Der Politik fehlt die Klarheit
Blicken Sie noch durch bei den Corona-Maßnahmen? Wann was für wie lange gilt? So oder so, die Politik gibt in der Krise zunehmend ein unsicheres Bild ab. Was für die Maßnahmen genauso zutrifft wie für die Kommunikation.
So verkündet Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Freitag Ausgangsbeschränkungen, weitere Verschärfungen folgen – möglicherweise – nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten, die dann wer weiß was beschließen oder auch nicht. Bis dahin lautet eine Empfehlung, um sich vor dem Virus zu schützen: „Gehen Sie gezielt einkaufen.“Danke dafür.
Seit Tagen heißt es, Deutschland stehe vor einem harten Lockdown. Längst stellt sich die Frage: Wann kommt er denn nun? Der Einzelhandel: soll das Weihnachtsgeschäft mitnehmen. Schulen, Kitas, Universitäten: sollen aufbleiben, jetzt vielleicht aber doch nicht, man wird sehen. Um es klar zu sagen: Das Land braucht eine Vollbremsung, auch wenn es wehtut und manchen sogar sehr weh. Die Infektionszahlen schnellen jedoch in die Höhe, die Menschen sterben, es spielen sich Tragödien ab.
So liegt es nahe, dass nach der Ausgangssperre weitere Entscheidungen getroffen werden, die der Lage Rechnung tragen. Und nicht die Fehler vom November wiederholt werden. Als Bund und Länder sich für einen Teil-Lockdown entschieden, hieß es: „Die Vernunft hat gesiegt.“Nein, das hatte sie nicht. Heute lässt sich sagen, aus dem Verlauf der Pandemie haben Politik und Wissenschaft nicht genug gelernt, es wurde nicht entscheidend verstanden, wie sich das Virus eindämmen lässt. Die Vorbereitungen auf die zweite Welle waren daher mangelhaft, an kreativen Lösungen fehlt es bis heute.
Das mag bei einer komplizierten Materie wie dieser zum Teil verständlich sein. Verwunderlich ist dann allerdings, dass die Politik unentwegt die Unvernunft der Bürger beklagt. Die Appelle mögen nicht unbedingt falsch sein. Mehr Verständnis für ihr Tun könnten die Entscheidungsträger aber erzielen, wenn sie den Blick auch auf sich selber richten würden. Verbunden mit dem Eingeständnis: „Wir haben uns geirrt.“