Wie Homeschooling funktionieren kann
Ex-Kultusminister Stoch diskutiert mit Ellwanger Eltern, Schülern und Lehrern – Das sind ihre Probleme in der Pandemie
ELLWANGEN (ij) - Beim digitalen Austausch mit Ellwanger Eltern, Schülern und Lehrern hat der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und frühere Kultusminister Andreas Stoch das Konzept „Das krisenfeste Klassenzimmer” vorgestellt. Wesentliche Punkte der bereits im Mai formulierten Strategie sind flexible Lösungen vor Ort, regelmäßige Tests, Ausstattung mit digitalen Geräten und Unterstützungsprogramme für Schülerinnen und Schüler, die den Anschluss verloren haben.
Stoch kritisierte die grün-schwarze Landesregierung. Sie habe die Vorbereitung auf die zweite Welle nicht intensiv genug betrieben. Und für Kultusministerin Susanne Eisenmann gebe es offensichtlich nur zwei Optionen: Schulen im Normalbetrieb und mit Masken oder Schulen ganz geschlossen. Um Bildungsauftrag und Infektionsschutz gerecht zu werden, gebe es jedoch viele Möglichkeiten, betonte Stoch. Doch die seien untersagt worden. Die Konsequenz sei nun, dass die Schulen wieder komplett dicht seien, wo man doch die fünf Tage vor Weihnachten als Generalprobe für einen eventuell notwendigen Fernunterricht im neuen Jahr hätte nutzen können.
Damit traf der SPD-Spitzenkandidat die Stimmung bei den Teilnehmenden des Videogesprächs, die kein Verständnis für das Hin und Her beim früheren Ferienbeginn hatten. Alle hätten sich Fernunterricht gewünscht. Dr. Kathrin Plänker, Vorsitzende des Gesamtelternbeirats der Ellwanger Schulen und selbst Mutter von vier schulpflichtigen Kindern, berichtete, wie es den Familien in der aktuellen Situation geht. Man habe anders als im März ausreichend Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Leider sei das nicht passiert, sondern es seien einfach die Ferien vorgezogen worden, was für die Eltern frustrierend sei.
Für Kathrin Plänker sind drei Dinge nötig, damit Homeschooling funktioniert: die Technik, die regelmäßigen Rückmeldungen der Lehrkräfte und die Zeit der Eltern, um jedes Kind altersentsprechend unterstützen zu können. Besonders die Rückmeldung sei wichtig, da gehe es um Wertschätzung der Arbeit im Homeschooling. Allerdings überschätze so manche Lehrkraft den Enthusiasmus der Schülerinnen und Schüler.
Problematisch ist der Elternbeiratsvorsitzenden zufolge auch gewesen, dass Kinder in der Notbetreuung häufig nicht die Möglichkeit erhalten hätten, ihre HomeschoolingAufgaben zu machen, sondern dass die ohnehin belasteten Eltern diese nach der Arbeit mit den Kindern erledigen mussten. „Die stehen so schon unter Druck und sollen abends den Kindern noch den Dativ erklären. Also das stelle ich mir echt anders vor. Das müsse sich in Zukunft ändern.“
Für Thomas Geist, Schulleiter in der Marienpflege, war es stets schwierig, die kurzfristigen Verordnungen der Kultusbehörde umzusetzen. Es fehle ein mittelfristiges Konzept. „Wir leben von Tag zu Tag, von Woche zu Woche. So kann ich keine verlässlichen Strukturen für meine Schülerinnen und Schüler und deren Familien schaffen.” Man habe zwar viel Geld in digitale Endgeräte gesteckt, aber diese wollten gepflegt und sinnvoll in den Unterricht eingebunden werden. Für seine Schüler sei das sehr schwierig.
Maximilian Hofstätter, stellvertretender Schülersprecher der Mittelhofschule sowie Mitglied im Ellwanger Jugendrat, und Jule Einfeld, Schülersprecherin am Hariolf Gymnasium, wiesen darauf hin, dass die Schülerinnen und Schüler zu Hause sehr unterschiedliche Voraussetzungen hätten. Viele hätten es ganz gut gemeistert und als Prüfung für die eigene Selbstorganisation gesehen. Andere jedoch hätten überhaupt keine Chance gehabt, weil sie weder einen vernünftigen internetfähigen Computer und schon gar keinen Drucker hätten. Emil, ein Schüler, der sich in die Konferenz eingewählt hatte, brachte es auf den Punkt: „Es haben halt nicht alle Eltern gleich viel Geld.”
Die teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer sorgen sich vor allem darum, dass ihre Schüler, den Anschluss verpassen könnten. Eine Grundschullehrerin bedauerte, dass der Arbeitgeber keine Schutzmasken stelle, wie das an weiterführenden Schulen der Fall sei. Für den Fernunterricht sahen sich die Lehrkräfte vorbereitet.
Mittelfristig sei klar, betonte Stoch, dass der Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern in jedem Fall gehalten werden müsse. Jede Form von Fernunterricht sei besser als kein Unterricht. Da war sich der Politiker mit Kathrin Plänker einig. Jetzt brauche es vor allem Zeit und Personal, um die Bildungseinbrüche der Kinder wettzumachen.