Wohnungen auf der Streuobstwiese sind gefragt
Rund die Hälfte der 16 Wohnungen sind bereits reserviert - Die stattlichen Preise schrecken nicht ab
- Lange wurde gestritten, jetzt wird gebaut: Am Erlenweg in Hüttlingen sollen schon im Frühjahr 2021 die Bagger beißen. Von den vorerst 16 Wohnungen ist fast die Hälfte reserviert. Zehn weitere werden bald folgen.
Die Wiese ist ein Sahneschnittchen: oberhalb von Hüttlingen, umgeben von Natur, mit freiem Blick über das Kochertal – wer wollte da nicht wohnen? Der Kreis der Interessenten dürfte sich indessen über die beachtlichen Preise eingrenzen. Laut Exposé kostet eine Zwei-ZimmerWohnung im Erdgeschoss 253 000 Euro. Wer von seiner Dachterrasse aus den Ausblick genießen möchte, zahlt für drei Zimmer auf 110 Quadratmeter knapp eine halbe Million Euro.
Trotz der durchaus stolzen Preise ist das Interesse groß, so erklärt Dieter Garber, Chef des gleichnamigen Bauträgers auf Anfrage. „Für die 16 Wohnungen oben am Erlenweg haben wir schon sechs bis acht Reservierungen“, so Garber im Gespräch mit der „Ipf- und Jagst-Zeitung“. Auf die Frage, ob Corona die Nachfrage hemmt oder sogar weiter steigert, sagt er: „Entscheidend ist, wo die Wohnungen angeboten werden“. Das Areal, das ab April 2021 bebaut werden soll, liege äußerst günstig. Er nennt die „verkehrsberuhigte Randlage“, die „Nähe zur Natur“und die „gute Infrastruktur in Hüttlingen“. Vor allem die Nähe zu den Arbeitsplätzen in Aalen mache Hüttlingen attraktiv.
Die Corona-Krise verstärke sogar noch den Trend, sein Geld in Betongold anzulegen. „Die Angst vor einer Inflation treibt die Nachfrage an“, erklärt der Immobilienexperte. Außerdem könnten sich gerade wegen der Krise und wegen der gestiegenen Baupreise junge Familien nicht mehr unbedingt ein Eigenheim leisten. Dann sei eine Vier-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss mit Gartenanteil für 446 000 Euro schon eine gefragte Alternative.
Deshalb seien unter den zahlreichen Interessenten Familien ebenso wie Senioren: „Ältere Ehepaare wollen aus ihren zu groß gewordenen
Häusern ausziehen und bevorzugen eine Wohnung“, so Garber. Der Wohnkomplex bietet dazu alle Bequemlichkeiten, wie barrierefreie Zugänge, Aufzüge und großzügige Tiefgaragen. Gerade die Naturnähe des Wohnkomplexes hatte jedoch im Vorfeld für viel Ärger in der Gemeinde Hüttlingen gesorgt. Denn an dem Hang unterhalb des Wanderheims des schwäbischen Albvereins mussten etliche Streuobstbäume weichen. Eine Bürgerinitiative hatte mit einer Unterschriftensammlung letztlich die Gemeindeverwaltung zum Nachgeben gezwungen: Der Plan, dort fünf Mehrfamilienhäuser mit rund 50
„Die Angst vor einer Inflation treibt die Nachfrage an.“
Dieter Garber, Garber Architekten in Hüttlingen
Wohnungen aufzustellen wurde zurückgenommen. Allerdings konnten sich die kritischen Bürger nicht ganz durchsetzen: Sie wollten die idyllische Wiese für einen Naturkindergarten reservieren und so gänzlich vor den Baukränen retten.
Im Ergebnis wurde ein Kompromiss geschlossen: Bauen ja, jedoch nicht so groß wie ursprünglich gewünscht. Statt der fast 10 000 Quadratmeter Fläche hat die Gemeinde jetzt weniger als die Hälfte für die neuen Wohnungen geopfert. Drei Gebäude entstehen: Die beiden am Erlenweg mit insgesamt 16 Wohnungen, die gerade verkauft werden. Ein weiterer Wohnblock mit zehn Wohnungen
wird in einem zweiten Abschnitt am Seitsberger Weg hochgezogen. Nach Aussage von Bürgermeister Günter Ensle bringt der Verkauf der auf etwa 3500 Quadratmeter geschrumpften Fläche 1,4 Millionen Euro ein. „Damit verzichtet die Gemeinde auf rund eine Million Euro Einnahmen“, so hatte Ensle bei der Entscheidung im Januar bedauert.
Dabei ist Hüttlingen wegen des klammen Haushalts dringend auf die Einnahmen aus den Grundstücksverkäufen angewiesen. Wegen des Streits und der damit verbundenen Verzögerung ist bisher nach Ensles Aussagen noch kein Geld in die Gemeindekasse geflossen. Der Grundstückskauf sei jedoch eine „sichere Geschichte“, betont Dieter Garber. Die Unterlagen seien beim Notar.
„Das Projekt ist auch in der verkleinerten Form rentabel“, beteuert Garber. In den Rutschhang müsse jedoch einiges investiert werden, so erklärt er die Wohnungspreise. Zur Frage nach den Obstbäumen sagt Garber: „Die Bäume oben auf der Wiese bleiben ja stehen“.
Damit sei auch ein großer Abstand zu den Anwohnern gegeben. Diese hatte neben der Sorge um den Naturschutz auch der Schattenwurf durch den Wohnkomplex in ihren Gärten umgetrieben. Doch Hüttlingen – so hatte Ensle stets betont – brauche neben den Einnahmen für die Gemeindekasse dringend neuen Wohnraum für Familien die zuziehen möchten. Aus seiner Sichtweise hat Ensle nie einen Hehl gemacht: „Es gibt kein Recht auf Sonne im Garten, wohl aber ein Recht auf Wohnen“.