Auf die Frauen kommt es an
Wahrscheinlich schmerzt es die Sozialdemokraten ganz besonders, dass die Betroffenheit der politischen Gegner über die Lage der ältesten deutschen Partei inzwischen größer zu sein scheint als der Wille, sich mit ihr zu streiten. Die als Neustart gedachte „Die-SPD-sucht-die-Vorsitzenden“-Show zündete nicht. Das gefundene Führungsduo entfacht keine Begeisterung. Die gekippte schwarze Null und die endlich beschlossene Grundrente honoriert das Publikum nicht. Und der einzig realistische Kanzlerkandidat muss sich mit der größten deutschen Wirtschaftsaffäre der vergangenen 20 Jahre rumschlagen, obwohl Finanzminister Olaf Scholz die Misere der Aufsicht über Wirecard von seinem Vorgänger übernommen hat. Die Stimmung ist entsprechend schlecht. Nur noch unverwüstliche Optimisten halten die Vision einer SPD-geführten Bundesregierung
zusammen mit Grünen und Linken für möglich. Die Partei wirkt auf die Wähler wenig überzeugend, sie glänzt und sie begeistert nicht. Ob nun eine Kanzlerkandidatur des grunddrögen und in der SPD selbst nicht gerade geliebten Olaf Scholz das ändern kann, darf man bezweifeln. Doch ganz aussichtslos ist die Lage nicht. Der SPD könnte es tatsächlich im kommenden Jahr gelingen, ein gewisses Feuer zu entfachen. Dazu müssen drei Frauen die Wahlen in ihren Bundesländern gewinnen: Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern und Franziska Giffey in Berlin. Eine solche Siegesstrecke würde dann auch die Bundes-SPD beflügeln – und die Frage, wer die SPD in die Zukunft führt, womöglich auch beantworten: eine junge Frau aus dem Osten.