„Wir müssen das Gemeindeleben wieder in Gang bringen“
Der Rainauer Bürgermeister Christoph Konle spricht über Erfolge und die Herausforderungen nach der Corona-Pandemie
- Christoph Konle ist bekannt für sein gutes Netzwerk und für seine Begabung, Zuschüsse für die Projekte seiner Gemeinde an Land zu ziehen und diese voranzutreiben. Das sind gute Gründe auf eine zweite Amtszeit zu hoffen, wenn die Rainauer im Januar ihren Bürgermeister wählen. Mit Redakteurin Eva Stoss spricht Konle über die Erfolge der vergangenen acht Jahre, darüber, was ihm in der Corona-Zeit am meisten fehlt und warum er sich in der Gemeinde Rainau so wohl fühlt. Für die Zukunft hat er viele Ideen, etwa die, eine Tauschbörse für Immobilien auf einer Bürgerplattform einzurichten.
Herr Konle, Sie beschreiben das Amt des Bürgermeisters als 24Stunden-Job, bei dem man viel einstecken muss. Was reizt Sie dennoch? Ich bin Netzwerker mit Herzblut und Leidenschaft: Ich arbeite sehr gern mit Menschen zusammen, liebe es, mich zu vernetzen und gemeinsam Dinge voranzubringen und Lösungen zu finden, denn Stillstand ist Rückschritt. Meine Familie und besonders meine Frau stärken mir den Rücken. Das ist enorm wichtig für mich. Auch wenn sehr viel zu tun ist, reserviere ich bestimmte Zeitfenster für meine Frau und meine vier Kinder.
Im Falle Ihrer Wiederwahl: Welche Herausforderung steht am Beginn der neuen Amtsperiode?
Die größte Herausforderung ist, das Gemeindeleben wieder in Gang zu bringen, sobald die Pandemie abflacht. Das Vereinsleben ist eingeschlafen. Das müssen wir wieder wecken und die Menschen zusammenbringen. Denn die Gemeinschaft lebt vom Kontakt und vom Austausch.
Was bedeutet es, Bürgermeister zu sein in Corona-Zeiten?
Die Eindämmung der Pandemie macht alles komplizierter und zäher. Es behindert den Austausch und absorbiert viel Energie in der Gemeindeverwaltung. Unser Hauptamt war tagelang damit beschäftigt, Betroffene in Quarantäne zu schicken, die entsprechenden Schreiben zuzustellen und die Verordnungen umzusetzen. Aktuell werde ich sehr stark in Anspruch genommen, da ich mit meinen fast acht Dienstjahren der am zweitlängsten Beschäftigte bei der Gemeindeverwaltung bin und neben dem Chef eben auch die Erfahrung gefragt ist. Dazu begleite ich federführend unsere Projekte. Wichtig hierbei ist, den Gemeinderat von Anfang an mitzunehmen und Entscheidungen auf eine breite Basis zu stellen. Auch die Bürger sollen bei allen Maßnahmen wie zum Beispiel bei der Gestaltung der Dorfmitte Schwabsberg eingebunden werden, und da hat uns Corona im Frühjahr zurückgeworfen. Das haben wir im Spätsommer nachgeholt.
Was mir besonders fehlt, ist der intensive Kontakt zu unseren Bürgern auf den Festen, Feiern, Vereinsaktivitäten und vor allem die Besuche bei den Senioren zu Geburtstagen und Ehejubiläen.
Wenn Sie auf die vergangenen acht Jahre zurückblicken: Was ist besonders gelungen?
