Aalener Nachrichten

„Der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann“

Der ehemalige Redaktions­leiter der „Aalener Nachrichte­n / Ipf- und Jagst-Zeitung“, Viktor Turad, wird 70

- Von Eckard Scheiderer

- Sein Name oder sein Kürzel „tu“sind bis heute fast täglich fester Bestandtei­l der „Aalener Nachrichte­n/Ipfund Jagst-Zeitung“, ob online oder in der gedruckten Form. Denn das Schreiben macht ihm immer noch großen Spaß. „Der Journalism­us ist für mich weiterhin der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann“, sagt Viktor Turad. An diesem 12. Januar feiert der ehemalige Redaktions­leiter unserer Zeitung seinen 70. Geburtstag.

Dass er es einmal so lange auf der Ostalb aushalten wird, hatte sich Viktor Turad damals sicher nicht gedacht, als er fast auf den Tag genau vor 32 Jahren, in den ersten Januartage­n des Jahres 1989, direkten Weges aus Selb in Oberfranke­n in Aalen ankam, um hier seine neue Stelle als Redaktions­leiter anzutreten. Bereut hat er diesen Weg auf die Ostalb bis heute nicht, im Gegenteil. Seit vielen Jahren wohnt Turad mit seiner Frau Magdalene im Aalener Stadtbezir­k Waldhausen, und nicht nur dem Härtsfeld kann er viel von seiner in diesem Falle auch herben Schönheit abgewinnen.

Turads Wiege stand allerdings wo völlig anders, nämlich in Kroatien. 1951 kam er dort als Kind donauschwä­bischer Eltern zur Welt, die es zu dieser Zeit bereits kaum noch aushielten im immer strenger kommunisti­sch werdenden Jugoslawie­n. Wie viele andere Donauschwa­ben warteten sie nur auf die Gelegenhei­t, wegzukomme­n, was dann endlich auch gelang. Viele von ihnen verschlug es in die Gegend um Tuttlingen und Spaichinge­n, die Familie Turad landete in Großheim im Landkreis Tuttlingen. Im Alter von zehn Jahren kam Sohn Viktor ins katholisch­e Internat Martinihau­s in der Bischofsst­adt Rottenburg, das in gewissem Umfang auch ein Gymnasium hatte. 650 Mark Internatsg­eld im Monat, das war für die Eltern damals eine gewaltige Summe.

Und der Sohn lernte trotz der nicht großen Entfernung schnell, was Heimweh heißt. Denn die Besuchsreg­elungen waren, wie er sich erinnert, sehr streng. Einfach mal schnell so nach Hause zu fahren, das ging gar nicht. Dafür begann Viktor Turad hier Latein und Altgriechi­sch zu lernen, zwei Klassen über ihm tat dies auch der spätere Rottenburg­er Weihbischo­f Johannes Kreidler. Nach vier Jahren musste Turad auf ein Vollgymnas­ium wechseln. 1969 machte er nach zwei damals praktizier­ten Kurzschulj­ahren am altehrwürd­igen Albertus-Magnus-Gymnasium in Rottweil sein Abitur.

Ein Schullandh­eimaufenth­alt in Südtirol zu dieser Zeit war der Auslöser dafür, das Turad am Journalism­us hängen blieb. Ein Lehrer suchte einen, der einen Schullandh­eimbericht für den „Schwarzwäl­der Boten“schreibt. Er fand ihn in Viktor Turad, der danach als freier Mitarbeite­r weiterhin gelegentli­ch für diese Zeitung tätig war. Nach dem Abi schrieb sich Turad an der damals noch jungen Universitä­t Konstanz in Geschichte, Englisch und Politische Wissenscha­ften ein. Als er ins nähere Tübingen wechseln wollte, hier aber auf die Schnelle keine passende Bleibe fand, reifte in ihm die Überzeugun­g, auch ohne Studium seinen Traumberuf bereits gefunden zu haben: Journalist. Turad gab das Studium auf, machte sein Volontaria­t beim „Schwarzwäl­der Boten“und trat danach seine erste Redakteurs­telle bei diesem Blatt in Tuttlingen an. Dazwischen absolviert­e er noch 16 Monate Zivildiens­t beim Roten Kreuz in Rottweil, wo er unter anderem die damalige Ausbildung zum Rettungssa­nitäter durchlief.

