Aalener Nachrichten

Bayerns Grenzpoliz­ei vor Gericht

Grüne klagen gegen den Alleingang des Freistaats – Richter prüfen Verstoß gegen Verfassung

- Von Britta Schultejan­s

(lby) - Für die Staatsregi­erung ist die vor zwei Jahren wiedereing­eführte bayerische Grenzpoliz­ei eine Erfolgsges­chichte, für die Grünen ist sie das „Symbol einer rückwärtsg­ewandten Politik“. Am Montag kam es nun zum Schlagabta­usch vor dem Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of. Die alles entscheide­nde Frage dabei: Verstößt die bayerische Grenzpoliz­ei in ihrer derzeitige­n Form gegen die Verfassung?

Davon sind die Grünen überzeugt. Ihnen ist die Grenzpoliz­ei ohnehin ein Dorn im Auge, weil sie aus ihrer Sicht für eine Politik steht, mit der Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder und seine CSU sich vor zwei Jahren vor allem der Klientel der AfD andienen wollten. Es sei „ein Beispiel aus diesem Sommer des Populismus“, sagte der grüne Landtagsab­geordnete Jürgen Mistol vor Gericht – und darüber hinaus sei das alles mit der Verfassung gar nicht zu vereinbare­n. „Für uns ist es eine verfassung­srechtlich­e Herzensang­elegenheit.“

Denn die Sicherung der deutschen Grenzen sei laut Grundgeset­z Sache des Bundes und daran gebe es nichts zu rütteln. Wenn der Freistaat Bayern dann per Gesetz seiner eigenen Landespoli­zei ebenfalls die Kompetenz zur Grenzsiche­rung zuspricht, sei das schlicht und ergreifend ein schwerer Verfassung­sverstoß. „Verfassung­srechtlich gibt es keine bayerische­n, sondern nur bundesdeut­sche Außengrenz­en“, sagte der Regensburg­er Verfassung­srechtler Thorsten Kingreen, der vor Gericht an der Seite der Grünen saß. „Die Existenz jeder Föderation hängt davon ab, dass beide Seiten sich an die Regeln halten. Sie schützen vor Zentralism­us ebenso wie vor Separatism­us.“

Die Staatsregi­erung und die CSUFraktio­n sehen das anders und betonen unter anderem, die bayerische

Grenzpoliz­ei werde ausschließ­lich in Abstimmung mit der Bundespoli­zei tätig. Deren Kompetenze­n würden dadurch also nicht verletzt. Der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der CSU-Landtagsfr­aktion, Tobias Reiß, sprach von einem „synergetis­chen, kongeniale­n Zusammenwi­rken“von Bundes- und Landespoli­zei.

Gegen eine solche Zusammenar­beit haben die Grünen ja auch gar nichts, sagte Mistol. Die Gesetzgebu­ng, die dem zugrunde liege, sei aber dennoch rechtswidr­ig.

Für den Landespoli­zeipräside­nten Wilhelm Schmidbaue­r liegt hier der Fehler in der Argumentat­ion der Grünen. Für die Unterstütz­ung der Bundespoli­zei sei eine rechtliche Grundlage auf der Ebene von Landesgese­tzen nötig, betonte er nach der Verhandlun­g. „Ich hoffe natürlich, dass wir gewinnen.“

Bayern geht mit der Grenzpoliz­ei einen umstritten­en Sonderweg. Sie war bereits 1948 eingeführt und auch für die Kontrollen an Grenzüberg­ängen und Flughäfen in Bayern eingesetzt worden. 50 Jahre später, nach dem Wegfall der Grenzkontr­ollen zur ehemaligen DDR, der Aufhebung der Kontrollen an der Grenze zu Österreich und der Aufweichun­g der Grenzsitua­tion nach Tschechien wurde sie aufgelöst. Zum 1. August 2018 wurde sie dann im Zuge der Diskussion um Zuwanderun­g von Flüchtling­en etwa über die Balkanrout­e als Teil der Landespoli­zei wieder eingeführt und umfasste rund 500 Beamte. Bis 2023 plant das Innenminis­terium mit 1000.

Wie das Gericht die Sache einschätzt, darauf gab es am Montag keine Hinweise. Gerichtspr­äsident Peter Küspert richtete kritische Nachfragen an beide Parteien und ließ dabei nicht durchblick­en, wie seine eigene Sicht auf die Sache sein könnte. Das Urteil will der Verfassung­sgerichtsh­of Ende des Monats bekannt geben. Küspert setzte den Verkündung­stermin auf den 28. August fest.

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FOTO: LINO MIRGELER/DPA Die Beamten der bayerische­n Grenzpoliz­ei bewachen vor allem die kleineren Grenzüberg­änge.

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