Wir haben in der Gemeinde sehr viele Projekte angestoßen. Extrem viel Lob und Zuspruch bekommen wir für die Entwicklung des Bucher Stausees. Es war der Wunsch der Bürgerschaft, dass dort etwas passieren soll. Beim damaligen Landrat Klaus Pavel haben wir sofort Unterstützung dafür gefunden, den See zu einer Perle im Ostalbkreis zu machen. Mit Hilfe von EU-Zuschüssen, dem Kreistag und den Städten Aalen, Ellwangen und den anderen Mitgliedern im Zweckverband war es möglich, dieses Erholungsgebiet zu schaffen. Drei Millionen Euro wurden in den letzten Jahren dort investiert. Auch freut mich die Entwicklung der Militärbrache, bei der eine namhafte Firma angesiedelt wurde und viele Arbeitsplätze entstanden sind. Auch die Entwicklung der Ortskerne und ersten Siedlungsgebiete mit den vielen Wohnumfeldmaßnahmen, die Baulandentwicklung und die Weiterentwicklung der Kinderbetreuung sind gelungene Projekte gewesen und machen unsere Gemeinde attraktiv und zukunftsfähig. Was mich aktuell sehr freut sind die Entwicklungen in den Ortsmitten: In Buch entsteht eine betreute Seniorenwohnanlage mit integrierter Tagespflege, in Schwabsberg die Dorfplatzgestaltung und die lang ersehnte Rathauserweiterung. Das sind Jahrhundertprojekte, die mit Kontinuität, Erfahrung und Überblick in der Führung weiterentwickelt und begleitet werden müssen.
Was ist liegen geblieben?
Leider ist die Entwicklung von Smart Village nur auf dem Papier gelungen. Wir wollten im Rahmen des EU-Programms RegioWin eine Biogasanlage bauen, die mit einer Windkraftanlage gekoppelt ist und damit unsere Energie erzeugen. Doch die geplanten Windräder auf der Brachfläche des früheren Truppenübungsplatzes wurden nicht genehmigt, weil wir dort sieben Horste der geschützten Rotmilane haben. Das ist ein Zielkonflikt, der bisher nicht gelöst ist.
Die Pandemie belastet auch die öffentlichen Haushalte. Sehen Sie noch Luft für große Projekte in den kommenden Jahren?
Da bin ich froh, dass wir in den vergangenen Jahren schon so viel geleistet haben. Begonnene Projekte, wie die Ortskernsanierung Schwabsberg, ziehen wir durch. Da hat der Gemeinderat eine klare Haltung. Auch die Landesregierung und der Landkreis signalisieren ganz klar, die Kommunen sollen an ihren Projekten festhalten und weiter investieren. Rainau ist außerdem so niedrig verschuldet wie noch nie, wir haben in den letzten Jahren sehr gut gewirtschaftet. Außerdem haben wir die Zeit genutzt, die Gemeindeverwaltung aufzustellen, etwa mit der Trennung von Bauamt und Kämmerei, und haben so die Einnahmenseite gestärkt. Wir können zuversichtlich in die Zukunft blicken.
Was sind Ihre Ziele für die kommenden acht Jahre?
Wie gesagt, wollen wir begonnene Projekte zu einem guten Abschluss bringen. Bis 2023 läuft das Landessanierungsprogramm mit Option auf Verlängerung um ein Jahr. Vier intensive Jahre sind damit für die Ortskernentwicklung in Schwabsberg reserviert. Auch die anderen Ortskerne wollen wir lebendig halten, das ist mir ein Herzensanliegen. Wenn etwa ein Hof aufgegeben wird, gehen wir mit dem Besitzer ins Gespräch, was an dieser Stelle möglich ist. In Dalkingen wurden auf diese Weise in einem ehemaligen Kuhstall sechs Appartements ausgebaut. Auch die Siedlungslagen müssen wir im Auge haben. Viele ältere Menschen wollen aus ihren zu groß gewordenen Häusern ausziehen, junge Familien suchen dagegen Wohnraum. Dafür wollen wir eine Immobilien-Tauschbörse einrichten.
Wie sieht so eine Tauschbörse konkret aus?
Wir wollen das über eine Bürgerplattform organisieren, die wir gerade entwickeln. Dazu wird es eine App geben. Über diese App kann dann beispielsweise der Kindergarten wichtige Push-Nachrichten an die Eltern verschicken, Vereine können zum Stammtisch einladen oder der Bauhof informiert über einen Wasserrohrbruch. Wir wollen damit eine Art virtuelles Dorf abbilden.
