Chris Froome muss um seinen Tourstart zittern
Der viermalige Sieger der Frankreich-Rundfahrt scheint außer Form zu sein – Die Jungstars brillieren dagegen
(dpa/sz) - Die Betreuer des britischen Radrennstalls Ineos mussten wieder lange warten, bis Chris Froome kam. Mehr als zwölf Minuten hinter der Spitze trudelte der viermalige Tour-de-FranceChampion auf der Bergetappe am Samstag bei der Tour de l’Ain ins Ziel ein, auch am Sonntag war der Rückstand groß. „Ein Debakel“, wie die „L’Équipe“schrieb. Froome habe beim Härtetest für den Saisonhöhepunkt mit Abwesenheit geglänzt. Und so halten sich drei Wochen vor dem Start der Frankreich-Rundfahrt hartnäckig die Gerüchte, dass der Brite gar nicht nominiert wird.
Laut der italienischen „Gazzetta dello Sport“sollen sieben der acht Plätze im Team vergeben sein. Um das letzte Startrecht kämpfen demnach Froome, der seit seinem schlimmen Sturz vor mehr als einem Jahr nicht mehr so recht in Form kommt, sowie Tao Geoghegan Hart und Andrey Amador. Letzterer wäre der ideale Helfer für seinen südamerikanischen Kollegen, den letztjährigen Tour-Sieger Egan Bernal. Der Kolumbianer lieferte sich mit dem Slwoenen Primoz Roglic ein Duell um den Sieg bei der Tour de l’Ain, was schon ein Vorgeschmack auf den Radsport-Höhepunkt in Frankreich gewesen sein könnte. Roglic gewann mit 18 Sekunden Vorsprung.
Die starken Leistungen von Bernal und Roglic waren fast schon exemplarisch für das Wochenende. Die neue Generation übernimmt das Kommando. Bernal, 23 Jahre, scheint noch stärker als im Vorjahr und symbolisiert die Zukunft – zumal Froome das Ineos-Team verlassen wird. Und Roglic, zwar schon 30, aber erst seit etwas mehr als vier Jahren im Profizirkus dabei, ist ein Anwärter auf den großen Coup. Ebenso wie der Ravensburger Emanuel Buchmann (27), der im vergangenen Jahr Vierter in Paris geworden war.
Auch anderswo brillierten die Jungstars. Bei Mailand-Sanremo feierte der 25-jährige Wout van Aert eine Woche nach dem Triumph beim Schotterrennen Strade Bianche seinen ersten Sieg bei einem Klassiker. Bei der Polen-Rundfahrt gewann der 20-jährige Belgier Remco Evenepoel die Gesamtwertung, nachdem er am Samstag eine beeindruckende Solofahrt auf der Königsetappe hingelegt hatte. Evenepoels Vorsprung war so groß, dass er die Startnummer 75 aus seiner Tasche kramen und damit an seinen schwer gestürzten Teamkollegen Fabio Jakobsen erinnern konnte.
Jakobsen war im Sprint vom Niederländer Dylan Groenewegen ins Absperrgitter gedrängt worden und hatte schwere Gesichtsverletzungen erlitten. Nach einer fünfstündigen Operation ist der Sprinter inzwischen wieder bei Bewusstsein. Der schlimme Sturz in Polen hatte auch das Peloton in Italien beschäftigt, die Erleichterung nach den positiven Meldungen war groß. Nun soll der Fokus wieder auf dem Sportlichen liegen. Und der neuen Generation. Van Aert könnte sich in Zukunft große Duelle mit Bernal oder Evenepoel liefern – mit dem 35-jährigen Froome dagegen wohl eher weniger.