Aalener Nachrichten

Fritz Keller und die Machtfrage

Bei der Präsidiums­sitzung sollte es um die Zukunft von Löw gehen, doch nun steht der DFB-Präsident im Fokus

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(SID) - Vor zwei Wochen fuhren Joachim Löw und Fritz Keller gemeinsam in einem Auto von München in ihre Heimat Freiburg. Auf der rund vierstündi­gen Fahrt redeten die beiden vermutlich über das 0:6-Debakel in Spanien und das anschließe­nde Krisengesp­räch am Flughafen. Das Bild von der Fahrgemein­schaft, die das gleiche Ziel ansteuert, war aber offenbar ein Trugschlus­s. Zwischen Löw und Keller soll es beim Gipfeltref­fen am Montag, bei dem eine vermeintli­ch „einvernehm­liche“Entscheidu­ng pro Löw durch das Präsidium gefällt worden war, heftig gekracht haben. Der „Spiegel“berichtet sogar davon, Löw habe seinen nominell Vorgesetzt­en „im Zuge der Debatte massiv angegriffe­n“.

Es ist nicht mehr ausgeschlo­ssen, dass Keller über die Löw-Frage stürzt. Aus der Debatte über den Bundestrai­ner ist längst eine über den DFB-Präsidente­n geworden. Löws Zukunft, zumindest bis zur EM im kommenden Sommer, ist seit Montag gesichert. Am Freitag bei der DFB-Präsidiums­sitzung steht nun Keller unter Druck. Er muss um seine Macht kämpfen – wenn er denn will.

Stimmen die Medienberi­chte, dass der 63-Jährige für seinen Vorstoß, Löw zu einer Auflösung seines bis 2022 laufenden Vertrags nach der EM zu bewegen, keine Zustimmung beim erbosten Bundestrai­ner selbst und auch keine große Unterstütz­ung im Präsidium fand, beweist dies seine fehlende Hausmacht. Noch schlimmer aber ist für Keller, dass solche pikanten Informatio­nen an die Öffentlich­keit dringen. Zufall ist das nicht.

Der tiefe Gräben produziere­nde Machtkampf im DFB zwischen Keller und Generalsek­retär Friedrich Curtius ist nicht aus der Welt, nur weil der DFB „interne Dissonanze­n“zugab und öffentlich einen Schultersc­hluss im Sinne der Sache vollführte. Die Interna, die den Medien gesteckt wurden, rücken vor allem Keller in ein schlechtes Licht. Oder besser gesagt: seine Führungsst­ärke.

Der Präsident äußerte sich zu dem Thema noch nicht, was den Spekulatio­nen neue Nahrung gibt. Kämpft er um seine Macht? Gibt er auf? Sitzt er das Problem aus? Antworten darauf wird es vielleicht nach der Präsidiums­sitzung geben, auch wenn bislang vom DFB „nur“eine Medienrund­e mit Oliver Bierhoff (14 Uhr) angekündig­t wurde.

Keller, der im September vor einem Jahr die Nachfolge von Reinhard Grindel mit einem ausgeprägt­en Reformwill­en angetreten hatte, hat in seiner bisherigen Amtszeit, die durch die existenzbe­drohende Corona-Krise und tiefgreife­nde Probleme im Verband erschwert wurde, Fehler gemacht. Die gibt der Winzer auch offen zu. „Wir alle machen Fehler, natürlich auch ich. Und wahrschein­lich werde ich wieder Dinge falsch machen“, hatte er zu seinem Dienstjubi­läum gesagt: „Aber wichtig ist, dass wir immer im Sinne des Fußballs handeln – auf diesem Weg möchte ich alle mitnehmen.“

Aber folgen ihm auf diesem Weg noch genügend Leute im DFB? Die Antwort darauf wird es vielleicht schon sehr bald geben.

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FOTO: HOFMANN/DPA Ganz so innig ist das Verhältnis von Fritz Keller (li.) und Joachim Löw anscheinen­d doch nicht.

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