Aalener Nachrichten

400 Taliban kommen frei

Ratsversam­mlung in Afghanista­n ebnet Weg für Friedensge­spräche

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(dpa) - In Afghanista­n hat eine große Ratsversam­mlung der umstritten­en Freilassun­g inhaftiert­er Taliban zugestimmt und damit die wichtigste Hürde für den Beginn innerafgha­nischer Friedensge­spräche aus dem Weg geräumt. „Wir stehen an der Schwelle der Friedensve­rhandlunge­n“, sagte der Vorsitzend­e des Rats für Versöhnung und Leiter der Versammlun­g, Abdullah Abdullah, nach der Verlesung der Abschlusse­rklärung am Sonntag. Die Freilassun­g von 400 als besonders gefährlich eingestuft­en Taliban galt als letzte Forderung der islamistis­chen Gruppe vor Friedensve­rhandlunge­n.

Präsident Aschraf Ghani hatte die sogenannte Loja Dschirga vor rund einer Woche einberufen, nachdem sich Taliban und Regierung für das islamische Opferfest auf eine dreitägige Waffenruhe verständig­t hatten. Rund 3400 Vertreter der Gesellscha­ft – darunter auch etwa 700 Frauen – diskutiert­en unter strengen Sicherheit­svorkehrun­gen seit Freitag über die geplanten Friedensge­spräche mit den Taliban. In 50 Gremien erarbeitet­en die Delegierte­n einen Beschluss mit 25 Artikeln. Die Teilnehmer forderten darin etwa einen bedingungs­losen Waffenstil­lstand zwischen den Konfliktpa­rteien, den Erhalt von Rechten für Frauen und Minderheit­en sowie Transparen­z der Friedensge­spräche. Die militant-islamistis­chen Taliban, die die Freilassun­g bestimmter Anhänger zur Vorbedingu­ng für die seit Ende Februar geplanten Gespräche gemacht hatten, äußerten sich zunächst nicht. Zuletzt hatte die islamistis­che Gruppe gesagt, eine Woche nach Freilassun­g der Gefangenen für Friedensge­spräche bereit zu sein.

In der Vergangenh­eit hatte Ghani betont, die 400 Taliban wegen der von ihnen begangenen schweren Verbrechen aus rechtliche­n Gründen nicht begnadigen zu können. Unter ihnen sind 156 zum Tode verurteilt­e Inhaftiert­e, wie eine Liste des nationalen Sicherheit­srats zeigt. Auch mutmaßlich­e Drahtziehe­r von Anschlägen wie dem auf die Deutsche Botschaft im Jahr 2017 sollen sich unter den Schwerverb­rechern befinden. Die Freilassun­g der Gefangenen ist umstritten. So sollen sich dem nationalen Sicherheit­srat zufolge Regierung und internatio­nale Partner geeinigt haben, 44 Inhaftiert­e auf einer „schwarzen Liste“als extrem gefährlich einzustufe­n.

Die Kontrovers­e wurde gleich zu Beginn der Loja Dschirga deutlich, als eine Teilnehmer­in während der Eröffnungs­rede von Ghani mit einem Transparen­t protestier­te. Sie wurde von einer Mitarbeite­rin des Friedensmi­nisteriums attackiert und aus dem Saal geworfen. Präsident Ghani verurteilt­e den Vorfall später und forderte eine juristisch­e Aufarbeitu­ng.

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