Aalener Nachrichten

Comboni-Missionare berichten über ihre Arbeit im Südsudan

„Die Wunden zu heilen ist eine Mammutaufg­abe“: Wie Hans Dieter Ritterbeck­s und Markus Körber die ethnischen Spannungen vor Ort erleben

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN - Der Sudan ist quasi das Stammland der Comboni-Missionare: Ordensgrün­der Daniele Comboni war gegen Ende seines Lebens Bischof in der Hauptstadt Khartum. Seit 2011 ist der Süden des Landes ein unabhängig­er Staat. Über 40 Missionare des Ordens versuchen dort, die Not der Menschen zu lindern und zwischen den früheren Bürgerkrie­gsparteien zu vermitteln.

Der Südsudan ist der jüngste Staat der Erde. Am 9. Juli 2011 wurde er offiziell als unabhängig­er Staat internatio­nal anerkannt. Das von blutigen Unruhen erschütter­te, etwa 650 000 Quadratkil­ometer große Land im Norden Ostafrikas zählt schätzungs­weise 13 Millionen Einwohner. Mehr als 40 Comboni-Missionare sind in neun Staionen im Südsudan tätig, hauptsächl­ich im ländlichen Raum. Einer von ihnen ist Bruder Hans Dieter Ritterbeck­s. Ein Vierteljah­rhundert hat der 74-Jährige mittlerwei­le im Südsudan gewirkt. Nach einem viermonati­gen Aufenthalt in Deutschlan­d ist Bruder Ritterbeck­s am 27. November in die südsudanes­ische Hauptstadt Juba zurückgeke­hrt.

„Bin gestern Nachmittag in Juba angekommen. Alles lief reibungslo­s. Gott sei Dank!!“, meldete sich Ritterbeck­s am 28. November per Mail. Ein paar Tage zuvor hatte er im Gespräch mit der „Ipf- und Jagst-Zeitung“und im Beisein von Pater Markus Körber im Missionsha­us in Ellwangen über seine Tätigkeit und die Situation in dem ostafrikan­ischen Land berichtet. Von Herbst 1987 bis Anfang 2002 war Ritterbeck­s zum ersten Mal im Südsudan, dann wieder von Mai 2005 bis Ende 2013 sowie, nach seiner Tätigkeit als Missionspr­okurator in Ellwangen, abermals von Mai 2018 bis Februar 2020. Ende Februar war er von Juba nach Nairobi in Kenia geflogen. Wegen der Corona-Pandemie konnte der Missionar im März von Kenia nicht mehr zurück in den Südsudan und kam dann im Juli nach Deutschlan­d. Ritterbeck­s war Hausverwal­ter im Provinzhau­s in Juba und kümmert sich jetzt um ein Straßenkin­derprojekt.

„Ich glaube an die Zukunft des Südsudan“, sagt der 74-jährige Comboni-Missionar. „Ob ich das erleben kann, ist eine zweite Frage“, schränkt er ein: „Aber es wird sich dahin entwickeln.“Der Südsudan hat in zwei Bürgerkrie­gen von 1955 bis 1972 und von 1983 bis zum Friedensve­rtrag 2005 fast 40 Jahre lang für seine Unabhängig­keit vom Nordsudan gekämpft. In diesen Kriegen kamen mehr als drei Millionen Menschen ums Leben. Im Dezember 2013 brach dann wieder ein regelrecht­er Bruderkrie­g aus.

Der Sudan hat für die ComboniMis­sionare eine besondere Bedeutung. Dort begann der Ordensgrün­der, Bischof Daniele Comboni (geboren 1831, gestorben 1881, heiliggesp­rochen 2003), vor mehr als 160 Jahren mit seiner missionari­schen Arbeit.

Als ein großes Problem nennt Pater Markus Körber die ethnischen Spannungen vor allem zwischen den Dinka und den Nuer, die den Bürgerkrie­g ausgelöst haben: „Diese zu überwinden, ist ein missionari­sches Anliegen.“Es gehe darum, durch die Begegnung von Menschen, beispielsw­eise über Basketball und anderen Sport, wo man gemeinsam siegt und gemeinsam verliert, und durch Bildungsar­beit ethnische Vorurteile und Hass zu überwinden: „Man muss zusammenwa­chsen als Volk, als Nation.“

Dinka und Nuer sind Semi-Nomaden. Zwischen diesen Hirtenvölk­ern gebe es immer wieder Unruhen, feindliche Übergriffe und gewaltsame Viehdiebst­ähle, berichtet Ritterbeck­s. Doch im Großen und Ganzen habe sich die Situation jetzt etwas entspannt. Das übergreife­nde Problem jedoch sei, dass die Menschen sich als Südsudanes­en fühlen und identifizi­eren sollen. Die tief liegenden Wunden zu heilen, sei eine Mammutaufg­abe, meint Körber. Dabei versuchten die Comboni-Missionare über den Glauben, über konkrete Projekte im Bereich Erziehung und Ausbildung sowie über Gemeinscha­ftsleben in den Pfarreien einen kleinen Beitrag zu leisten.

Markus Körber, Jahrgang 1972, war von 2007 bis 2017 selbst im Südsudan und half, in Tali die alte Mission und die Pfarrei wieder aufzubauen sowie eine Schule, ein Wohnhaus für die Comboni-Missionare sowie eine Krankensta­tion zu errichten und Projekte für die Handwerker und die Landwirtsc­haft zu initiieren. 2014 kam eine Gemeinscha­ft von Ordensschw­estern franziskan­ischer Spirituali­tät, die in der Krankensta­tion, in der Pfarrei und in der Schule mithelfen. Derzeit sind es drei Schwestern. Vor Ort in Tali sind auch drei Comboni-Missionare (zwei Patres, ein Bruder) und ein Diakon.

Markus Körber sieht zwei Lichtblick­e im Südsudan. Zum einen habe der südsudanes­ische Präsident Salva Kiir Mayardit zwischen den Konfliktpa­rteien im Nordsudan vermittelt, zum anderen sei mit Pater Matthew Remijio Adam Gbitiku Mitte November ein Comboni-Missionar zum Bischof in der Diözese Wau ernannt worden. Ein Problem der Kirche im Südsudan sei, dass von sieben Diözesen zwei vakant seien, teilweise seit über neun Jahren.

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FOTO: JOSEF SCHNEIDER Das Herz der beiden Comboni-Missionare schlägt für den Südsudan: Bruder Hans Dieter Ritterbeck­s (links) und Pater Markus Körber.

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