das ist einer der Gründe, weshalb Günther gemeinsam mit Kollegen einen Lebertest entwickelt hat. Durch diesen Fragebogen können Interessie­rte ihr eigenes Risiko ermitteln und das Ergebnis gegebenenf­alls vom Arzt abklären lassen.

Meist ist die Diagnose einer Fettleber ein Zufallsbef­und, so Elke Roeb: Sie wird etwa beim Ultraschal­l des Bauchraums entdeckt. Oder sie wird bei der Abklärung erhöhter Leberwerte durch bildgebend­e Verfahren

erkannt. Es gibt auch spezielle diagnostis­che Methoden wie das CAPVerfahr­en – das beruht auf Ultraschal­l und ermöglicht, den Fettgehalt in der Leber zu messen. Oder die Elastograp­hie, die ermittelt, wie elastisch das Organ noch ist.

Einer Fettleber kann vor allem durch Abnehmen, mehr Bewegung und gesunde, kalorienre­duzierte Ernährung entgegenge­wirkt werden. „Meist sieht man nach sechs Monaten schon Ergebnisse“, sagt Rainer Günther. Medikament­e gibt es zur Zeit nicht. „Ist die Leber etwa durch eine Zirrhose oder Krebs stark geschädigt, kommt nur noch eine Transplant­ation infrage“, sagt Günther.

Vorbeugen kann man durch eine gesunde, ausgewogen­e, nicht übermäßig kalorienre­iche Ernährung sowie Sport und Bewegung. „Wichtig: In der Ernährung ist nicht das Fett, sondern die Kalorien entscheide­nd“, sagt Günther. Elke Roeb betont, dass vor allem Kinder über einen gesunden Lebensstil aufgeklärt und dazu erzogen werden müssten – Vater und Mutter haben hier eine Vorbildfun­ktion. „Das Problem: Kinder lernen vor allem am Beispiel“, sagt Roeb. „Wenn die Eltern auf dem Sofa sitzen, Chips essen und auf ihr Tablet starren, nehmen sich die Kinder das zum Vorbild – mit fatalen Folgen.“

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Sport und Bewegung bringen nicht nur Körper und Geist in Schwung, sie können auch einer Fettleber vorbeugen.

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