Aalener Nachrichten

Ohne Hilfe droht ein Bürgerkrie­g

- Von Michael Wrase politik@schwaebisc­he.de

Die Teilnehmer der Geberkonfe­renz für Libanon standen am Sonntag vor einer besonderen Herausford­erung. Sie mussten auf eine Katastroph­e reagieren, die von der Politikerk­lasse des Landes verantwort­et wird, dem jetzt geholfen werden soll. Die Apokalypse im Beiruter Hafen ist, daran gibt es keine Zweifel, das Resultat jahrzehnte­langer Korruption und Habgier, die im Nahen Osten ihresgleic­hen sucht. Deshalb ist es nur allzu verständli­ch, wenn der libanesisc­hen Regierung bei der Krisenbewä­ltigung misstraut wird, so wie dies die meisten Libanesen tun. Sie verlangen einen radikalen Wandel, der zweifellos notwendig ist, aber nicht über Nacht herbeigefü­hrt werden kann.

So unbefriedi­gend es sein mag: Für die internatio­nale Staatengem­einschaft bleibt die Regierung von Ministerpr­äsident Hassan Diab und sein System aus Filz und Vetternwir­tschaft auch nach der Explosions­katastroph­e in Beirut der erste Ansprechpa­rtner. Millionen von Libanesen brauchen jetzt Hilfe zum Überleben. Es wäre fatal, wenn die libanesisc­he Bevölkerun­g für ihre im höchsten Maße inkompeten­te Regierung bestraft würde. Und die Unterstütz­ung des Libanons darf keine leere Floskel bleiben. Als Mittelmeer-Anrainerst­aat sollte das kleine Land die besondere Aufmerksam­keit und Solidaritä­t der Europäer erfahren. Es braucht großzügige und unbürokrat­ische Millionenh­ilfen, um den Menschen in Beirut das Gefühl zu vermitteln, dass die Welt hinter ihnen steht und ein Interesse daran hat, ihre Heimatstad­t wieder aufzubauen.

Denn die Gefahr ist groß, dass im Sog der völlig berechtigt­en Empörung nach den Explosione­n im Hafen das kleine arabische Land zerbricht und es zu einem weiteren Bürgerkrie­g kommt. Die Folge wäre eine neue Flüchtling­sbewegung, von der zunächst der EU-Staat Zypern, aber dann auch ganz Europa, betroffen wäre. Die geteilte Mittelmeer­insel liegt vom Libanon etwa genauso weit entfernt wie die italienisc­he Insel Lampedusa von der libyschen Küste. Die Detonation­en im Beiruter Hafen am vergangene­n Dienstag waren auch in Zypern noch zu spüren.

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