Wenig Hoffnung
Brexit-Verhandlungspartner zeigen sich pessimistisch
(dpa) - Kurz vor Ablauf der wohl letzten Frist für einen Brexit-Handelsvertrag an diesem Sonntag rechnen die EU und Großbritannien kaum noch mit einem Durchbruch. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hält es inzwischen für wahrscheinlicher, dass mit dem ehemaligen Mitgliedsland kein Handelspakt vereinbart werden kann als dass es eine Einigung gibt. Noch pessimistischer sind die Töne von der britischen Insel. Premierminister Boris Johnson warnte am Freitag davor, dass ein Scheitern „sehr, sehr wahrscheinlich“sei.
Von der Leyen informierte nach Angaben eines Diplomaten beim EU-Gipfel in Brüssel auch die EUStaatsund Regierungschefs über ihre Sicht der Dinge. Wie hoch die Chancen für eine Einigung noch seien, habe die Kommissionschefin nicht gesagt, hieß es. Von der Leyen und Johnson hatten sich am Mittwochabend für drei Stunden zu einem Krisengespräch getroffen. Anschließend hieß es, bis Sonntagabend werde die Entscheidung über „Deal“oder „No Deal“fallen. Zum aktuellen Stand der Verhandlungen gab es keine Angaben. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) gab die Hoffnung auf einen Kompromiss noch nicht auf. „Wir glauben, dass eine Einigung zwar schwierig ist, aber dass sie immer noch möglich ist“, sagte er bei einem Treffen mit seinem irischen Kollegen Simon Coveney in Berlin. Die EU werde verhandeln, solange das Fenster für eine Lösung „auch nur einen Spalt breit geöffnet ist“. Auch eine Verlängerung über Sonntag hinaus sei möglich: „Letztlich würde es nicht daran scheitern, dass noch ein paar Tage mehr gebraucht würden.“
Johnson sagte bei einem Besuch im nordenglischen Blyth, für einen Durchbruch sei vonseiten der EU „ein großes Angebot, ein großer Wandel“nötig. Er fügte hinzu: „Es ist sehr, sehr wahrscheinlich, dass wir eine Lösung finden müssen, die meiner Meinung nach für Großbritannien wunderbar wäre, und wir könnten ab dem 1. Januar genau das tun, was wir wollen.“Dies sei zwar nicht das, was sich Großbritannien vorgenommen habe. Aber sein Land sei bereit.
Die Knackpunkte haben sich seit Monaten nicht geändert: Fischerei, fairer Wettbewerb und die Frage, wie Vereinbarungen im Streitfall rechtlich durchgesetzt werden. Kommt kein Handelspakt zustande, rechnet die Wirtschaft mit höheren Zöllen und weiteren Handelshemmnissen. Infolge eines „No Deal“wären auch Zehntausende Arbeitsplätze bedroht. Von der Leyen sagte am Freitag: „So oder so – in weniger als drei Wochen wird es einen Neubeginn für alte Freunde geben.“