Rollstühle individuell auf den Nutzer anpassen
Tobias Gollmer, Ingenieur der Hochschule Aalen, erhält den Technik und Medizin Preis 2020
(an) - Jeder Körper ist anders – und gerade für Rollstuhlfahrer ist es wichtig, dass sie bequem sitzen und sich sicher fortbewegen können. Dieser Herausforderung hat sich Tobias Gollmer angenommen. Der BachelorAbsolvent der Hochschule Aalen hat eine innovative Lösung entwickelt, um Rollstühle individuell auf den Nutzer anpassen zu können. Dafür wurde er jetzt mit dem „Technik und Medizin Preis 2020" ausgezeichnet.
„Ich habe mich für eine Bachelorarbeit bei der Pro Activ Reha-Technik GmbH entschieden, da ich hier ein Produkt entwickeln und gestalten konnte, welches ein großes Problem in der Rollstuhlindustrie lösen könnte. Damit kann ich einen Teil für die Gesellschaft beitragen und Menschen mit Behinderung oder Erkrankung einen kleinen Teil Lebensfreude zurückschenken“, erklärt der Ingenieur. Jeder Mensch habe eigene Bedürfnisse und einen anderen Körperbau, welche ausschlaggebend für die Bauweise eines Rollstuhls sind.
Gollmer entwickelte in seiner Bachelorarbeit mehrere additiv gefertigte Bauteile aus Aluminium für einen Rollstuhl in Leichtbauweise. Die Fertigung durch „Selective Lasermelting“(kurz SLM), also die Fertigung der Bauteile aus durch Laser geschmolzenes Metallpulver, wurde in der Rollstuhlindustrie bis dato noch nicht angewandt. Als aufstrebendes
Fertigungsverfahren bietet die Additive Fertigung besonders für individuelle Produkte einen großen Vorteil, da Bauteile in geringer Zahl hergestellt sowie moderner und attraktiver gestaltet werden können. „Diese Arbeit ist preiswürdig, da sie zeigt, wie Technik zum Wohle des Menschen eingesetzt werden kann. Es wurde ein Produkt verbessert, welches Menschen direkt zur Genesung hilft oder ihr Leben erleichtert“, so Professor Martin Pietzsch, Betreuer der preisgekrönten Bachelorarbeit.
Gollmer studierte „Maschinenbau/Entwicklung: Design und Simulation“an der Hochschule Aalen. Als technischer Designer hat der 24-Jährige gelernt, die zwei Welten Design und Technik zu vereinen. In seiner
Bachelorarbeit bearbeitete er den gesamten Entwurfsprozess von der ersten Skizze bis zum fertigen Produkt. Dabei beschäftigte er sich mit den Randbedingungen der Medizintechnik sowie mit additiven Fertigungsverfahren. „Mir wurde relativ schnell bewusst wie komplex und technisch anspruchsvoll Rollstühle sind, was mir sehr viel zusätzliche fachliche Kenntnisse einbrachte“, erklärt Gollmer. Im Entwurf verlagerte der Ingenieur einige Prozesse in die Virtualität, um Modellbaukosten zu senken und den Prozess zu beschleunigen. Die Ergebnisse nutzte er um die Gestaltung der Bauteile leicht und materialsparend zu optimieren. Er suchte letztendlich einen geeigneten Lieferanten aus und optimierte mit ihm zusammen die Bauteile.
Die von Gollmer entwickelten Bauteile können auf jede notwendige Rahmengeometrie angepasst werden. Damit können individuelle Rollstühle hergestellt und in kürzerer Zeit entwickelt werden. Die Bauteile sind multifunktional, wodurch weniger Komponenten pro Rollstuhl verwendet werden und die Herstellung vereinfacht wird. Die Gutachter lobten den innovativen Ansatz des Preisträgers: „Die große geometrische Freiheit ermöglicht neuartige Formen, die die Produkte deutlich aufwerten können. Die Bauteile wurden zudem zum positiven Erleben des Nutzers gestaltet.“