Corona-Helden im Portrait
Levent Weiss erzählt, warum die Heimwerker-Branche in der Pandemie boomt.
- Erst den Garten schön machen, dann einen Pool kaufen und schließlich noch die Wohnung auf Vordermann bringen – so in etwa lässt sich das Corona-Jahr im Toom-Baumarkt in Aalen zusammenfassen. Je nach Jahreszeit hat sich auch die Nachfrage verändert. Marktleiter Levent Weiss kann auf ein äußerst erfolgreiches, aber auch verrücktes 2020 an seinem Arbeitsplatz zurückblicken.
„Corona hat ganz klar auch in unserer Branche das Jahr geprägt und beherrscht. Es gab viele Herausforderungen zu meistern“, sagt der 25-Jährige rückblickend. Das erste Quartal 2020 habe ganz normal begonnen, doch Ende März sei dann plötzlich die Hölle los gewesen. „Jeder hatte Angst, dass alle Läden zumachen und die Leute haben uns die Bude eingerannt“, so Weiss. „Dadurch, dass man nicht mehr verreisen konnte, wurde das Geld eben in den Garten oder die Wohnung gesteckt.“
Davon habe der Baumarkt natürlich sehr profitiert. Im März hätten die Kunden buchstäblich alles auf ihre Wägen geladen, was ging. „Vor allem in der Malerabteilung sind teilweise die Lasuren knapp geworden und unser Lieferant kam gar nicht mehr hinterher.“Im Sommer waren es dann die Pools samt Filteranlagen, die für besonders gute Umsätze sorgten: „Da mussten wir unsere Kunden auch mal einen Monat lang vertrösten, weil einfach nichts mehr da war und auch nicht absehbar, wann Nachschub kommt.“Im Winter sei es dann überwiegend Weihnachtsbeleuchtung gewesen, die gekauft wurde, und Dinge für den Innenausbau – Farbe, Tapeten, Böden, Fliesen.
Weil sich durch politische Entscheidungen quasi täglich Änderungen ergaben, veränderte sich auch der Arbeitsalltag
für Weiss und seine Angestellten stark. Teilweise musste extrem schnell reagiert werden, mittel- und langfristig konnte gar nicht mehr geplant werden. „Aber da hat die Zentrale wirklich super agiert. Wir wurden jeden Tag auf den neuesten Stand gebracht und haben Infos bekommen, was zu tun ist“, erinnert sich Weiss. Dazu gehörte zuerst natürlich die Umsetzung des Hygienekonzepts. Es wurden Plakate aufgehängt, Desinfektionsmittelspender aufgestellt, Plexiglas an den Kassen angebracht, Abstandszonen abgesteckt und markiert, eine maximale Anzahl an Personen festgelegt, die den Laden betreten dürfen. „Man präsentiert sich da ja auch als Unternehmen und uns war es wichtig, lieber zu viel als zu wenig zu machen“, so Weiss.