Sie haben viele Ideen und gelten als echter Fuchs, wenn es darum geht, Zuschüsse an Land zu ziehen. Zeigt sich hier der frühere Banker?
Um Zuschüsse zu erhalten, braucht man zunächst ein langfristiges Konzept. Dafür haben wir Rainau 2030 entwickelt, getragen von einer breiten Basis. Meine besondere Spürnase dafür hat sicher auch mit meiner früheren Tätigkeit als Sparkässler zu tun. Bankmitarbeiter sind hinsichtlich Nutzen-Argumentation sehr gut geschult. Das heißt, ich muss wissen, was meine Zuschussgeber erwarten und diese Punkte in meinen Projekten gut herausarbeiten. Es fällt mir leicht, solche Zuschussanträge zu formulieren.
Sie sind, wie Sie selbst sagen, sehr gut vernetzt. Vermutlich sehen Sie das Ende Ihrer Karriere nicht in Rainau?
Das denken viele und viele raten mir auch zu, doch ich fühle mich hier in Rainau sehr wohl. Ich komme aus einer 1000-Einwohner-Gemeinde, aus Zöbingen, und weiß, wie so ein Ort tickt. Stellvertretender Sprecher der Kreisbürgermeister und der Bürgermeister im Sprengel zu sein, sind für mich Vertrauensbeweise. Auch die Aufgabe als stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsführer der CDU Kreistagsfraktion helfen mir, Netzwerke zu spinnen und unsere Region und die Gemeinde voranzubringen.
Auch bei der Wahl zum neuen Landrat sollen Sie von einigen als möglicher Kandidat genannt worden sein?
Das stand für mich nie zur Debatte. Mit Joachim Bläse haben wir jetzt einen ganz tollen Landrat und mit Günter Bühler einen sehr guten Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, mit beiden pflege ich ein sehr gutes und enges Verhältnis.
Warum so bescheiden?
Man sollte nie vergessen, wer man ist und woher man kommt. Das haben mir meine Großeltern beigebracht. Mir sind die Menschen hier sehr ans Herz gewachsen. Es bedeutet mir viel, mit den Bürgern im Ort zu reden oder ein Ehepaar zur Diamantenen Hochzeit zu besuchen – sobald das alles wieder möglich ist. Da erfahre ich viel über das Leben. Außerdem habe ich vier Kinder, das jüngste ist drei Monate alt. Da braucht man einen Lebensplan. Und letztlich ist es auch Verpflichtung für mich, meine begonnene Arbeit hier weiterzuführen. In den vergangenen drei Jahren wurden Bauamt, Kämmerei und Hauptamt neu besetzt.
Wenn ich jetzt das Schiff verlassen würde, hätten wir ein Riesenproblem.
„Was mit Achim Krafft passiert ist, ist sehr tragisch. Er ist und bleibt ein toller Mensch und Bürgermeister!“
Christoph Konle
Hat Ihre Bescheidenheit auch mit den Erfahrungen Ihres Vorgängers Achim Krafft zu tun, der in Langenargen gescheitert ist?
Was mit Achim Krafft passiert ist, ist sehr tragisch und es tut mir für ihn und seine Familie sehr leid, das hat niemand und er schon gar nicht verdient! Er ist und bleibt ein toller Mensch und Bürgermeister! Wer weiß, vielleicht hört auf der Ostalb bald ein Kollege auf und er tritt an. Dass er es kann, hat er bewiesen und ich wünsche ihm nur das Beste, da wir in gutem Kontakt stehen.
Dann ist die Wiederwahl für Sie also ein „gmähts Wiesle“?
Wer ich bin und was ich kann, durfte ich zeigen. Jetzt entscheiden die Bürger. Nach den Rückmeldungen, die ich aus der Bürgerschaft bekomme, fühlen sie sich wohl mit mir und im Gemeinderat hofft man auf Kontinuität im Amt.
Ich hoffe, dass die Menschen mir ihr Vertrauen erneut aussprechen, damit ich weiter mit Herzblut und Leidenschaft Bürgermeister von Rainau sein kann.