Letztes Formel-1-Rennen bei RTL
Kai Ebel, Moderator in schrillen Outfits, könnte sich einen Wechsel zu Sky vorstellen
(dpa) - Scheiden tut weh. Nach drei Jahrzehnten steigt RTL aus Kostengründen aus der Formel 1 aus. Eine Fernsehepoche endet an diesem Sonntag.
Kai Ebel wird den Fahrern am Sonntag nicht mit bunten Klamotten und Mikrofon in der Boxengasse auflauern. Der für seinen extravaganten Mode-Geschmack bekannte TVJournalist wird stattdessen wegen der Corona-Pandemie im RTL-Studio in Köln sitzen. So schmerzt der erzwungene Abschied, das Ende einer ganz besonderen TV-Ära, doppelt. „Ich fahre ins Studio, schaue das Rennen zusammen mit den Kollegen und hoffe auf eine schöne Abschlussquote“, sagt Ebel.
Nach 30 Jahren ist Schluss, die Übertragung des Rennens in Abu Dhabi ist die letzte für den Privatsender. Das ist bitter für RTL und seine Motorsport-Mitarbeiter. Und das ist bitter für die meisten Formel-1-Fans, die künftig zahlen müssen.
Das Markenzeichen für die RTLÜbertragungen war Kai Ebel, der nur zu Beginn seiner Karriere einen dunklen Anzug trug. „Eine bis dahin bei Sportübertragungen unbekannte Emotionalisierung und Eventisierung“nennt der Sender selbst sein Konzept. Für das stand der rasende Reporter, seit 1993 im BoxengassenEinsatz, mit seinem oft schrillen Outfit wie kein Zweiter. Deutlich zurückhaltender agierten Moderator Florian König oder die Kommentatoren Heiko Waßer und Christian Danner.
Die Anfänge der damaligen „Randsportart“, wie RTL es ausdrückt, waren bescheiden. Im ersten Jahr der verlässlichen Quotenmessung brachten es die 16 Renn-Übertragungen 1992 auf durchschnittlich 1,76 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 20,6. Doch dann kam Michael Schumacher, der Held, ohne den kein erfolgreiches TV-Format auskommt.
Mit „Schumi“und seinen sieben WM-Titeln kam auch RTL bei den Quoten immer häufiger auf Platz eins. Den heute unglaublichen Höchstwert gab es 2001. Bei jedem der 17 Rennen schauten im Schnitt 10,44 Millionen Menschen zu und sorgten für einen Marktanteil von 55,4 Prozent. Auf einen Durchschnitt von ungefähr 4 Millionen Zuschauern wird sich der Durchschnittswert 2020 nach dem letzten RTL-Rennen am Sonntag einpendeln.
Dennoch darf RTL mit Recht für sich „eine einzigartige Erfolgsgeschichte“reklamieren. 533 RennÜbertragungen haben die Statistiker des Hauses gezählt und 3,14 Milliarden Zuschauer in 30 Jahren addiert.
Die Werbeunterbrechungen und der bunte Boxengassen-Reporter mögen nicht jedem MotorsportLiebhaber uneingeschränkt gefallen haben, doch die Zuschauer waren insofern verwöhnt, als dass sie die Trainingseinheiten und Rennen drei Jahrzehnte ohne zusätzliche Kosten verfolgen durften. Das ist ab dem kommenden Jahr vorbei. Fast alle Formel-1-Rennen werden ab der kommenden Saison nur gegen zusätzliche Bezahlung zu sehen sein. Der Pay-TV-Sender Sky muss nur vier Rennen frei zugänglich machen.
Sky hatte RTL nach einigen vergeblichen Anläufen beim Rechtepoker im Frühjahr überboten. „Wenn Konkurrenten im Spiel sind, die bereit sind, das Doppelte zu bieten, muss man sich mit einem Ausstiegsszenario zwangsläufig auseinandersetzen“, sagte – ohne Zahlen zu nennen – der zum Jahresende bei RTL ausscheidende Sportchef Manfred Loppe.
Kai Ebel könnte sich eventuell einen Wechsel zu Sky vorstellen. „Man sollte nie alles ausschließen“, betont er. Denn obwohl für RTL eine Ära endet, gilt für den 56-Jährigen: „Ich gehe ja nicht in Rente.“