Durch die „Doormen“, wie Weiss sie nennt, also Türsteher, die per App oder Klicker kontrollieren, wie viele Leute im Laden ein- und ausgehen, wurde versucht, Mitarbeiter und Kunden zu schützen. „Teilweise hatten wir die Regelung, dass man nur mit einem Einkaufswagen rein durfte. Da sind wir aber erstaunlicher Weise am Anfang bei vielen auf Unverständnis gestoßen“, erinnert sich der Baumarktleiter. Auch Einlassstopps habe es einige Male gegeben, zum Beispiel dann, wenn es sich an der Kasse zu sehr staute und die Gefahr bestand, dass der Abstand nicht mehr eingehalten werden kann. Beim Zurückblicken kommen Weiss weitere unschöne Erlebnisse in den Sinn: „Manche Leute haben einfach nicht verstanden, dass sie warten mussten. Teilweise wurden meine Mitarbeiter angespuckt, manche Kunden wurden handgreiflich. Es wurde geschrien und diskutiert.“Gerade im Hinblick auf die Maskenpflicht kann der 25-Jährige das nicht nachvollziehen: „Wir sitzen doch alle im gleichen Boot.“
Deshalb besinnt er sich lieber auf die positiven Effekte des CoronaJahrs: „Der Zusammenhalt im Team und im Unternehmen war einfach überragend und wurde extrem gestärkt. Beim ersten Lockdown sind wirklich alle, die frei, Urlaub oder schon Feierabend hatten, gekommen und haben geholfen. Alle haben zusammengehalten und von oben war auch sehr viel Rückhalt da.“
Für Weiss persönlich war es eine spannende, aber auch ungewisse Zeit: „Sowas gab’s noch nie und man hat sich ständig Gedanken gemacht, was passiert, ob der Job noch sicher ist, wie es weitergeht.“Am Ende sei seine Branche eine gewesen, die profitiert hat: „Uns geht es gut, unsere Umsätze sind nach oben gegangen, wir haben teilweise Personal oder Aushilfen eingestellt, Stunden aufgestockt.“Und auch wenn er keine genauen Umsatzzahlen nennen darf, so sagt er: „Wir können uns nicht beschweren.“Man müsse aber auch sehen, dass beispielsweise der Markt im bayerischen Donauwörth, für den er auch zuständig ist, im Lockdown eine Weile geschlossen gewesen sei und man das je nach Bundesland betrachten müsse.
Die Corona-Regeln gehören laut Weiss längst zum Alltag. „Ja, ich vergesse meinen Mund-Nasen-Schutz auch manchmal noch. Aber man hat da schon immer ein Auge drauf, ob alle die Maske tragen und die Abstände einhalten. Wer es nicht tut, den spreche ich drauf an.“Dies sei schließlich auch seine Aufgabe als Marktleiter. „Ich habe eine Kontrollfunktion, schaue, ob alles passt, kümmere mich um Urlaubsplanung, Saisonthemen, Orga-Kram, bereite vor, muss steuern, ausrichten, auf- und umbauen, verkaufen, beraten – alles.“Zeit und Lust, sich selbst mit Material für die eigenen vier Wände einzudecken, bleibe da kaum.
„Dieses anstrengende und schnelllebige Jahr wird sicherlich keiner so schnell vergessen.“Wie 2021 laufen wird, werde sich zeigen, zumal im zweiten Lockdown auch die Baumärkte in Baden-Württemberg dicht gemacht wurden. Bis Montag durften vor Ort lediglich Handwerker mit Gewerbenachweis und Gewerbetreibende einkaufen. Seither können wieder alle Kunden ihre Online-Reservierungen mit online hinterlegtem Zahlungsmittel am Toom-Markt im Hasennest 8 abholen (Click & Collect). „Wir bieten ab einem Wert von 100 Euro auch eine Auslieferung im Umkreis von 20 Kilometern an“, so Weiss. Wer den Service in Anspruch nehmen möchte, kann sich beim Markt melden, nachdem die Reservierungsbestätigung eingegangen ist. Allerdings könnten zusätzliche Lieferkosten anfallen. Unter der Telefonnummer 07361 / 1963-90 sind auch telefonische Reservierungen möglich. Beim Abholen gilt die Mund- und NasenschutzPflicht, schon auf dem Parkplatz.
In der Serie Corona-Helden stellen die „Aalener Nachrichten/Ipf- und Jagst-Zeitung“Menschen vor, die in Zeiten der Corona-Pandemie an vorderster Front stehen und die Dank und Respekt verdient haben. Geplant sind noch folgende Berufsgruppen: Tierarzt, Ordnungsamt, Supermarkt. Bisher erschienen sind: Tobias Krause (Polizei), Wolfgang Hörmann (Feuerwehr), Pfarrer Harald Golla, Caroline Grupp (Notaufnahme), Rafael Pohlner (Rettungsdienst), Christina Schurr (Kita-Erzieherin) und Ann Sophie Pruchner (Altenpflege). Alle Artikel gibt es unter www.schwaebische.de/coronaostalb