1977 schickte ihn der „Schwarzwäl­der Bote“als Einzelreda­kteur nach Rottenburg, um ihn danach, mit gerade 27 Jahren, zu drängen, die Stelle des Redaktions­leiters in Horb am Neckar zu übernehmen. Als solcher war Turad siebeneinh­alb Jahre lang tätig. Danach wollte er noch einmal „was Neues“, wie er sagt, anfangen. Er wurde Redaktions­leiter beim „Selber Tagblatt“, einer Lokalausga­be der „Frankenpos­t“aus Hof. Selb, die Porzellans­tadt schlechthi­n, war damals, direkt am Eisernen Vorhang, ein nicht uninteress­antes Pflaster. Turad selbst wohnte nur drei Kilometer weg von der schwer bewachten tschechosl­owakischen Grenze. Auf Dauer war

„Man muss manches aushalten.“

Was er in seinem langen Journalist­enleben gelernt hat, das gilt für Viktor Turad nach seinen eigenen Worten auch derzeit in der Corona-Pandemie.

Selb aber zu weit entfernt von Turads süddeutsch­er Heimat. Als die „Aalener Volkszeitu­ng“, wie unsere Zeitung damals noch hieß, zum 1. Januar 1989 die Stelle des Redaktions­leiters für Aalen und Ellwangen neu ausschrieb, hat sich Turad beworben. Und es hat geklappt. 2008 ist er dann über die Altersteil­zeit aus dem aktiven Berufslebe­n ausgeschie­den.

Fast jeden Tag mit neuen Themen und anderen Menschen konfrontie­rt zu sein, dieser Aspekt des Journalism­us fasziniert Viktor Turad bis heute. Er halte, wie er meint, geistig fit und sorge zudem für eine gewisse Spannung. Turad ist deshalb, wie er sagt, dankbar, dass er diesen nach seiner Auffassung schönsten Beruf bis heute ausüben kann. „Besser könnte es mir doch gar nicht gehen.“

Nach seinem Ausscheide­n als Redaktions­leiter hat sich Viktor Turad trotz dieser latenten journalist­ischen Begeisteru­ng auch anderen Dingen zugewandt. Aus einem Volkshochs­chul-Kurs heraus hat sich seine Liebe zur italienisc­hen Sprache entwickelt. Neben der Aalener VHS besucht er bis heute einmal im Jahr für zwei Wochen auch eine Sprachensc­hule in Siena.

Zehn Jahre lang war Turad zudem für die Bewährungs­hilfe in Aalen ehrenamtli­ch tätig. Er hat dabei Menschen, über die vom Gericht eine Bewährungs­strafe verhängt worden war, begleitet und betreut, auch im Sinne einer Resozialis­ierung. Dabei, so gibt er zu, habe er auch Einblicke in Schicksale erhalten, die selbst er sich vorher hätte nicht vorstellen können. „Ich habe da nochmals eine völlig andere Seite des Lebens kennengele­rnt, ich wollte mit dieser Arbeit aber auch der Gesellscha­ft ein wenig etwas zurückgebe­n“, sagt Turad.

Eine große Feier zum 70. Geburtstag wird es nicht geben, wegen Corona nur im allerklein­sten Familienkr­eis, wie er sagt. „Es geht halt nicht anders, ich sehe das relativ schmerzfre­i“, meint er. Denn auch das hat er in seinem langen Journalist­enleben gelernt: „Man muss manches aushalten.“Bleibt also von „seiner Zeitung“an diesem Tage nur das: herzlichen Glückwunsc­h und ad multos annos – auf viele (weitere) Jahre!

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Viktor Turad vor dem Landratsam­t in Aalen: Die Motivwahl dieses Fotos kommt nicht von ungefähr, denn bis heute widmet sich der ehemalige Redaktions­leiter der „Aalener Nachrichte­n/Ipf- und Jagst-Zeitung“als freier Mitarbeite­r unserer Redaktion intensiv der Kreispolit­ik.
FOTO: THOMAS SIEDLER Viktor Turad vor dem Landratsam­t in Aalen: Die Motivwahl dieses Fotos kommt nicht von ungefähr, denn bis heute widmet sich der ehemalige Redaktions­leiter der „Aalener Nachrichte­n/Ipf- und Jagst-Zeitung“als freier Mitarbeite­r unserer Redaktion intensiv der Kreispolit­ik.

Newspapers in German

Newspapers from Germany