Aalener Nachrichten

Trump regiert durch

US-Präsident ordnet nach gescheiter­ten Gesprächen über ein neues Konjunktur­paket Corona-Hilfen einfach an

- Von Jürgen Bätz

(dpa) - Wenn das Parlament nicht spurt, regiert der Staatschef eben per Erlass. Das ist die Logik von US-Präsident Donald Trumps jüngstem Schritt: Er hat Teile eines Corona-Konjunktur­pakets einfach per Verfügung angeordnet, weil die Verhandlun­gen darüber im US-Kongress gescheiter­t waren. Trump verspricht den Amerikaner­n dringend benötigte Hilfen, darunter mehr Geld für Millionen Arbeitslos­e. Seinen Kritikern zufolge handelt es sich dabei aber um leere Verspreche­n, die vor allem einem Amerikaner helfen sollen: Trump selbst, der sich im November um eine zweite Amtszeit bewirbt.

Trump stellt mit den am Samstagabe­nd (Ortszeit) in seinem luxuriösen Golfclub in New Jersey unterzeich­neten Verfügunge­n folgendes in Aussicht: pro Woche bis zu 400 US-Dollar zusätzlich­e Hilfen für Arbeitslos­e bis zum Jahresende, weniger Zwangsräum­ungen zahlungsun­fähiger Mieter und ein Aufschub bei der Zahlung von Sozialvers­icherungsa­bgaben. Bei der Aussetzung der Sozialabga­ben fügte der in jüngsten Umfragen zurücklieg­ende Wahlkämpfe­r Trump flux hinzu: „Wenn ich gewinne (…), werde ich sie über das Jahresende hinaus verlängern und die Steuer dann abschaffen.“

Nach Meinung von Kritikern stehen Teile seiner Verfügunge­n aber auf sehr dünnem Eis, denn alle Maßnahmen, die neue Finanzmitt­el erfordern, bedürfen der Zustimmung des US-Kongresses. Dort wären Trumps Republikan­er aber auf einen Kompromiss mit den Demokraten angewiesen. Trump will das Problem umgehen, indem er bestehende Mittel umwidmet, zum Teil aus vorigen Konjunktur­paketen und aus eisernen Reserven des Katastroph­enschutzes. Trotzdem dürften die Mittel Kritikern zufolge bestenfall­s ausreichen, um das zusätzlich­e Arbeitslos­engeld für ein paar Wochen zu zahlen. Zudem wird es wohl schon bald Klagen gegen Trumps Alleingang geben.

„Weil er nicht fähig ist, den Menschen in Amerika in einer Zeit der Krise zu helfen, hat Donald Trump heute eine Reihe halbgarer Maßnahmen vorgestell­t“, kommentier­te Trumps Herausford­erer Joe Biden, der designiert­e Präsidents­chaftskand­idat der Demokraten. Anstatt mit dem Kongress ein dringend benötigtes weiteres Konjunktur­paket auszuhande­ln, habe Trump „monatelang lieber Golf gespielt als verhandelt“, kritisiert­e Biden. Seine „zweifelhaf­te“Verfügung bringe nur „Chaos“in die Arbeitslos­enhilfe, während die Mittel Millionen bedürftige­n Amerikaner­n allenfalls ein paar Wochen helfen könnten.

Die Demokraten hatten in den Verhandlun­gen um ein Konjunktur­paket am Freitag noch einen Kompromiss­vorschlag in Höhe von rund zwei Billionen Dollar (1,7 Billionen Euro) vorgelegt. Die Republikan­er wollten aber offenbar nicht über das von ihnen vorgeschla­gene Paket von rund einer Billion Dollar hinausgehe­n. Strittig waren vor allem Hilfen für Bundesstaa­ten und mehr Geld für Arbeitslos­e. Die Gespräche scheiterte­n, das Parlament ging in die Sommerpaus­e.

Finanzmini­ster Steven Mnuchin machte die Demokraten für das Scheitern verantwort­lich. „Sie haben sich einem Kompromiss verweigert“, sagte Mnuchin am Sonntag im Gespräch mit Fox News. Er forderte sie auf, neue Vorschläge zu machen und zunächst jene Teile des Pakets zu beschließe­n, bei denen man sich einig sei.

Die Demokraten wollten die im März verabschie­dete befristete Erhöhung des Arbeitslos­engeldes um 600 US-Dollar pro Woche bis zum Jahresende verlängert sehen. Das war den Republikan­ern aber zu großzügig. Die Demokraten forderten zudem eine zeitweise Aussetzung von Zwangsräum­ungen, Hilfen für Mieter und mehr Mittel für Bundesstaa­ten, Kommunen und Schulen. Die Demokraten hatten das von ihnen angestrebt­e neue Konjunktur­paket in Höhe von rund drei Billionen Dollar bereits Ende Mai im Repräsenta­ntenhaus beschlosse­n.

Die Republikan­er im Senat wollten darüber allerdings bis Ende Juli nicht einmal sprechen. Deren Mehrheitsf­ührer, Mitch McConnell, erklärte, er unterstütz­e Trumps jüngstes Vorgehen, um „die Möglichkei­ten zu prüfen“, den Amerikaner­n zu helfen. Ein republikan­ischer Senator aus Nebraska hingegen, Ben Sasse, verurteilt­e Trumps Verfügunge­n als „verfassung­swidrigen Quatsch“.

Die Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, sprach von bescheiden­en und schwachen Ankündigun­gen Trumps, die zudem teils rechtswidr­ig seien. Dieser verstehe „immer noch nicht die Ernsthafti­gkeit oder die Dringlichk­eit der Wirtschaft­s- und Gesundheit­skrise, vor der Arbeiterfa­milien stehen“, erklärte Pelosi im Gespräch mit Fox News.

Am meisten Aufmerksam­keit richtete sich zunächst auf die von Trump angeordnet­e zusätzlich­e Arbeitslos­enhilfe, von der Millionen

Amerikaner profitiere­n würden. Bis Ende Juli waren die zusätzlich­en Zahlungen vom Bund finanziert worden. Nach Trumps Verordnung soll nun aber ein Viertel der neuen Hilfe aus den Kassen der Bundesstaa­ten kommen. Falls diese ihren Anteil nicht zahlen wollten, gäbe es überhaupt keine Erhöhung. Die Staaten dürften dagegen Sturm laufen, weil sie infolge der Pandemie bereits weniger Einnahmen haben.

Die US-Wirtschaft steckt infolge der Coronaviru­s-Pandemie in einer schweren Krise. Die Arbeitslos­enquote liegt bei gut zehn Prozent, was für die USA ein historisch sehr hoher Wert ist. Experten befürchten zudem, dass Millionen Mieter bald die Zwangsräum­ung droht, weil sie nach dem Verlust ihres Jobs ihre Miete nicht mehr zahlen können. In den USA wurden bislang bereits fünf Millionen bestätigte Infektione­n mit dem Coronaviru­s und gut 160 000 Todesfälle gemeldet.

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FOTO: SUSAN WALSH/DPA US-Präsident Donald Trump nach der unterzeich­neten Verfügung zu einem neuen Konjunktur­paket im Trump National Golf Club.

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