Riedlinger Vorzeigemodell
Die Seniorengenossenschaft wird bundesweit kopiert
RIEDLINGEN - Die Seniorengenossenschaft ist das Riedlinger Vorzeigemodell schlechthin: Von Josef Martin vor fast 30 Jahren ins Leben gerufen, wird sie heute im In- und Ausland häufig kopiert. Bereits 1988 hatte sich Martin mit der Thematik einer älter werdenden Gesellschaft befasst. In seinem Bekanntenkreis hat er wahrgenommen, dass die Kinder mangels Arbeitsplätzen nicht in der Raumschaft bleiben. Also muss man andere Möglichkeiten aufbauen, um eine Versorgung der Senioren zu ermöglichen. Martin hat Mitstreiter um sich geschart und die Seniorengenossenschaft aufgebaut. Zunächst als Modellprojekt des Landes. Die Besonderheit: Die Riedlinger haben immer darauf gesetzt, dass die Arbeit in der Seniorengenossenschaft auch finanziell honoriert wird. Dieser Ansatz hat sich als gut erwiesen.
„Wir wollten etwas ins Leben rufen, um die Bürgerschaft zu motivieren, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen und dies dann zu organisieren“, sagt Josef Martin, heute noch Vorstand der Seniorengenossenschaft. Dieses Prinzip gelte heute wie damals.
Bürgerschaftliche Selbsthilfe sei auch das Motto der Zukunft, allerdings gehe es nicht ohne monetäre Unterstützung. „Wir bezahlen eine Aufwandsentschädigung von 8 Euro pro Stunde“, ist Josef Martin überzeugt von diesem Ansatz. Alles andere habe sich andernorts nicht bewährt. Es gehe ja auch nicht darum, dass die helfenden Hände davon leben sollen. Meist sind es eben selbst Menschen im Rentenalter, die noch rüstig und aktiv sind.
In der Tagespflege am Stadtgraben werden außerhalb der CoronaZeiten 25 Menschen betreut. Am Wochenmarkt in Riedlingen sind es zehn. Die Menschen kommen aus allen umliegenden Gemeinden nach Riedlingen. Sie werden von 8 bis 16 Uhr betreut, bekommen ein Mittagessen und werden von zu Hause abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht. „Das ist für die allermeisten das Wichtigste, dass sie solange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können.“
Acht weitere Einrichtungen haben seinerzeit Fördergelder des Landes Baden-Württemberg beantragt, zwei davon laufen laut Josef Martin sehr gut. Eine davon eben ist Riedlingen. Bundesweit gebe es inzwischen rund 300 vergleichbare Einrichtungen.
Aktuell hat die Seniorengenossenschaft 68 Wohnungen in Riedlingen anzubieten. Sie sind zwischen 36 und 56 Quadratmeter groß und werden in der Regel von alleinstehenden Menschen bewohnt. Die Warteliste ist aber sehr lang. Der Bedarf übersteigt das Angebot um ein Vielfaches.