Aalener Nachrichten

Brexit-Verhandlun­gen in entscheide­nder Phase

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Die Verhandlun­gen über das künftige Verhältnis Großbritan­niens zur EU nähern sich offenbar der Entscheidu­ng. Irlands Außenminis­ter Simon Coveney gab sich am Donnerstag zuversicht­lich über eine Einigung „in den nächsten paar

Tagen“. Zuvor hatte EU-Chefunterh­ändler Michel Barnier von „entscheide­nden 36 Stunden“bis einschließ­lich Freitag gesprochen. Die britische Seite stellte ein womöglich bahnbreche­ndes Telefonat zwischen Premiermin­ister Boris Johnson und Kommission­spräsident Ursula von der Leyen für das Wochenende in Aussicht. Beiden Teams zufolge sind weite Teile des mehrere Hundert Seiten umfassende­n Vertragste­xtes

unterschri­ftsreif, darunter auch schwierige Felder wie Verkehr und Energie. In den derzeit in London geführten Gesprächen hat es diese Woche bei einem der drei verblieben­en Probleme Bewegung gegeben. Bisher lagen die Verhandler weit auseinande­r, was den Zugewinn für die britische Fangflotte angeht. Barnier hatte schon vor Wochen angeboten, die EU werde auf bis zu 18 Prozent der bisherigen Quoten verzichten, was einem wirtschaft­lichen Verlust von rund 120 Millionen Euro entspräche. „Lächerlich“sei diese Vorstellun­g, betonten die Briten und sprachen von 80 Prozent.

Dies sei nun auf 60 Prozent herabgeset­zt worden, hieß es diese Woche aus Verhandlun­gskreisen. Wie der verblieben­e Gegensatz überbrückt werden kann, blieb unklar. Dabei geht es nicht zuletzt um jährliche Verhandlun­gen über die Quoten für 140 Fischarten, von Makrelen in der Nordsee bis zum Kabeljau im Ärmelkanal. Der britische Chefunterh­ändler David Frost hat stets die „Souveränit­ät unseres Fischfangs“betont.

Auch die beiden anderen strittigen Themen – Welche Garantien gegen unfairen Wettbewerb durch britische Staatshilf­en für Unternehme­n erhält Brüssel? Wie werden zukünftige Konflikte geschlicht­et? – bleiben ungeklärt. Die zunehmende Nervosität auf beiden Seiten des Ärmelkanal­s ließ erstmals offene Gegensätze innerhalb der 27erGemein­schaft zutage treten. Dem Vernehmen nach drängt die deutsche Ratspräsid­entschaft auf einen Kompromiss; hingegen pocht eine Sechser-Allianz, angeführt von Paris, auf Härte gegenüber dem abtrünnige­n Mitglied. Außer den unmittelba­ren Anrainern Belgien, Niederland­e und Dänemark, die wie Frankreich ihre Fischereir­echte gefährdet sehen, gehören der Gruppe auch Italien und Spanien an, deren Bedenken eher auf dem zukünftige­n Wettbewerb mit der Insel beruhen. Notfalls müsse man das Königreich vor die Wand fahren lassen; im neuen Jahr seien dann ohnehin neue Gespräche fällig, lautet die Logik der Hardliner. Großbritan­nien bleibt entschloss­en, an Silvester aus der bisherigen Übergangsf­rist auszuschei­den. (sbo)

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