C + M + B: Der Segen kommt diesmal per Wurfpost
Trotz Pandemie sind die Wasseralfinger Sternsinger aktiv – nur diesmal eben anders
- „Seit es Corona gibt, habe ich mich darauf eingestellt, dass es diesmal sicher ganz anders sein wird.“Schon sieben Mal ist Jule (13) in den vergangenen Jahren mit den Sternsingern in der Wasseralfinger Sankt Stephanusgemeinde unterwegs gewesen, hat Lieder gesungen und den Segen an die Haustüren geschrieben oder geklebt. Diesmal werden Jule und die anderen, regelmäßig über 100 kleineren und größeren Sternsinger in den ersten Januartagen nicht durch den größten Stadtbezirk und seine Teilorte ziehen. Statt der Hausbesuche gibt es rund 6000 Spendenbriefe, die zu einem großen Teil an möglichst alle Wasseralfinger Haushalte bereits verteilt worden sind. „Das Verkleiden und das gemeinsame Unterwegssein werden mir fehlen“, ist sich Marie (8) schon jetzt sicher, die bereits zwei Mal bei den Sternsingern mit dabei war.
Bereits Ende Oktober hatte das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“unter dem Eindruck der Corona-Pandemie eine Online-Schulung zur Aktion 2021 veranstaltet. Die Wasseralfinger waren mit am Bildschirm dabei und haben danach entschieden, „dass wir nicht laufen werden“, wie Carolin Steidle, seit vielen Jahren Mitorganisatorin der Sternsinger-Aktion in Sankt Stephanus, erzählt. Obwohl es das Kindermissionswerk damals ausdrücklich offen gelassen hatte, wie die SternsingerAktion dieses Mal stattfinden soll und auch für eine coronagerechte Form des traditionellen Ziehens durch die Straßen zahlreiche Hilfen angeboten hatte. Klar sei aber gewesen, so sagt Steidle, dass das Gehen von Haus zu Haus in Kostümen durchgehend und für alle nur mit Mundschutz-Maske möglich sein werde. Das, so Steidle, könne man in kleinen Gemeinden für ein paar Stunden und nur an einem Tag vermutlich machen. Für die Wasseralfinger Aktion mit über 100 Sternsingern an vier Tagen, darunter auch viele kleine Könige, und dem Anspruch, jedes Haus zu erreichen, habe man es aber ausgeschlossen.
Mit dieser Einschätzung und Entscheidung hatten die Wasseralfinger schon damals den richtigen Riecher, denn Mitte Dezember hat das Kindermissionswerk angesichts explodierender Corona-Zahlen dann entschieden, dass es bundesweit diesmal überhaupt keine Hausbesuche von Sternsingern geben werde.
Die Wasseralfinger Sternsinger hatten bis dahin bereits begonnen, rund 6000 Briefe an alle Wasseralfinger Haushalte zu verteilen. Die meisten davon sind inzwischen auch dort angekommen. In den Briefen bitten die Sternsinger um Spenden für die Hilfsprojekte des Kindermissionswerks – als Beispielland steht diesmal die Ukraine im Mittelpunkt. Jedem Brief liegt auch ein Aufkleber mit dem traditionellen Sternsinger-Segen bei. Wer den Segen dennoch mit Kreide an seine Haustür geschrieben haben möchte, findet in dem Brief eine Kontaktmöglichkeit. Außerdem wird dieser eine Liste mit etlichen Wasseralfinger Geschäften enthalten, in denen Spendenkässchen für die Sternsinger aufgestellt sein werden. Und Spenden wird man auch überweisen können.
Zwischen dem 2. und dem 6. Januar wollen die Sternsinger schließlich auch vor der Stephanuskirche präsent sein. Weil auch in Wasseralfingen und in der ganzen Stadt besonders ärmere Familien und Alleinstehende unter der Pandemie leiden, möchten sie mit der Aktion „Sternsinger vor Ort“den Aalener Tafelladen unterstützen. Vor der Kirche können dazu Lebensmittel – ausschließlich trockene Ware – an einem Anhänger abgegeben werden.
Einen kleinen Grundstock für das Dreikönigssingen 2021 haben die Sternsinger bereits auf dem Konto: Den Erlös aus dem diesjährigen Gemeindefasching haben sie ebenso bekommen wie ihnen die Kirchengemeinde
jenen Betrag zur Verfügung stellt, den sie für das alljährliche Mitarbeiterfest im Januar ausgeben würde, das aber diesmal ebenfalls Corona zum Opfer fallen wird. Bleibt für Carolin Steidle, ihre Mitstreiterinnen und -streiter im Organisationsteam und für alle anderen großen und kleinen Sternsinger die spannende Frage, wie viele Spenden diesmal unter den aktuellen Gegebenheiten am Ende unterm Strich stehen werden. In diesem Jahr waren es mehr als 27 000 Euro, womit die Wasseralfinger dekanats- und diözesanweit auf einem Spitzenplatz rangierten.
Schon die allabendliche Frage, wie viel Geld denn heute in den Spendendosen zusammengekommen ist, und natürlich auch, wie viele und welche Süßigkeiten man von der Tour mitgebracht hat, wird Jule, Lena und all den anderen Mädchen und Buben Anfang Januar diesmal fehlen. Immerhin kann sich die inzwischen fünfjährige Lena glaubhaft daran erinnern, dass sie mit einem Jahr bei den Sternsingern zum ersten Mal Schokolade probieren durfte.
Doch nicht nur das Geld und die Süßigkeiten gehören zum Sternsingen. „Die Begegnung mit den Menschen
wird fehlen“, sagt Jule. Und damit auch all die Geschichten und Anekdoten, die man hinterher erzählen könne. Marie gefällt, dass man beim Sternsingen auch neue Freundinnen kennenlernen kann. Dazu werde sich diesmal sicher keine Gelegenheit bieten.
Bereits Anfang November hatte das Organisationsteam all diejenigen mit der Bitte um Hilfe beim Verteilen der Briefe angeschrieben, die in den letzten Jahren schon beim Sternsingen mit dabei waren. Und auch die Ministranten wurden um „Amtshilfe“gebeten. Der Rücklauf sei ordentlich gewesen, auch einige Erwachsene hätten sich gemeldet. Die achtjährige Marie jedenfalls kann dem Briefeaustragen auch einen positiven Aspekt abgewinnen: Man könnte es besser vom Wetter abhängig machen, wann man dazu loszieht.
Ach ja: Mit am meisten werden die Wasseralfinger Sternsinger diesmal ganz sicher auch das schon legendäre, gemeinsame Spaghettiessen an einem Abend während der Aktion vermissen. Aber nicht nur deshalb geben Carolin Steidle und auch Jule unumwunden zu: „Wir freuen uns schon jetzt auf ein Jahr weiter.“