IG Metall will auch in Corona-Zeiten kämpfen
Die Gewerkschaft will Betriebsräte sprechen lassen – Vielen Unternehmen gehe es gut
AALEN/ELLWANGEN - Harte Zeiten für den Tarifkampf der IG Metall: Die Arbeitgeber sind wegen der Corona-Krise am Drücker und die Macht der Arbeitnehmer auf die Straße zu bringen, ist derzeit nur sehr eingeschränkt möglich. Dennoch plant die Gewerkschaft ein Pressegespräch mit mehreren Betriebsratsvorsitzenden. Jetzt wurde es allerdings kurzfristig verschoben.
Zur Tarifrunde 2021 hatte die IG Metall am Freitag ein Pressegespräch geplant und dazu fünf Betriebsratsvorsitzende von großen regionalen Unternehmen eingeladen. Wegen eines Corona-Falls im Umfeld der IG Metall wurde das Gespräch jedoch kurzfristig abgesagt. Dass dies ein schlechtes Vorzeichen für die Kampfstärke in der anstehenden Tarifrunde sein könnte, sieht Josef Mischko, der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Aalen, allerdings nicht so. Um kein Risiko einzugehen, sei der Termin verschoben worden, denn die Betriebsräte und auch die politischen Sekretäre könnten im schlimmsten Fall das Virus in die Betriebe hineintragen.
Grundsätzlich will Mischko jedoch daran festhalten. Das Gespräch soll in der vorgesehenen Form im Januar stattfinden: „Ich wollte ausdrücklich eine Präsenzveranstaltung“, sagt Mischko auf Anfrage. Denn schon vor dem Start in die Tarifverhandlungen ist viel Druck im Kessel. Um den bereits stark positionierten Arbeitgebern etwas entgegenzusetzen, will die IG Metall Betriebsratsvorsitzende aus großen Unternehmen zu Wort kommen lassen – und zwar aus den Unternehmen, die derzeit trotz Corona Rekordumsätze machen und zusätzliches Personal einstellen: Varta Consumer Battery, Varta Microbattery, SHW Automotive, Hensoldt und Carl Zeiss SMT.
„Varta boomt, Zeiss sucht händeringend Beschäftigte und selbst die SHW macht Rekordumsätze“, sagt IG-Metall-Sprecher Alexander Relea-Linder. Damit will die Gewerkschaft dem Arbeitgeberverband kontern. Der frühere SüdwestmetallVorsitzende und jetzt neue Gesamtmetall-Chef, Stefan Wolf, hat in mehreren Interviews bereits erklärt, es sei nichts zu holen bei den Unternehmen, statt höheren Löhnen seien Kostensenkungen angesagt, damit die von Corona und der digitalen Transformation gebeutelten Betriebe durch die Krise kommen und keine Jobs abbauen müssen. Der neue Südwestmetall-Chef und DaimlerVorstand Wilfried Porth setzte kürzlich nach: „Wir brauchen gesenkte Arbeitskosten“.
Naturgemäß sieht die IG Metall die Sache anders. „Wir haben eine Ambivalenz in der Metallindustrie“, sagt Mischko. „Einigen Betrieben geht es tatsächlich schlecht, anderen jedoch sehr gut.“Eine Nullrunde wie in diesem Frühjahr, als der Tarifvertrag wegen Corona einfach verlängert wurde, könne die IG Metall den Arbeitnehmern nicht zumuten und nicht erklären.
Das jetzt geforderte Plus von vier Prozent orientiere sich an den Betrieben, die gut dastehen. Dort, wo es schlecht läuft, könnten die vier Prozent ein Teil-Lohnausgleich sein, wenn die Arbeitszeit gesenkt werden muss, um Jobs zu retten.
Im Arbeitskampf will die IG Metall zu „hybriden Formen“greifen, also auch Präsenz auf der Straße zeigen. Selbstverständlich unter Beachtung der geltenden Hygieneregeln, wie Mischko betont. „Zwei große Plätze haben wir uns schon angeschaut: den Greutplatz in Aalen und den Schießwasen in Ellwangen.“