Mit 14 Jahren begann die kriminelle Karriere
Bankraub-Prozess: Sachverständiger präsentiert Gutachten vor dem Ellwanger Landgericht
ELLWANGEN - Im Prozess gegen einen 25-jährigen, mehrfach vorbestraften Kosovaren vor dem Ellwanger Landgericht (wir berichteten) hat am Donnerstag der Sachverständige Dr. Fabian Lang aus Gersthofen sein Gutachten vorgestellt. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie konnte den Angeklagten mangels Mitarbeit allerdings nicht explorieren und musste deshalb sein Gutachten nach Aktenlage stellen. Er zog dabei die Erkenntnisse aus den Justizvollzugsanstalten Schwäbisch Hall und Ravensburg heran. In dem Verfahren steht für den Angeklagten Sicherungsverwahrung auf dem Spiel.
Fabian Lang ging in seinem Gutachten auf die kriminelle Laufbahn und den Drogenkonsum des Kosovaren ein. Der Angeklagte siedelte 2006 von Kosovo nach Deutschland über. Verhaltensauffälligkeiten gab es bereits in der Schulzeit, und diverse Schulausschlüsse. Im Alter von 14 Jahren folgten die ersten Straftaten. Seit seinem 15. Lebensjahr soll er gekifft haben. Bereits in seiner Jugend sei er als Intensivtäter geführt worden. Mit 16 folgte die erste Gewalttat. Neben Haschisch kamen später als Drogen auch Kokain, Spice und Amphetamine hinzu. Bis 2018 war der empathiearme, sprunghafte, aufbrausende und im Arbeitsbereich instabile „Berufsverbrecher“inhaftiert, zu Beginn 2018 floh er aus der Haft. Die neue Inhaftierung kam im April 2019.
Die Hälfte der Aufenthaltszeit in Deutschland sei der Angeklagte in Untersuchungshaft oder in Strafhaft gewesen, so Lang. Eine Störung aus dem schizophrenen Formenkreis, Schwachsinn und eine seelische Abartigkeit konnte der Psychiater bei dem Gewaltstraftäter ausschließen. Er sprach aber mit Blick auf den nachgewiesenen Drogenkonsum von einem Verdacht auf eine psychiotische Störung durch Cannabinoide.
Der Angeklagte habe eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. In Bezug auf seine Kriminalität sprach Lang von einer „Spezialisierung auf Raubdelikte“. Mit hoher Wahrscheinlichkeit seien bei dem Angeklagten in der Zukunft weitere Strafhandlungen und vor allem weitere Raubdelikte zu erwarten, so die „ungünstige Kriminalprognose“des Sachverständigen.
Als Zeugin wurde die ehemalige Mitangeklagte gehört, die wegen Hehlerei vom Ellwanger Landgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt worden war. Die 24-jährige Bürokauffrau hatte eine zweieinhalbmonatige Beziehung zum Angeklagten, der in dieser Zeit auch bei ihr in Crailsheim wohnte. Ihr damaliger Freund habe öfter Drogen konsumiert und sei auch in einer Shisha-Bar gewesen, sagte sie. In der Bar habe er sich Drogen gekauft.
Angehört wurde die Zeugin auch zu einem Überfall am 1. April 2019, am helllichten Tag, auf eine Frau in Crailsheim: Ein maskierter und bewaffneter Einbrecher hatte die Frau in ihrer Wohnung überrascht, ausgeraubt und brutal niedergeschlagen. Der drogensüchtige Bruder der ehemaligen Angeklagten und jetzigen Zeugin – und nicht der Kosovare will diese Tat begangen haben. Er habe nach ihrer Verhaftung am 2. April 2019 zu ihr gesagt, sie solle aufhören zu weinen, denn er sei der Täter. „Ich habe ihm keinen Glauben geschenkt“, berichtete die Frau im Zeugenstand. Sie habe ihren Bruder aber daraufhin nicht weiter gefragt. „Das ist für mich als Laie unverständlich“, kommentierte der Vorsitzende Richter Jochen Fleischer.
Die Verhandlung wird am Donnerstag, 10. Dezember, fortgesetzt. Bei einem weiteren Fortsetzungstermin am Mittwoch, 30. Dezember, wird Fabian Lang nochmals als Sachverständiger Rede und Antwort stehen. Dann soll er auch genauer auf die Gesundheitsakte des Angeklagten eingehen. „Gut Ding will Weile haben“, sagte dazu der Richter Jochen Fleischer.