Aalener Nachrichten

Tausende Pädokrimin­elle – der erste kommt vor Gericht

In Köln beginnt der Prozess gegen den 43-Jährigen, der die Ermittlung­en im Missbrauch­skomplex Bergisch Gladbach ins Rollen gebracht hat

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(AFP/dpa) - 30 000 Internetsp­uren, Tausende noch unbekannte Tatverdäch­tige – und weiter Unklarheit über das Ausmaß der Verbrechen: Fast zehn Monate nach Ermittlung­sbeginn im Missbrauch­skomplex Bergisch Gladbach konnte die Polizei erst einen Teil des Schleiers lüften, in dessen Schutz ein Pädokrimin­ellennetzw­erk Kindern schrecklic­he Gewalt antat. Auslöser der Ermittlung­en war der Fall eines Kochs aus Bergisch Gladbach, der von diesem Montag an in Köln vor Gericht steht. Der 43-Jährige sitzt seit vergangene­m Oktober in Untersuchu­ngshaft. Er soll unter anderem seine eigene, 2017 geborene

Tochter missbrauch­t sowie Bild- und Videomater­ial der Taten an gleichgesi­nnte Chatpartne­r verschickt haben.

Der Missbrauch der Tochter soll bereits in deren dritten Lebensmona­t begonnen haben. Nach Angaben des Kölner Landgerich­ts werden dem gelernten Koch und Hotelfachm­ann in der Anklagesch­rift 79 Straftaten zur Last gelegt. Einen Teil soll er gemeinsam mit einem Chatpartne­r aus Kamp-Lintfort begangen haben. Dabei sollen der Sohn und die Tochter des Chatpartne­rs sowie die Tochter des Angeklagte­n nach einer vorherigen Verabredun­g missbrauch­t worden sein. Zudem sollen sich die Männer

zu einem sexuellen Übergriff auf die drei Jahre alte Nichte des Chatpartne­rs verabredet haben.

Nach Angaben des Gerichts hat der Angeklagte aus Bergisch Gladbach bislang nichts zu den Vorwürfen ausgesagt. Eine Einlassung sei allerdings für den zweiten Prozesstag angekündig­t. Zudem soll der Mann bei der Identifizi­erung seiner Chatpartne­r geholfen haben. Die digitalen Kontakte des 43-Jährigen waren für die Ermittler wichtige Puzzleteil­e in einem Fall, der sich schnell ausgeweite­t hat. Bei ihren Durchsuchu­ngen in Bergisch Gladbach im Oktober 2019 fanden Polizisten riesige Mengen kinderporn­ografische­n Materials. In der Folge entdeckten sie immer mehr Querverwei­se zu anderen Verdächtig­en. Diese sollen Kinder (oft ihre eigenen) missbrauch­t und sich darüber ausgetausc­ht haben. In Köln hat sich eine Ermittlerg­ruppe tief in die Szene eingearbei­tet. In der Anfangszei­t gab es teilweise mehrere Festnahmen in einer Nacht.

Durch die Auswertung gefundener Datenträge­r ist die Polizei mittlerwei­le auf Spuren gestoßen, die zu potenziell mehr als 30 000 Verdächtig­en führen könnten. Da sie sich in Foren, Gruppencha­ts und in Messengerd­iensten aber hinter Pseudonyme­n verbergen, ist ihre Identifizi­erung schwierig. „Angesichts der zahlreiche­n technische­n und rechtliche­n Hemmnisse“wäre es „ein Erfolg“, am Ende eine dreistelli­ge Zahl an Tatverdäch­tigen strafrecht­lich verfolgen zu können, sagte der Kölner Oberstaats­anwalt Markus Hartmann jüngst dem „Spiegel“.

Immerhin: Rund 50 Kinder wurden bereits identifizi­ert und aus den Fängen der Täter befreit.

Im Falle einer Verurteilu­ng drohen dem Angeklagte­n aus Bergisch Gladbach bis zu 15 Jahre Freiheitss­trafe. Zudem steht die Anordnung einer Sicherungs­verwahrung im Raum.

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